I. kaffee.

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Ich fand, alle Menschen sollten erst am Abend aufstehen.

Dann, wenn die Sonne schon untergegangen war und die Pupillen nur noch warme, weiche Dunkelheit fanden. Ja, das wäre wirklich verdammt schön.

Mit müden Augen und einem Pochen in den Schläfen, das sich langsam schmerzhaft über meinen ganzen Kopf ausbreitete, schielte ich zu meinem klingelnden Handy, das mich zu dieser scheiß unchristlichen Zeit aufgeweckt hatte.

»Halt die Klappe«, nuschelte ich über das schrille Geräusch des Weckers hinweg — als würde das auch nur irgendwas bringen. Ich fand, Wecker sollten auf mich hören. Das würde ich auch schön finden.

Als es nach einer Minute nur noch lauter wurde, rappelte ich mich genervt auf und schaltete ihn aus.

07:59

»Verdammter Wecker.« Meine nackten Schultern spannten sich unangenehm, als ich mich dehnte. Ich könnte mit Yoga anfangen, Elster versuchte mir das die ganze Zeit anzudrehen. Hm. Aber so verzweifelt war ich dann auch wieder nicht, die Verspannungen und das ständige Kopfweh würde ich schon irgendwie überleben.

Aber Mama hatte es nicht und jetzt war sie mental ganz woanders.

Ungeniert zog ich meine Nase hoch und griff nach der Zigarettenschachtel, die auf dem kleinen Nachtkästchen lag.

Nein, trotzdem würde ich Yoga wirklich nicht machen. Das Feuerzeug klickte und müde blinzelte ich gegen den Rauch an, der aus meinem Mund qualmte.

Das war nur für die Mütter, die Vegan waren und zu viele Kinder hatten. Und vielleicht Elster.

Scheiße, aber wieso hatte ich den Wecker gestellt? Schweigend zog ich an der Zigarette und kratzte mich am Hals. Heute war doch Samstag, nicht? Wochenende. Wieso wollte ich da so unmenschlich früh aufwachen? Aber dann klingelte mein Handy schon und mit zusammengezogenen Brauen hob ich ab.

»Morgen?«, ich stand ächzend auf und ging zum schmutzigen Fenster, das hinunter auf die Straße zeigte.

»Morgen«, äffte mich eine helle Stimme nach und ich fuhr mir durch die verknoteten Locken. Meine Augen klebten noch und das helle Licht blendete mich unangenehm. Mein Vorschlag, dass Menschen nicht am Tag aufstehen sollten, stand noch immer.

»Ja, Morgen. Was willst du von mir, Elster?«, fragte ich schlecht gelaunt und zog an der Zigarette. Der Filter glimmte auf und ich öffnete das große Fenster, um den Rauch rauszulassen. »Willst du ein Einen wunderschönen Guten Morgen, Schatzi hören?«

Elster fluchte irgendwas unverständlich in den Hörer und ich zog meine Augenbrauen in die Höhe. Ein kühler Winzug erfasste meinen noch vom Schlaf warmen Körper und ich schauderte unangenehm.

»Wir haben uns gestern ausgemacht, dass wir uns heute in der Früh treffen, man!«, beschwerte sie sich dann und ich schnipste die Asche über den Fenstersims. Ohh, das war es also gewesen.

»Sorry, hab das komplett vergessen«, murmelte ich und rieb mir meine Augen. Sie waren wahrscheinlich rot von dem wenigen Schlaf. »Soll ich noch nachkommen?«

Ein langer Seufzer erklang von der anderen Seite der Leitung und ich blickte hinunter auf den kleinen Markt, der jeden Montag und Sonntag hier stattfand. Fische, es stank fürchterlich, wenn der Wind die falsche Richtung hatte. Aber wenigstens war die Wohnung deswegen billiger.

Wartend zog ich an meiner Zigarette und schaute zu, wie sich die Rauchkringel im Sonnenlicht langsam auflösten.

»Ja, wenn du dich beeilst, schon«, sagte sie dann endlich und ein breites Grinsen stahl sich auf meine Lippen. »Wir sehen uns nachher, Schatzi.«

ZIGARETTENWhere stories live. Discover now