30. Kapitel

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Ich spürte, wie mein Rücken gegen etwas Hartes, Stabiles krachte, das dann aber der schier unermesslichen Kraft splitternd nachgab und ich wurde weiter geschleudert und fiel. Laute, verängstigte Schreie waren zu hören, woher sie kamen konnte ich durch die wabernden Schwaden von Schwärze, die mich immer noch umgaben, nicht sagen. Schmerz durchflutete meinen ganzen Körper und in meinem Sichtfeld tanzten dunkle Punkte, die allerdings kaum von dem schwarzen Schleier, der mich umgab, zu unterscheiden waren. Dann hellte sich mein Sichtfeld plötzlich auf und ich konnte meine Umgebung erkennen. Ich lag auf dem Boden von Professor Ravenclaws Klassenzimmer, das vollkommen verwüstet war. Um mich herum herrschte hektisches Treiben; Rufe, laut gebrüllte Befehle und Schreie erfüllten den Raum.

«Der Junge ist unverletzt», hörte ich eine vertraute Stimme, die ich jedoch nicht zuordnen konnte.

«Adrienne? Adrienne, Kleines? Geht es dir gut?» Eine Frau beugte sich über mich und betrachtete mich besorgt. Braue, lockige Haare, schrägstehende, grüne Augen wie die einer Raubkatze ...

«Ma? Bist du das?», nuschelte ich und die Frau lächelte erleichtert.

Langsam nahm ich mehr von meiner Umgebung wahr. Leute huschten hektisch durch den Raum oder standen einfach nur geschockt und wie versteinert da. Ich erkannte Professor Turner, die Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste, die zu nichts anderem mehr fähig war, als etwas neben mir anzustarren. Die Professoren Snape und McGonagall waren ebenfalls da, genau wie Madam Pomfrey, die sich um einige verletzte Schüler im hinteren Teil des Klassenzimmers kümmerte. Aus Richtung der Tür hörte ich aufgeregte Stimmen, wahrscheinlich weitere Schüler die versuchten herauszufinden, was hier drinnen los war. Snape und McGonagall untersuchten ebenfalls mit Zaubern den Raum, was sie dabei herausfanden, wusste ich nicht, doch mir wurde klar, dass ich wieder in meiner eigenen Zeit gelandet war.

Nun beugte sich auch Dumbledores bärtiges Gesicht über mich. Er streckte seine Hand aus und fuhr über eine lange, brennende Schramme an meiner Wange. «Lena! Sie muss sofort in den Krankenflügel! Das weisst du doch, also wieso stehst du hier noch rum?», befahl der Schulleiter meiner Mutter, die mich immer noch wie paralysiert anstarrte.

«Natürlich, Al, natürlich», brachte sie schliesslich hervor, bückte sich und lud mich ohne Probleme auf ihre Arme, dann trug sie mich in rasantem Tempo aus dem Raum.

Hinter mir hörte ich noch, wie Dumbledore weitere Befehle gab: «Poppy, gehen Sie Miss Seanorth bitte sofort nach, die junge Miss Seanorth hat jetzt oberste Priorität. Minerva, Severus, schnappen Sie sich einige der Vertrauensschüler, die da draussen auf dem Gang herumlungern und bringen Sie die Verletzten hoch in den Krankenflügel – den Jungen auch. Und seien Sie um Merlins Willen vorsichtig mit ihm.»

Im Krankenflügel liess Madam Pomfrey mich von meiner Ma direkt auf eines der Betten verfrachten und stellte einen Wandschirm um mich herum auf. Erst verstand ich nicht, weshalb sie das tat, als sie dann aber gemeinsam mit meiner Ma begann, mich aus meinem Hogwartsumhang zu schälen, der nur noch in Fetzen vorhanden war, verstand ich. Mein ganzer Körper war mit langen, brennenden Kratzern übersät, die Madam Pomfrey nun einen nach dem anderen mit einer schrecklich stinkenden Heilsalbe bestrich, die die Wunden nur noch mehr brennen liess. Meiner Ma hatte sie ebenfalls einen Tiegel Salbe in die Hand gedrückt und nun wurde ich von beiden Seiten gleichermassen gefoltert.

«Das sie überlebt hat, grenzt an ein Wunder», murmelte meine Mutter vor sich hin, während sie meine Wunden vorsichtig mit Salbe betupfte.

«Wie meinen Sie das, Miss Seanorth? Hatten Sie schon einmal mit solchen Wunden zu tun?», fragte die Krankenschwester offensichtlich ratlos.

Meine Ma nickte nur und verrichtete wortlos ihre Arbeit.

«Ich frage mich, weshalb der Junge nicht betroffen war», sagte Madam Pomfrey leise zu sich selbst.

Unbequeme Wahrheiten - Adrienne Seanorth 2 (HP FF)Where stories live. Discover now