Der morgendliche Wind wehte durch die Baumkronen und ließ die Äste sanft schaukeln. Am Horizont ging die Sonne seit wenigen Sekunden auf und warf ein rötliches Leuchten auf die Landschaft, was jedes Mal ein spektakuäres Ereignis war. Der Himmel war recht klar, nur hier und da waren dünne Wölkchen die in den Sonnenstrahlen in den verschiedensten Farben zu glühen schienen. Kyari beobachtete fasziniert das Himmelsspektakel, die Vögel, die völlig losgelöst durch die Luft schwebten und ihr dabei ein sehnsuchtsvollen Seufzer nach Freiheit entlockten. So ein schöner Sonnenaufgang war hier selten, meist verdeckten dicke Rauchwolken die Sicht auf die Sonne. Außerdem mussten sie aufpassen, wann sie draußen waren, die Menschen durften sie nicht sehen. Das Volk Nemea war recht klein und musste sich verstecken, damit sie nicht aufflogen. Vor vielen vielen Jahren mussten die Schmetterlingsverbundenen Wesen von ihrer Welt fliehen und hatten sich hier provisorisch niedergelassen. Schnell hatte man festgestellt, dass man von der Erde nicht ohne ein Wunder wegkam und man erbaute sich im damals entlegensten Teil der Erde ein Versteck auf. Doch Jahrhunderte später kamen die Menschen ihnen gefährlich nahe, weswegen sie jedes Mal aufpassen mussten, sobald sie sich außerhalb der Siedlung befanden. Dazu kamen die ständige und nie enden wollenden Ausbrüche des Vulkans in der Nähe, dem "Vulkaan mis kunagi ei maga" oder "Aevastav vulkaan" (der nieschlafende Vulkan) bekannt. Nur selten verjagte ein nächtlicher Sturm die schweren Rauchwolken am HImmel und gab somit den Blick auf die unendliche Weite um die Erde herum preis.
In der Ruhe der Morgensonne ließ sie ihre kleinen Schmetterlinge um sich herum fliegen und elegante Formationen bilden. Sie empfand bei dem Anblick eine Friedlichkeit, die sie nur selten genießen konnte, ihr Leben war seit ihrer Gabe ziemlich einseitig: verhasst und alleine. In den Räumen des Verstecks war es ihr nicht gestattet ihre kleinen bunten Freunde bei sich zu haben, sonst wäre das alles ja halb so schlimm. Sie hatte an sich nichts gegen das Alleine sein, aber unter den Umständen gefiel es ihr überhaupt nicht. Zumal sie ja unter Leuten war, ihrem Volk und trotzdem einsam war.
"Komm rein, das Frühstück ist fertig!", rief ihre kleine Schwester Maghia. Sie war die einzige, die mit Kyari halbwegs normal redete. Natürlich war sie alt genug, um um zu sehen, dass irgendwas nicht mit ihrer Schwester stimmte und dass sie anders war, aber sie verstand nicht die Gefahr, die laut dem Rat in ihrer Gabe steckte sondern war noch fasziniert davon. Aber das wüde sich auch schnell ändern, das wusste Kyari und mit einem traurigen Blick auf die wundervolle Aussicht drehte sie sich um und folgte ihrer Schwester ins innere des Komplexes. Sie hatte schnell als kleines Kind gemerkt, dass ihre Schmetterlinge anders waren. Sie waren wie verzaubert, Kyari konnte sie hören, konnte mit ihnen reden und wenn sie sie bat, die Kinder auszupionieren um sich auf Auseinandersetzungen vorzubereiten, dann taten sie es - gerne. Sie waren magisch, doch sie hatte das Gefühl, noch nicht alles über sie zu wissen, sie wusste, dass da noch mehr war. Das hatte sie einfach im Gefühl. Da waren so viele Fragen, doch bevor sie diese hatte stellen können, wurde sie auch schon von ihnen getrennt. Nur selten ließ man sie noch zusammen, und auch nur, weil der Rat wusste, dass man ohne Kontakt zu seinen Schmetterlingen verkümmerte.
Von außen sah das Versteck aus wie ein Berg, mit Sand überdeckt. Nur an wenigen Stellen wuchs ein bisschen grün. Aber das war nur eine Tarnung, damit die Menschen nicht schon von weitem sahen, dass sie fremd waren, Eindringlinge aus einer fernen Welt. Ausgesandte hatten die Menschheit zu genüge studiert, als dass sie ungeschoren davon kommen würden, zumindest als Forschungsobjekte würden die Neamer enden, dass wusste Kyari aus den Erzählungen, die ihnen erzählt wurden, als sie noch ganz klein waren. Man erzählte sich, dass es einst einen Abgesandten gab, Einar, der unter den Menschen lebte - aber sie verrieten ihn, sie nutzen ihn aus, ihn und seine Magie. Und in manchen der alten Schriftrollen stand, dass Einar nie überlebt hatte, schon bevor er zeigen konnte, dass er harmlos war, hätten sie ihm den Kopf abgeschlagen und ihn als abschreckende Trophäe auf einen Pfahl gespießt. Und auch wenn man diese Geschichten vielleicht nicht glauben mag, das Risiko ging man nicht ein, das war Vorschrift. Der Berg sah unscheinbar aus, passte sich gut seiner Umgebung an und bis jetzt war noch kein Wanderer auf die Idee gekommen, ihn zu erklimmen. Das Loch in der Mitte des Berges wurde zwar, sobald man wussdass Besucher in der Nähe waren, oder Flugzeuge über sie wegflogen vorsichtshalber geschlossen, doch man konnte soch nie sicher sein, vielleicht waren die Menschen schlau und erkannten den Schwindel?
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Kurzgeschichten, die dich einen kleinen Moment auf eine Reise mitnehmen
Short StoryHier finden sich allerlei magische, spannende, romantische und bunte Kurzgeschichten zusammen, die dich für einen kleinen Moment in eine andere Welt oder Zeit entführen. Vielleicht auch nur an einen anderen Ort.