Rondo

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Spock verließ das Quartier des Captains, ging einige Schritte und blieb irritiert stehen.

Flüchtete er? Einen Moment stand er nachdenklich im Korridor. Die Türen zum Quartier des Captains hatten sich vor wenigen Sekunden geschlossen, doch er hatte in diesem Augenblick keine verlässliche Zeitangabe. Irritierend. Er war dankenswerter Weise allein auf dem Gang und atmete tief durch, drehte versonnen die eben gepflückte Mistelbeere zwischen seinen Fingern.

Einen kurzen Augenblick erlaubte Spock sich ein feines Lächeln, als er an den zarten Kuss Jims zurück dachte, der erst vor wenigen Augenblicken seine Lippen berührt hatte. Warme und mehr als nur erregende Reize schossen durch seine Nervenbahnen, allein von der Erinnerung initiiert.

Dieses Weihnachten war in der Tat eine besondere Zeit, wie es der Arzt vor einigen Stunden gesagt hatte. Er hatte Recht behalten, doch Spock hatte nicht vor, dieses dem menschlichen Arzt einzugestehen.

Spock drehte sich zurück und betrachtete einen Moment die geschlossene Tür zum Quartier des Captains. Der irdische Brauch hatte ihm die Möglichkeit geboten, die er herbeiführen wollte. Er hatte sie herbeigeführt und mehr. Dieses waren also die Folgen. Jim hatte ihn geküsst. Bereits zum zweiten Mal. Nein. Genau genommen zum ersten Mal. Vorher war die Aktivität von Spock selbst ausgegangen.

Das zweite Mal hatte ihn unvorbereitet gefunden. Das war nicht akzeptabel, doch eigenartig willkommen.

Zweimal. Das bedeutete Jim Kirk begehrte ihn ebenfalls? Oder war es doch nur der Ruf des alten Brauches gewesen? Wie sollte er nun fortfahren?

„Mr. Spock? Ich dachte, Sie hätten sich auf der Brücke verschanzt."

Ausgerechnet McCoy kam in diesem Moment um die Ecke und sah ihn neugierig an. Spock war so sehr in Gedanken gewesen, dass er den Arzt nicht einmal den Korridor entlang kommen gehört hatte. Noch bevor der Vulkanier es verhindern konnte fiel der Blick McCoys auf die verräterische Frucht zwischen seinen Fingern und seine Augen weiteten sich.

Spock seufzte innerlich und präparierte sich für mindestens eine unbequeme Frage. McCoy würde diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen ihn auszufragen. Das zumindest war eine unangenehme Konstante in diesem Universum, die zu jeder Zeit galt.

„Ich binin diesem Moment auf dem Weg zur Brücke, nachdem ich dem Captain eine Nachricht mit neuen Einsatzbefehlen überbracht habe", begann Spock dennoch den mageren Versuch einer Flucht und wollte sich zum Gehen wenden. „Zudem bin ich Ihnen keinerlei Rechenschaft schuldig."

McCoy versperrte ihm rasch den Weg.

Eine mehr als verlässliche Konstante, fügte Spock innerlich hinzu.

„Das ist eine Mistelbeere dort in Ihrer Hand." Der Arzt sah ihn neugierig und abwartend an. Es war keine direkte Frage gewesen, doch sie war natürlich deutlich hörbar in den Worten und im Tonfall verpackt. Spock beschloss sie dennoch zu ignorieren.

„Korrekt. Ihr profundes Detailwissen über diese pflanzliche Spezies ist bemerkenswert, Doktor McCoy." Spock hob arrogant eine Augenbraue und verbarrikadierte sich hinter seiner gewollt stoischen und arroganten Mimik. „Wenn Sie mir bitte aus dem Weg gehen würden. Ich werde auf der Brücke von Lt. T'Rell erwartet."

„Moment, mein werter Kollege." McCoy stellte sich abermals in den Weg und zwang den Vulkanier erneut innezuhalten. „Sie wissen sicher inzwischen, was es mit diesen Beeren auf sich hat?"

Spock neigte den Kopf zur Seite. „Diese Beere ist eine Frucht der Mistel, die allerdings in diesem Fall nicht natürlich gewachsen ist, sondern repliziert aus ..."

MistelsuiteWhere stories live. Discover now