Kapitel 9

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Überarbeitete Version


Pochende Kopfschmerzen und ein dumpfer Schmerz an den Schläfen rissen mich am nächsten Morgen aus dem Schlaf. Kaum hatte ich mich aufgesetzt, spürte ich wie mir die Magensäure in die Speiseröhre stieg. Mit einer Hand auf dem Mund gepresst, sprang ich so schnell wie ich konnte aus dem mir unbekannten Schlafzimmer. Im Flur stieß ich fast mit Tim zusammen, der meine Haltung richtig auffasste und mir rasch das Badezimmer zeigte. Während ich also meinen Magen entleerte, spürte ich wie jemand hinter mich trat und nach meinen Haaren griff. „Nicht! Geh weg!" Ich versuchte die Person hinter mir zum Gehen zu bewegen. „Lenny, lass es. Ich bleibe hier, bis es dir besser geht", drohte Leon mit rauer Stimme. Schließlich war alles draußen und ich ließ mich erschöpft auf den Boden gleiten, immer noch den ekligen Geschmack im Mund. „Na komm, du Schnapsdrossel!" Seufzend griff Leon nach mir und half mir hoch. Mit seiner Hilfe wankte ich zurück in das Zimmer, wo ich geschlafen hatte. „Ich lass dich jetzt mal alleine. Charly hat dir ein paar frische Klamotten auf das Bett gelegt. Wenn du fertig bist, kannst du ja in die Küche kommen. Einfach raus auf den Flur und das letzte Zimmer." Mit den Worten verließ er das Zimmer.

Erst als ich mir sicher war, dass er draußen war, blickte ich mich neugierig um. . Das Zimmer erinnerte mich leicht an das Zimmer, welches früher Louisa gehört hatte, doch nach dem Umbau so schien es, gehörte dieses Zimmer zu Leons Wohnung. Entsetzt registrierte ich, dass dies wahrscheinlich Leons Schlafzimmer war, wo ich die Nacht verbracht hatte. Der Stil würde auf jeden Fall zu ihm passen, hell gestrichenes Wände, ein riesiges Bett sowie ein großer Kleiderschrank aus hellem Holz, der gut zum Laminatboden passte. Ich griff nach den frischen Klamotten, die zusammengefaltet auf dem noch ungemachten Bett lagen. Immer noch mit Kopfschmerzen machte ich mich im Badezimmer fertig.


Einige Zeit später trat ich mit Louisa, Charly, Leon, Tim und Marius im Schlepptau aus dem Haus. Es wurde Zeit mich bei meiner Familie blicken zu lassen. Ich freute mich schon riesig meinen jüngeren Bruder wiederzusehen. Dank gefühlten drei Litern Kaffee, zwei Aspirin Tabletten und einem leckeren Frühstück waren meine Kopfschmerzen wie weggeblasen und ich fühlte mich wie neu geboren. Erst verabschiedete ich mich von den beiden Schwestern mit einer dicken Umarmung, dann fiel ich Marius und Tim um den Hals. Beide drückten mich ganz feste an sich, bevor sie ihre Arme wieder von mir lösten.

Und dann stand ich Leon gegenüber, keine Ahnung wie ich mich von ihm verabschieden sollte. Doch dann überwand ich meine Sorge und umarmte ihn kurz und schmerzlos. Ich schmiss meine Tasche auf den Beifahrersitz meiner Rostlaube und setzte mich hinter das Steuer. Weil es so warm war, öffnete ich beide Fenster, meine Klimaanlage war seit einigen Monaten schon kaputt, und startete den Wagen. Also, ich versuchte es. Als Antwort bekam ich nur ein lautes Gestotter, bis der Motor wieder erstarb. „Fuck", rief ich sauer aus und schlug meine Hand auf das Lenkrad. Während ich leise: „Bitte nicht, bitte nicht, bitte nicht", vor mir her sagte, probierte ich es erneut aus. Wie auch beim ersten Mal stotterte der Motor. Entnervt stieg ich aus und öffnete die Motorhaube. „Laut deiner Reaktion ist dir das heute nicht zum ersten Mal passiert?" Fragend blickte mich der blonde Tim ins Gesicht. „Ne leider nicht. Drei bis viermal die Woche ist normal", erklärte ich. „Ich hoffe einfach, dass er die morgige Rückfahrt ohne Probleme meistert", grinste ich in die Runde, doch man sah mir wohl an, das mein Grinsen nur gespielt war. „Hast du Geldprobleme?", sprach Leon als Einziger die Befürchtung aller Anwesenden aus. „Quatsch, nein!" Ich lachte. „Ich verdiene neben dem Studium genug, dass ich über die Runden komme und meine Eltern geben auch monatlich etwas dazu. Macht euch keine Sorgen."

Er nickte, trug aber immer noch einen besorgten Blick im Gesicht. „Wenn was ist, du kannst dich immer an uns wenden, okay?" Ich nickte und obwohl ich es nicht wollte, fiel ich Leon dankend um den Hals. Hastig schlang dieser seine Arme um meinen Körper und hielt mich einfach nur fest. Mir stieg sein unverwechselbarer Geruch in die Nase, der mich um Jahre zurück in die Zeit, wo ich mit ihm zusammen war, warf. Doch bevor ich weiter an die alten Zeiten dachte, löste ich mich rasch von ihm, warf allen ein Handkuss zu und stieg erneut in den Wagen, der nun ohne Probleme ansprang.


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