Prolog: Letzte Worte ⭐

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„Weißt du was, Oikawa? Fick dich."

Es sollten die letzten Worte am Flughafen Narita sein, die seine Lippen verließen.

Ja, er hatte ihn überrascht, dass Oikawa überhaupt hier aufschlug. Nach ihrem Streit, dem Stress und allgemein der eher schwierigen als schönen letzten Zeit an der Oberschule hatte sein ehemals bester Freund nicht damit gerechnet. Auf einmal am Gate seine Stimme zu hören, wie er eine Oktave zu hoch und vollkommen außer Atem „Iwa-chan!" rief, nur um ein gehetztes und verzweifeltes „Hajime, warte!" folgen zu lassen, hatte sein Herz im Glauben an Hoffnung für eine Sekunde hochhüpfen lassen.

Als er sich umdrehte und sah, wie Oikawa vor ihm sich auf sein linkes Knie stützend zum Halt kam, dieser den Kopf hob und seine von der Anstrengung geröteten Wangen sowie die blutunterlaufenden, verquollenen Augen präsentierte, denen sich geschwollene Unterlider und stark ausgeprägte Tränensäcke anschlossen... Iwaizumi war sich bewusst, dass sein Gegenüber bis eben noch geweint hatte. Die kleinen Falten an den Augenwinkeln verrieten den Setter, denn sie zeigten sich immer nur dann, wenn Tränen flossen.

Mit einem einzigen Blick in Oikawas schokoladenbraune Iriden, war es Iwaizumi möglich alle Gedanken und Empfindungen abzulesen: Schuld, Reue, Angst...

Aber das reichte nicht.

Er wollte es auch hören.

Wenigstens ein einziges Mal.

Verwirrt wanderten die sonst immer so frech und strahlenden Augen des Zuspielers zu Iwaizumis Eltern, die genauso verblüfft über dessen plötzliches Auftauchen waren wie ihr Sohn. Oikawa sah zu Hanamaki und Matsukawa, welche ihm verunsichert entgegenblickten. Sie hatten ihn gefühlte zehntausend Mal zu überzeugen versucht, über seinen Schatten zu springen. Und dann landete er wieder bei Iwaizumi, dessen Brustkorb sich stark beim Einatmen hob, nur um daraufhin die Luft anzuhalten. Seine Gesichtszüge verhärteten sich, als er bemerkte, wie unruhig sich der Adamsapfel des Braunhaarigen bewegte.

Er wusste, was kam. Er wusste es: Oikawa zog den Schwanz ein.

„S-Sorry, ich bin zu spät", zeigte sich ein aufgesetztes Grinsen auf dem Gesicht ihres ehemaligen Kapitäns, um seine Überforderung zu überspielen und sah Iwaizumi fast schon entschuldigend entgegen. Er müsste doch Verständnis haben, dass er das nicht vor allen sagen konnte. „Eh... d-dann... guten Flug? Du... wirst mir fehlen?!"

Ja... zu spät. Das bist du.

Iwaizumis Mundwinkel zogen sich zynisch nach oben. Er steckte die Hände in die Hosentaschen, stieß hörbar die Luft aus und hob dann angestrengt das Kinn. „Weißt du was?", hauchte er leise, aber für alle deutlich hörbar. „Fick dich, Oikawa."

Das ehemalige Ass Seijous drehte sich nun endgültig um und ging mit seinem Kleingepäck in Form einer Reisetasche, welche er sich über die Schulter geworfen hatte, durchs Gate. Schaute nicht noch einmal zurück. Es war ihm egal, dass es alle mitbekommen hatten. Was seine Eltern davon hielten. Oder auch Hanamaki und Matsukawa.

Es war ihm so egal.

Er war einfach nur noch durch.

Durch mit Oikawa.

Mit dessen Versprechungen.

Dessen Entschuldigungen und Ausreden.

Mit all diesen beschissenen Gefühlen, die sich über die Jahre eingeschlichen hatten.

Zehn Jahre.


Vorbei.

Wilderness  (IwaOi)Where stories live. Discover now