Die Arbeitswelt

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,,Also... du bist... wie alt?" fragte die ältere Frau skeptisch über den Tresen hinweg und musterte June gründlich von oben bis unten.

,,Siebzehn! Also volljährig!" antwortete June. Die Frau nickte gelangweilt und blätterte durch einen Kalender oder eine Art Notizbuch. June ließ ihren Blick durch das kleine, etwas verstaubte Büro schweifen, während sie auf die Antwort der Leiterin vom Zauberutensilienladen Derwisch & Banges wartete.

,,Also... Albus schreibt, dass du fleißig bist und verantwortungsbewusst. Ich kann dir Samstags eine Schicht anbieten, von sieben bis achtzehn Uhr." seufzte sie und hielt das Empfehlungsschreiben in der Hand, das Professor Dumbledore June mitgegeben hatte, um ein gutes Wort für sie einzulegen.

,,Das passt perfekt!" meinte June eifrig.

,,Dafür kriegst du pro Woche fünfzehn Galleonen von mir. Mehr kann ich dir nicht anbieten..." meinte die Frau. June riss überrascht die Augen auf.

,,Fünfzehn?" fragte sie freudig nach. Die Frau zog skeptisch eine Augenbraue in die Höhe.

,,Ja... fünfzehn..." murmelte sie.

,,Das ist mehr als genug! Vielen Dank!" seufzte June erleichtert. Die Frau verdrehte die Augen und notierte sich etwas in ihr Büchlein.

,,Ich kann noch diese Woche anfangen!" fügte June noch schnell hinzu. Die Frau warf ihr noch einen kurzen Blick zu und nickte.

,,Gut." meinte sie. ,,Dann bis übermorgen, Püppchen!"

Als June aus dem Laden auf die Straßen von Hogsmeade trat strahlte sie bis über beide Ohren. Sie hatte es tatsächlich geschafft! Heute am Donnerstag Nachmittag war sie nach Hogsmeade gegangen und sich überall beworben, wo sie nur konnte. Zufrieden schlenderte sie sie Straßen entlang und schlug den Weg zurück nach Hogwarts ein.

Ihre Wochenenden waren nun durch und durch verplant. Samstags würde sie von sieben bis achzehn Uhr bei Derwisch & Banges arbeiten. Danach hatte sie von kurz nach achzehn bis drei Uhr Morgens eine Nachtschicht im Drei Besen. Sonntags arbeitete sie wieder im Drei Besen, nämlich von neun bis sechzehn Uhr und danach würde sie bis zwanzig Uhr Briefe im Postamt sortieren. Alles in allem würde sie dafür jede Woche 80 Galleonen bekommen. Zusammengerechnet würde sie so 320 Galleonen monatlich bekommen. Damit würden May, April und sie über die Runden kommen!

,,June, wo warst du denn?" fragte Penny sie verwirrt, als ihre Freundin am späten Nachmittag zurück in den Schlafsaal kam. Ihre beiden anderen Mitbewohnerinnen waren nicht da. June grinste ihre Freundin freudig an.

,,Du glaubst es nicht, Penny!" seufzte sie und fiel ihrer besten Freundin um den Hals.

,,Ich... Ich arbeite ab Samstag in Hogsmeade!"

,,WAS?" fuhr Penny sie an und löste sich abrupt von ihr. June nickte strahlend.

,,Bitte... wie, bitte?" fragte Penny nochmals. Deswegen erklärte June Penny die ganze Geschichte, die sie ihr bis jetzt noch nicht erzählt hatte. Von Dumbledores Vorschlag, von ihren Bewerbungen, von ihren Stellen die sie in den verschiedenen Läden bekommen hatte. Und davon, wie erleichtert sie jetzt war.

,,Verstehst du? Jetzt wird alles gut! Jetzt kann ich arbeiten gehen und Geld verdienen und für meine Schwestern sorgen!" seufzte June.

,,Das... das ist toll." meinte Penny, doch irgendwie kam ihr die ganze Sache suspekt vor. ,,Aber June, wann willst du lernen? Oder Hausaufgaben machen? Oder Schlafen? Wir schreiben unsere UTZs dieses Jahr!"

,,Ich bekomme das hin!" versicherte June ihr. ,,Ganz bestimmt! Ich muss einfach nur hart arbeiten und mir mein Ziel ganz genau vor Augen halten!"

Penny seufzte und schüttelte lächelnd den Kopf.

,,June Summers..." schnaubte sie belustigt. ,,Du bist absolut übergeschnappt."

June kicherte und umarmte Penny nochmals.

,,Ja... das bin ich wohl..." seufzte June und drückte Penny ganz fest.

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Von einer Woche auf die andere wurde Junes Leben auf Hogwarts völlig auf den Kopf gestellt. All ihre Hausaufgaben musste sie unter der Woche erledigen, da am Wochenende gerade einmal Zeit für ein paar Stunden Schlaf war. Nicht zu vergessen, dass sie jeden Monat noch zusätzlich den Wolfsbanntrank für May brauen musste. Außerdem kümmerte sie sich auch noch um April, die hin und wieder Hilfe bei den Hausaufgaben brauchte. Doch dabei half ihr Penny. Sie versuchte ihrer besten Freundin so gut es ging unter die Arme zu greifen.

Ihre Wochenenden in Hogsmeade waren anstrengend. Bei Derwisch & Banges musste sie die meiste Zeit nur Dinge sortieren, hin und wieder einen Kunden beraten oder dafür sorgen, dass der Laden ordentlich und sauber war. Richtig anstrengend wurde es erst danach im Drei Besen. Was June gleich in der ersten Woche gelernt hatte war, dass Nachtschichten für eine junge Kellnerin so ziemlich die schlimmsten Schichten waren. Denn betrunkene Zauberer waren sehr... naja, ,,anhängliche" Kunden.

,,Wie viel muss ich ihnen bezahlen, damit ich sie auf ein Getränk einladen kann!"

,,Setzen sie sich doch zu uns, junge Dame! Für ein, zwei Getränke werden sie doch Zeit haben!"

,,Rosmerta, seit wann hast du das Püppchen eingestellt?!"

,,Ein Glas Feuerwhiskey für mich... und kann man Sie auch bestellen, Fräulein?"

Und das waren noch die harmlosen Sätze, mit denen sich June jede Samstag Nacht herumschlagen musste. Die meiste Zeit konnte sie es ignorieren... Doch wenn die freundlichen Herren doch zu viel ,,Leitungswasser" intus hatten, konnten sie auch handgreiflich werden. Dann gestaltete sich das Ignorieren als etwas schwieriger. Aber für die Nachtschicht bekam sie schließlich auch am meisten bezahlt, also riss June sich zusammen und brachte jede Schicht Stunde für Stunde hinter sich. Um drei Uhr Morgens machte sie sich schließlich erschöpft zurück auf den Weg nach Hogwarts, wo sie sich meist geradewegs ins Bett fallen ließ. Denn um halb acht hieß es wieder aufstehen, duschen und zurück ins Drei Besen. Um diese Zeit war jedoch deutlich weniger los als in der Nacht, was die Zeit auch viel angenehmer machte.

Abends bei der Post konnte June sich wenigstens ein bisschen ausruhen, denn Briefe zu sortieren war nicht sehr anstrengend. So verbrachte sie ihre Wochenenden, bis sie schließlich Sonntags um zwanzig Uhr Feierabend hatte. Zurück in ihrem Schlafsaal wartete Penny auf sie, mit einem Teller Abendessen, das sie noch aus der Küche holte. Der Hufflepuff Gemeinschaftsraum lag direkt daneben, von dem her war das kein Problem. Das herkömmliche Abendessen in der großen Halle verpasste June ja jedes Mal. Meistens kippte sie direkt nachdem sie gegessen hatte in ihr Bett und schlief bis zum nächsten Morgen durch, an dem sie wieder Unterricht hatte.

,,Du machst dich noch kaputt." murmelte Penny ständig, als sie June so erschöpft sah. Doch June war nicht von ihrem Handeln abzubringen! Sie war eifrig bei der Sache und arbeitete so hart wie sie konnte!

Alles nur für May und April.

A Lie in June (HP/Rumtreiber FF)Where stories live. Discover now