21. Kapitel - Die Ehre eines Ritters

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Tief in Gedanken versunken saß Tealon in seinem Zelt. Die Ellenbogen auf den Tisch gestützt betrachtete er die beiden Beutel, die vor ihm lagen. Einmal hatte er sie geöffnet, wollte wissen, ob sie wirklich das enthielten, was ihm versprochen wurde. Der kurze Blick, den er während der Übergabe hineingeworfen hatte, reichte ihm nicht aus, um sich zu vergewissern. Nur wenigen Personen misstraute er noch mehr als den Suchern. Kaum jemand trat die Ehre eines ehrenhaften Kampfes so ignorant wie diese Gilde. Tiefer kann man nicht fallen, war er überzeugt.

Zwei Köpfe lagen vor ihm, die seine Ehre retten konnten, und trotzdem zögerte er sie dem König zu übergeben. Was sollte er schon antworten, wenn er gefragt wurde, woher er sie hatte? Warum er den Befehl Damians missachtet und den Elfen mit seinem menschlichen Begleiter weiter verfolgt hatte? Er wird mich in der Luft Zerreisen, wenn ich vor ihn trete.

Das Gold seines Vaters verschwendet für zwei Köpfe, die er nicht einsetzen konnte, ein Junge, der mitten aus dem Heerlager verschwand und Untertanen, die sich einen Dreck dafür interessierten, was er ihnen befahl. Tealon wusste, dass er dem König diese Beutel bringen musste. Noch hat niemand von seinem Versagen im Heerlager erfahren, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis sich das änderte. Ich bin des Titels eines Ritters nicht mehr würdig. Resignation machte sich breit. Was konnte er schon noch tun, um dies zu ändern? War es nicht längst zu spät, seine Ehre für immer befleckt?

Die beiden Köpfe waren seine letzte Hoffnung gewesen, die sich im Sande verlief. Seine letzte Chance dieses Leben lebenswert zu machen. Ich bin gefallen, bevor ich aufgestiegen bin. Wenn er die Kraft dazu gehabt hätte, wäre er schon lange aufgestanden und hätte die beiden Köpfe weggebracht. Irgendwohin, wo sie ihn nicht immer wieder auf sein Scheitern hinwiesen. Tealon der Unfähige, hörte er sie schreien, Tealon der Feigling. So würde es in den Geschichtsbüchern dieser Zeit stehen und den Kindern meiner Schwester wird gesagt werden: Kämpft mit Ehre und sammelt Ruhm, wenn ihr nicht wie euer Onkel enden wollt. Tealon der Versager... echote es durch seine Gedanken, Tealon der Unwürdige.

Trübsinnig schaute er ins Leere, als ein Funken in ihm zu glimmen begann. Für Ruhm tat er alles und lieber würde er sterben, als seine Ehre zu verletzen. Würde man ihn Tealon den Mutigen oder den Narren nennen, wenn er die Köpfe dem König überbrachte? Auf jeden Fall werde ich als Kämpfer in die Geschichte eingehen. Der, der niemals aufgibt. Der Funken wurde zu einem Feuer und aus diesem Feuer wurde Hass. Hass auf seine eigene Schwäche und sein Zögern, Hass auf Damian und auf Belenor, Hass, der sich in geballten Fäusten und einer zerbrochenen Tischplatte Luft machte.

Augenblicklich stürmten seine beiden persönlichen Wachen ins Zelt, aufgeschreckt durch den Lärm brechenden Holzes. „Bringt diese Beutel dem König", befahl er und deutete auf die am Boden liegenden Köpfe. „Aber Herr, wir können euch nicht alleine...", versuchte einer der beiden Soldaten ihm zu widersprechen, doch Tealon ließ sich nicht beirren. Langsam und mit kaum unterdrückter Wut wiederholte er den Befehl: „Bringt diese Beutel dem König. Niemandem außer dem König persönlich. Sagt ihm, es sei eine Aufmerksamkeit meinerseits" Für einen Moment war die Wache sprachlos, wusste sie doch, wie Tealon seinen Vorgänger nach einem kleiner Fehler bestrafte,dann verbeugte sie sich schnell und murmelte ein: „Wie ihr befehlt." Kurz darauf hatten sie das Zelt verlassen. Es wäre töricht gewesen persönlich vor ihn zu treten.

Unruhig ging er in seinem Zelt auf und ab, seit er seine Frustration überwunden hatte, verspürte er den unbändigen Drang etwas zu unternehmen. Doch das, was er zu tun hatte, widerstrebte ihm zutiefst. Doch wie könnte er von Ehre reden und gleichzeitig dem Sucher seinen Teil der Abmachung unterschlagen? Ein Teil des Reichtums meines Vaters. Der Sucher hatte ihm genauestens beschrieben, wie er sich den Diebstahl vorstellte und er schien bestens über die Anzahl und Position der Wachen Bescheid zu wissen. Selbst die Luke, die nach unten in die Kanalisation führte, war im kein Geheimnis. Er brauchte nur jemanden, der sie von innen öffnete.

Im Bann der DelaniWo Geschichten leben. Entdecke jetzt