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Michael Vincent Mitchell
18.06.1990 – 05.11.2019
Rest in peace
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Diese Annonce hat es nie gegeben, aber so, wie die Dinge lagen, hätte er ebenso gut auch tot sein können. Oder ich. Denn genauso fühlte ich mich, als sie mich in den Flieger setzten: innerlich abgestorben. Ein nicht vorhandenes Visum war es, was mir letztendlich den Hals brach. Natürlich nicht wortwörtlich, sondern nur bildlich.
Im Grunde ist Computerisierung etwas Feines. Man gibt alles direkt am Bildschirm ein und muss nur noch auf „send" drücken. Dann geht alles an die Einwanderungsbehörde, und wenn die Antwort da ist, dass die Daten mit dem Reisepass verknüpft sind, ist alles in Butter.
Im Normalfall und wenn man konzentriert bei der Sache ist – was in meinem Fall Brian Kelly leider nicht gewesen war. Dieser eine Anruf, der ihm dazwischen gekommen war und der dazu geführt hatte, dass er vergessen hatte, sich davon zu überzeugen, dass alle Daten auch tatsächlich übermittelt worden waren, und die Antwort der Behörde. Welche Antwort?
Die Erneuerung meines Visums war im Nirgendwo gelandet, ohne dass auch nur einer von uns davon erfahren hatte. So entspannt ich die meisten Kanadier bisher auch erlebt hatte, so wenig Spaß verstand man hier beim Thema „illegale Einwanderung". Der Officer, dem im Krankenhaus beim Abgleich der Daten die fehlende Verknüpfung in meinem Pass aufgefallen war, bildete da keine Ausnahme.
Und so stand ich unter ständiger Überwachung, ehe ich mich's versah; aber diesmal nicht durch die Ärzte des General Hospital, in das man mich eingeliefert hatte, weil es von der Unfallstelle nur wenige hundert Meter entfernt lag, sondern durch Uniformierte, die außer den Ärzten niemanden zu mir ließen.
Meine Sachen, dir mir durch das Klinikpersonal ausgehändigt wurden, hatte jemand von der Band vorbeigebracht. Wer das war, konnte ich nur raten. Mike war es vermutlich nicht gewesen. Welchen Grund hätte er auch dazu gehabt? Ich tippte auf Brian, der meine Aufenthaltserlaubnis verschlampt hatte. Aber mir genaueres mitzuteilen, dazu sah sich keiner bemüßigt. Genau so stellte ich mir Quarantäne vor, auch wenn die Dauer meines Aufenthalts nur eine Frage von wenigen Tagen war und nicht von Wochen. Kontakt zur Außenwelt hatte ich außer zu den Ärzten keinen.
Für mich waren sie die einzigen mit Herz. Ihrer Ansicht nach stand ihnen ein Urteil über mich nicht zu, und niemand durfte mir die notwendige Behandlung verweigern. Schon weil sie mich nicht wie eine Kriminelle behandelten, fühlte ich mich etwas weniger wie eine Aussätzige, wofür ich ihnen dankbar war. Mein Anspruch auf ein Minimum an medizinischer Versorgung, bis es für mich nach Hause ging: Was an Kosten alleine dafür zusammenkommen würde, wollte ich mir lieber nicht vorstellen. Dazu war ich viel zu niedergeschlagen.
Ich würde es noch früh genug erfahren und finanziell bestimmt noch lange genug daran zu knabbern haben. Rein äußerlich sah man mir nicht viel an, doch schlimmer als die Prellungen und Schnittwunden waren meine inneren Verletzungen, besser gesagt die Blutungen, die der Zusammenstoß mit dem SUV ausgelöst hatte.
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Broken Strings
RomanceWork&Travel in Kanada und eine spontan getroffene Entscheidung mit unvorhergesehenen Folgen. Sie war so kurz davor, das Land zu verlassen, doch dann war da dieser eine Abend, der für sie alles veränderte. Eine Begegnung, die ihre Zukunft in neue Ba...
