Die beschissene Universität.

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Wieso war Kunstgeschichte nur so scheiße langweilig?

Ganz ehrlich, Deidara interessierte sich nicht dafür. Er hätte maximal Interesse dafür entwickeln können, wenn sie mal Tarō Okamoto analysiert hätten. Stattdessen musste sich Deidara mit Kunstepochen beschäftigen, deren Vertreter mindestens genauso verstaubt waren, wie die Auffassung von Kunst, die ihr Professor vertrat. Dieser rothaarige Pumuckl war nämlich der Meinung, dass Kunst für die Ewigkeit bestimmt war – umso länger sie währte, umso besser. Bullshit.

Deidara verdrehte die blauen Augen, lehnte sich seufzend in den unbequemen Sitzplatz zurück und blickte unauffällig zu seinem Smartphone, das auf dem kleinen Holztisch lag. Mit seinem langen Finger tippte er zweimal auf den Bildschirm, weshalb das Display aufleuchtete und ihm nüchtern die Uhrzeit zeigte. Gleich war Mittagszeit. Und das war einer der Gründe, weshalb Deidara innere Anspannung verspürte. Doch es handelte sich dabei um eine positive Anspannung. Denn Deidara war verabredet.

Pumuckl, oder eher Professor Sasori, war so gnädig die Sitzung ihrer Vorlesung zu beenden und Deidara erhob sich. Sein Collegeblock, Stift und sein Skizzenbuch landeten innerhalb kürzester Zeit in seinem Rucksack, ehe er sich aus dem Hörsaal drängelte.


Nach nur einigen Schritten befand er sich vor seiner Fakultät. Der Campus war ziemlich groß, weshalb er einen ganz schönen Marsch zur Mensa hinlegen musste. Da um die Uhrzeit die meisten Studenten in Richtung der Mensa stürmten, war es nicht verwunderlich, dass Deidara dabei das ein oder andere ihm bekannte Gesicht entdeckte. Er hob ab und zu die Hand und begrüßte die Leute grinsend, ehe er sich die azurblauen Kopfhörer in die Ohren steckte. Doch noch bevor er die Musik an seinem Smartphone anschalten konnte, spürte er, wie jemand grob seinen Arm um ihn legte und ihn kräftig schüttelte.
Deidara knurrte genervt auf, als er von einem Kerl mit silbernen Haaren angeraunzt wurde.
„Deidara-chan, wohin geht's denn?", fragte ihn Hidan an seinem Ohr. Deidara verdrehte zum zweiten Mal seine Augen an diesem Tag, ehe er sich die Kopfhöher aus den Ohren stöpselte.
„Zur Mensa."
„Uhhh, essen wir was zusammen?! Ich hab' gesehen, dass es heute-"
„Bin verabredet, un.", erwiderte Deidara mürrisch.
Er blickte in die auffälligen Augen von Hidan, der ihn kurz misstrauisch beäugte.
Deidara wusste nicht mehr genau, woher er Hidan kannte. Hatten sie vor einem Jahr mal eine gemeinsame Vorlesung gehabt? Oder war es, weil Hidan zu der Sorte unglaublich auffälliger Mensch gehörte?
Und damit meinte Deidara nicht, unglaublich schön oder unglaublich lustig.
Eher unglaublich bekloppt.
Dadurch, dass Hidan Religionswissenschaften studierte und dessen Fakultät (GW II) sich direkt neben Deidaras Fakultät (Bildende Kunst) befand, waren sie sich jedenfalls schon häufig über den Weg gelaufen. Zuletzt, als Hidan laut lachend hinter ihren Fakultäten gestanden, dabei einen toten Vogel beäugt und sein Oberteil über den Kopf gerissen hatte.
Wie Deidara bereits erwähnt hatte – Hidan war beschissen bekloppt, eindeutig.
Aber eigentlich war das Deidara ganz sympathisch. Er mochte bekloppte Menschen.
Nur jetzt nicht. Jetzt wollte er allein sein, damit er sich auf seine Mittagsverabredung freuen konnte.
Nicht, dass Hidan noch auf die Idee kam sich ungefragt dazu zu setzen.

„Mit wem, Blondi!?", fragte Hidan nun neugierig und begann schief zu grinsen.
„Geht dich einen Scheiß an."
Auf diese Antwort hin wurde Hidan doch stutzig und Deidara biss sich mental in den Arsch. Wieso hatte er nicht einfach was ganz Normales sagen können, was in Hidans Ohren so langweilig klang, dass der sich freiwillig verzog?
Deidara fuhr seinen Ellbogen aus und drückte Hidan von sich. Doch dieser schnappte sich in dem Moment Deidaras schmales Handgelenk und zog ihn ein Stück an sich heran.
Verdammt, wieso glaubte dieser Typ eigentlich, dass es okay war ihn wie eine beschissene Puppe hin und her zu zerren?!
„Warte, was? Sag' bloß, du hast ein Date?!", fragte Hidan nun. „Blondi, dein Ernst?! Was ist mit mir?"
Deidara knirschte mit den Zähnen und riss sich aus Hidans Griff los.
„Was soll mit dir sein, verdammt?! Das ist kein Date, ich bin bloß Mittagessen, un!" Was wollte dieser Kerl denn von ihm? Suchte er ein neues Opfer zum Belästigen? Denn es gab so einige Gerüchte über Hidan, davon waren die Wenigsten nett. Nicht zuletzt über Belästigungen, Tieropfer und sonstige kranke Rituale.
Deidara gab da einen Scheiß drauf. Gerüchte gab es auch über ihn genügend.
Deshalb hatte er auch keine Angst vor Hidan. Weshalb auch? Der Kerl war maximal hyperaktiv, aber nicht gefährlich.
„Blondi, ich bin enttäuscht.", gab Hidan mit trockener Kehle schnarrend von sich, trug dabei aber sein übliches Grinsen.
Deidara erwiderte daraufhin nichts, sondern deutete ein Peace mit seinen Fingern an, riss sich los und ging weiter.

So, diesmal musste Deidara sich auf seine Mission konzentrieren.
Musik in die Ohren, laut aufdrehen und bloß nicht aufhalten lassen.

Nach einigen Minuten hatte Deidara die Mensa erreicht. Von den ganzen Studenten abgesehen, die sich vor dem Eingang tummelten und auf ihre Kommilitonen warteten, stand da diese eine Person, die Deidara schon die ganze Zeit im Kopf hatte.

Itachi.

Einige Meter vom Eingang der Mensa entfernt, abseits von allen, saß er an einen Baum gelehnt und zog grad genüsslich an einer Kippe. Deidara musste unwillkürlich lächeln. Das war nicht ihr erstes Treffen. Nach ihrer magischen Nacht, in der sie über Kunst, Gott und die Welt philosophiert hatten, hatten sie sich noch einige Male getroffen. Jedes Mal waren es unschuldige Treffen gewesen, in denen sie zusammen gegessen oder einen Kaffee getrunken hatten. So wie jetzt. Und Deidara musste zugeben, dass er Itachi mehr als einfach nur interessant fand.
Dass er Itachis Art zu sprechen mochte.
Itachis Gesichtsausdruck, wenn dieser Dangos vor sich stehen hatte.
Oder wie weich Itachis Augen aussahen, wenn dieser von seinem kleinen Bruder erzählte.
Viel gab Itachi nicht unbedingt von sich preis. Deidara hatte schon verstanden, dass dessen Familie eher ein Tabu-Thema war. Außer dessen jüngerer Bruder. Und Deidara hatte auch verstanden, dass Itachi ein waschechtes Genie war. Einer von dieser Sorte, der Klassen übersprang und mehrere Studiengänge auf einmal belegte.
Und obwohl Itachi oft kühl wirkte, war er sehr warmherzig. Aber das war eher Deidaras Gefühl, nichts was in Stein gemeißelt war. So gut kannte er Itachi noch nicht. Aber es war diese Art von Gefühl, dessen Verursacher blanker Instinkt war. 


„Oi, Streber.", gab Deidara von sich und lehnte sich vor Itachi.
Dieser hatte so in seiner in Gedanken verloren gewirkt, dass er offensichtlich nicht bemerkt hatte, dass Deidara angekommen war. Itachi wirkte kurz irritiert, dann lächelte er kaum merklich.
„Hey."
Deidara grinste und zupfte Itachi die Zigarette aus den Fingern.
„Igitt, ernsthaft? Vorm Essen?", fragte Deidara und schnippte die Zigarette in einen Mülleimer.
Itachi erwiderte nichts darauf. Stattdessen betraten sie gemeinsam die Mensa.


Nachdem sie ihr Essen geholt und sich gesetzt hatten, schnappte sich Deidara seine Stäbchen und begann langsam zu essen. Itachi lächelte ihn erneut kaum merklich an.
Deidara kannte dieses Lächeln bereits. Nur selten lächelte Itachi richtig. Meistens, wenn sie wirklich unter sich waren. Oft war Itachi ein richtiger Japaner – höflich, zurückhaltend, kontrolliert. Doch manchmal, da bekam Deidara Itachis Gefühle, seine echten Gefühle, zu sehen oder zu hören.
Er selbst war da anders. Er war laut, zeigte seine Emotionen, ließ sie manchmal hochkochen.
Aber Itachis Art beruhigte ihn, auf eine gute Weise. Nicht wie jemand, der ihn versuchte ruhig zu stellen. Stattdessen wirkte es eher so, als würde Itachi ihn oft einfach verstehen, ohne dass Deidara schreien musste. Und es tat gut. Es war wie Urlaub von all dem Temperament, das ihn manchmal mehr anstrengte, als er zugeben würde.


„... Sasuke ist damals so oft vor meinem Zimmer hergeschlichen.", erzählte Itachi. Diesmal lächelte er ein wenig breiter. Seine Augen wurden so weich, dass auch Deidara lächeln musste.
„Ich hab' ihm oft gesagt, dass er keine Angst haben darf bei Gewitter. Dass das ganz natürlich sei. Aber trotzdem stand er oft vor meinem Zimmer. Ich hab' ihn im Flur auf und ab laufen gehört. Manchmal ist er dann zurück ins Bett gegangen. Aber manchmal stand er so lange dort, dass ich ihn reingebeten habe, damit er bei mir schlafen kann."
Deidara musste leise lachen. Sasuke musste Itachis Erzählungen nach unglaublich niedlich sein. Deidara hatte selbst einen Bruder, aber der war älter als er selbst. 


Noch bevor Deidara auf die Erzählung antworten konnte, blickte Itachi zur Seite und musterte einen jungen Mann, der neben ihrem Tisch stehen geblieben war. „Itachi.", gab die Person ruhig von sich und musterte erst Itachi, ehe er Deidara ausführlich musterte. Deidara blickte neugierig zurück. Der Kerl sah Itachi verdammt ähnlich. Ein ziemlicher Schönling. Dunkle Haare hatte er – ein Ticken dunkler als Itachis Haare. Und dunkle Augen. Strahlend weiße Haut.
Und ziemlich heiß, dachte sich Deidara schmunzelnd.
„Sasuke.", gab Itachi ruhig von sich.

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⏰ Last updated: Aug 30, 2020 ⏰

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