KAPITEL 27

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~ Samu ~ 

Ich wusste nur zu gut, dass ich mich in dieser Situation mit Yvonne - als ich ihr von diesem schrecklichen Song erzählte – völlig falsch verhalten und mich wie der letzte Idiot aufgeführt hatte. Ich warf ihr Sachen an den Kopf und gebrauchte Ausdrücke, die völlig unangebracht waren. Es tat mir leid, sie so verletzt zu haben, doch andererseits stimmte es schon irgendwie ein wenig. Die Musik war nun einmal das, was mich antrieb. Sie vereinte so vieles in mir – Leidenschaft, Freude, Inspiration und sogar Hingabe. Yvonne wusste das ganz genau. Ich würde sogar sterben, wenn ich mit der Musik keinen Durchbruch erleben würde. Ich war mir sicher, dass die Jungs genauso empfanden, aber auch wussten, dass es mir besonders wichtig war.

Diese Auseinandersetzung machte mir diese beiden Sichtweisen erst wieder richtig bewusst und leider war ich halt dazu geneigt, der Sache mit der Musik mehr Aufmerksamkeit zu schenken, obwohl mir Yvonne ebenso wichtig war. Ich liebte sie über alles. Dieses kleine, zauberhafte, junge, blonde Mädchen, das hier in Finnland erwachsen geworden war und zu einer atemberaubenden Frau heranreifte. Jeden Tag ein bisschen mehr – das bewies sie mir in jedem Augenblick, den wir gemeinsam verbrachten. Umso glücklicher war ich, als sie mir meinen kleinen Wutausbruch verzieh und mich zu diesem Gig, bei dem wir den Song vorstellen sollten, begleiten wollte. Und das, was ich dann zu ihr sagte, meinte ich auch so: Ohne sie würde ich diesen Auftritt niemals durchstehen. Ich brauchte sie an meiner Seite. Mit Haut und Haaren. Mit allen Emotionen, die sie hergab. 

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Und so kam es, dass die Zeit uns weitertrug, wie das Meer die Wellen ans Ufer schwemmte. Unser Gig stand schneller auf dem Programm, als es mir lieb war.

Die Jungs und ich würden heute im Club ››On The Rocks‹‹ spielen. Hier erhoffte sich Ville, dass wir mit seinem unterirdischen Song Erfolg haben werden. Er ließ uns während der Proben, in den letzten Tagen, völlig schamlos an seinen Tagträumen teilnehmen. Er sprach größenwahnsinnig, überheblich und beinahe krank über seine ganzen Vorstellungen und Pläne. Natürlich erhofften wir Jungs uns auch Aufmerksamkeit und ein bisschen Bekanntheit, doch das würde ich lieber mit unseren eigenen Songs erreichen.

Doch Ville stellte uns vor die Wahl und schlussendlich mussten wir kuschen, so dass uns heute auch kein anderer Ausweg blieb.

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Die Atmosphäre des Clubs war schlecht zu beschreiben. Die Stimmung war zwar verhältnismäßig okay und vielleicht auch ein wenig heiter, doch man spürte einfach, dass wir uns heute in einem Club der etwas gehobeneren Klasse befanden. ››On The Rocks‹‹ war kein Vergleich zum ››Riff‹‹, in dem wir unsere gelegentlichen Cover-Gigs spielten. Und leider erwischte ich mich, wie ich darüber nachdachte, welche berühmten Bands denn hier schon Auftritte gaben.

Die Jungs, ich, Yvonne, Laura und auch meine Schwester Sanna, die um jeden Preis dabei sein wollte, befanden uns in einer Garderobe. Es war kaum zu überhören, dass schon einige Leute auf der Tanzfläche waren und mit lauten Rufen nach dem Live Act verlangten. Das waren wir - ›Sunrise‹.

Sanna unterhielt sich lachend mit Sami und Raul, während Laura ihre Hände in Rikus Nacken verschränkt hatte und ihm Sachen zuflüsterte, woraufhin er gequält aber liebevoll lächelte. Er hielt sie fest an ihren Hüften, ließ sie nicht los.

„Dein Puls beschleunigt sich so langsam, oder?"

Ich zuckte leicht erschrocken zusammen. Doch als ich einen sanften, beruhigenden Händedruck spürte, entspannte ich mich wieder. Ich neigte mein Gesicht und blickte Yvonne in die Augen, die mir Mut machend entgegen strahlte und mit ihren schwitzigen Fingerspitzen zärtlich über meine Wange glitt.

Liebe heißt leben // Samu Haber & Yvonne Catterfeld FanFictionWhere stories live. Discover now