Das Treffen im Bus

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Hallo zusammen :)Ich wollte mich bei euch für die mehr als 20 Views und für die drei Favos bedanken!
Also, hier kommt der nächste Teil. Viel Spass!!
Eure Nina :D

Jamie
Sechs lange Stunden sitze ich im Innern der Schule, starre an das Whiteboard, wo der Lehrer motiviert irgendetwas darauf schreibt und versuche, möglichst viel davon zu verstehen.

Ich kann mich aber nicht konzentrieren. Draussen scheint die Sonne, was in dieser Jahreszeit eher untypisch für London ist. Einzelne weisse Wolken schweben vor dem stahlblauen Himmel und geben der ganzen Stimmung noch den besonderen Touch.

Gedankenverloren kritzle ich irgendwelche Wörter in mein Mathebuch, währenddessen der Lehrer uns die Wichtigkeit von irgendwelchen Formeln erklärt. Mir ist das Ganze zu kompliziert, weshalb ich bloss seinem Blick ausweiche, als er fragt, ob es noch Fragen gäbe. Bis er mir alles erklärt hätte, wäre die Lektion sowieso vorbei.

Das Läuten der Klingel löst allgemeine Erleichterung aus und noch bevor der Lehrer seine Rede beenden kann, unterbrechen ihn das Kratzen der Stuhlbeine auf dem Boden und die einsetzenden Konversationen zwischen den einzelnen Jugendlichen. Auch ich stehe auf und stopfe mein Mathebuch in meine Tasche, ehe mein Blick noch einmal kurz zum Lehrer gleitet. Er kratzt sich ein wenig frustriert am Kopf, kommt aber zum Schluss, dass er nichts am Gehen der Schüler ändern konnte. Ein bisschen tut er mir schon leid, aber vor allem bin ich erleichtert, als ich das Schulzimmer endlich verlassen kann.

„Hei, Jamie, willst du etwas mit uns trinken kommen?“, ertönt Katies Stimme hinter mir und ich drehe mich überrascht um. „Wir gehen noch ins Starbucks.“

Ich lächle ihr freundlich zu, schüttle aber bedauernd meinen Kopf. „N-nein danke, ich g-gehe nach Hause. Ich m-muss noch ein R-r-referat fertig schreiben. A-aber euch v-viel Spass!“

„Danke.“ Katie streicht sich eine dunkelbraune Haarsträhne hinters Ohr, umarmt mich zum Abschied kurz und geht dann zurück zu zwei weiteren Mädchen und einem Jungen, die schon auf sie warten. Katie wirft sich dem Jungen in die Arme, um ihn leidenschaftlich zu küssen und ich kann mir nicht verkneifen, die Augen zu verdrehen, ehe ich mich von ihnen abwende und hinaus ins Freie schreite.

Ich atme erst einmal tief ein. Die frische Luft wirkt nach einem langen Schultag wirklich Wunder und sofort fühle ich mich wieder lebendiger. Da es angenehm warm ist, hänge ich meine Jacke über meine Tasche und schlendere so zu der Bushaltestelle, um den nächsten Bus zum Trafalgar Square zu nehmen.

Eine ältere Dame nähert sich ebenfalls dem kleinen Häuschen und lässt sich auf der Bank unter dem Vordach nieder, währenddessen sie ihren kleinen Handspiegel aus der Tasche zieht und sich kurz prüfend mustert. Danach hebt sie ihren Blick und lächelt mir freundlich zu.

Glücklicherweise fährt aber der rote Doppeldeckerbus  ein, bevor die Dame ein peinliches Gespräch beginnen kann. Schnell steige ich ein, drücke meine Oystercard auf die dazu vorgesehene Platte und begebe mich dann in den zweiten Stock, um mir einen Platz am Fenster zu suchen. Einen gefunden lasse ich mich darauf nieder und ziehe mein Notizbüchlein aus der Jackentasche, um beschäftigt auszusehen. Im Gegensatz zu anderen Jugendlichen schreibe ich selten Nachrichten per Handy, weshalb ich dieses auch kaum brauche und meistens zuhause lasse.

Der Bus fährt weiter und für eine Weile versinke ich in meiner eigenen kleinen Schreibwelt. Ich bemerke nicht, dass der Bus an einer nächsten Haltestelle gestoppt hat und mehrere Menschen eingestiegen sind, doch ein Räuspern reisst mich aus meiner Konzentration.

Mit wütend gerunzelter Stirn schaue ich hoch und blicke in ein Paar dunkelbraunen Augen, was mich total verwirrt. Überrascht blinzle ich einige Male und der Besitzer dieser Augen lacht fröhlich. „Tut mir leid, ich wollte nicht stören. Ist hier noch frei?“

Sofort nicke ich und stelle meine Tasche auf den Boden, woraufhin sich der Junge neben mich fallen lässt und sich durch die braunblonden Haare fährt. Er sieht ziemlich jung aus, aber an der Art, wie er sich benimmt und vor allem kleidet, merke ich, dass er eigentlich älter ist, als er scheint. Er trägt Jeans, dunkle Lederstiefel und einen dunkelblauen Mantel, der nicht zugeknöpft ist, sodass man sein graues Hemd sehen kann.

Als er meinen Blick bemerkt, lächelt er mir freundlich zu, was bewirkt, dass ich erröte und verlegen die Augen niederschlage.

„Und, was treibst du so?“, erkundigt er sich nach einer Weile, um das verlegene Schweigen zwischen uns zu brechen.

Ich seufze leise und verfluche mich innerlich, dass ich diesmal kein Handy dabei habe, um demonstrativ die Kopfhörer in meine Ohren stecken zu können. Ehe ich ihm Antwort gebe, stelle ich mir die Wörter in meinem Kopf vor, um ja nicht zu stocken. „Ich fahre nach H-hause. W-w-wonach sieht’s denn s-sonst aus?“

Der Junge blinzelt kurz, als er mein Stottern bemerkt, beschliesst aber kurzerhand nicht weiter darauf einzugehen. „Weiss nicht. Du hast ziemlich konzentriert ausgesehen, als du da geschrieben hast. Bist du Schriftstellerin oder etwas in der Art?“
„Nein, i-ich gehe n-noch zur Schule“, murmle ich lächelnd und beginne verlegen mit dem Zeigefinger an meinem Daumen zu kratzen. „A-aber nur n-noch ein halbes J-jahr.“

„Cool.“ Er lacht leise und betrachtet mich mit einem Stirnrunzeln. „Ich heisse übrigens Thomas. Du kannst mich aber ruhig Tom nennen, wenn das einfacher für dich ist.“

„Jamie.“ Ich ziehe meine Augenbraue hoch. „U-und beides ist g-g-gleich schwierig.“

Thomas grinst nur und streckt mir seine Hand entgegen, die ich zögerlich schüttle. „Ist gut, ich werd’s mir merken.“

Er wirft kurz einen Blick an mir vorbei aus dem Fenster, währenddessen ich mein Notizbuch verstaue, da ich aussteigen muss. Ich schlüpfe in meine Jeansjacke, wobei ich Thomas‘ Aufmerksamkeit zurück auf mich lenke.

„Du gehst schon?“ Er klingt schon fast enttäuscht, was mich ziemlich irritiert.

„Ja, i-ich muss hier r-raus“, antworte ich langsam und stehe auf. „Man s-s-sieht sich, oder?“

Thomas runzelt die Stirn und sieht wenig überzeugt aus. Ohne auf seine Antwort zu warten dränge ich mich daher an ihm vorbei und gehe die Treppen runter, um auszusteigen.

Der Verkehr am Trafalgar Square ist wie gewohnt ziemlich dicht, weshalb ich einige Momente warten muss, bis ich die Strasse überqueren kann. Gerade als ich meinen Fuss auf den Fussgängerstreifen setzen will, tippt mir jemand auf die Schulter.

„Du bist nicht gerade eine geduldige Person, oder?“, fragt Thomas‘ Stimme hinter mir lachend und ich spüre sofort, wie meine Wangen heiss werden.

„U-und du bist z-z-ziemlich aufdringlich, das w-weisst du?“ Ich werfe ihm kurz ein Lächeln zu und überquere nun doch endlich die Strasse.

Er grinst und folgt mir. „Wohin gehst du?“

„Q-queen’s Park“, entgegne ich kurzangebunden. Fragend neige ich meinen Kopf zur Seite. „Wieso?“

„Toll, ich fahre auch dorthin. Dann können wir ja gemeinsam fahren!“ Thomas sieht wirklich zufrieden aus, während ich immer wie misstrauischer werde. Was will der von mir?

„T-tatsächlich?“ Unsicher beisse ich mir auf meine Lippen und betrachte den braunblonden Jungen noch einmal. Thomas scheint wirklich in Ordnung zu sein, obwohl es mich ein bisschen verwirrt, dass er sich so um ein Gespräch mit mir bemüht. Die anderen Menschen merken sonst immer, dass ich nicht wirklich eine Gesprächskanone bin.

Er lacht. „Nee, aber du scheinst nett zu sein, weshalb ich noch ein bisschen weiter mit dir reden will.“

Na toll, denke ich, aber setze ein Lächeln auf und nicke. „W-w-wie schön.“

Once in a blue moonWhere stories live. Discover now