14. Duell

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Ich stand auf dem Trainingsplatz, fing die sanften Strahlen der Morgensonne ein und ließ sie um meine Finger wandern. Zögerlich streckte die Sonne ihr Licht aus, brachte es mir, schenkte es mir. Ich nahm es dankbar entgegen.
,,So früh schon auf?"
Ich schrak zusammen und drehte mich um. Auf dem noch kalten Sand des Trainingsplatzes stand Cassian in seiner Lederbekleidung und dehnte seine Arme.
,,Das Morgenlicht ist das Schönste.", meinte ich und zeigte ihm, wie es meinen Arm entlang tanzte. Er lächelte leicht und fuhr in seinen Dehnübungen fort. Einen Moment herrschte Schweigen zwischen uns. Er streckte seine muskulösen Arme in den Himmel bevor er begann, verschiedene Techniken zu trainieren. Ich war versucht, das Licht von mir abzulenken, dass er vergaß, dass ich hier war, aber das wäre armselig. Ich würde ja ein unverfängliches Gespräch führen können. Trotzdem sagte ich nichts, spielte mit dem Licht, während sich langsam ein Schweißfilm auf Cassians Haut bildete.
Keuchend hielt Cassian inne, seine Fäuste hielt er dennoch erhoben, bereit, jederzeit weiter zu machen. Sein Blick glitt zu mir.
,,Mareile, richtig?", fragte er dann. Ich nickte mit einem nichtssagenden Lächeln auf den Lippen. War es eine Ehre, dass er sich an meinen Namen erinnerte?
,,Du hast die ganzen Fremdlinge hier her geholt, nicht wahr?"
,,Gezwungener Maßen...", antwortete ich ausweichend.
,,Mit Fremdling bin ich dann wohl gemeint, nicht wahr?" Cassian fuhr herum und sah direkt in die goldenen Augen der Hexe, die bloß einen Finger bereit vor ihm stand. Fluchend sprang er zurück.
,,Von einem Befehlshaber über die Armeen dieses Reiches hätte ich mehr erwartet.", meinte Manon mit erhobener Braue.
,,Der Befehlshaber vergibt Unterlegenen auch manchmal ein paar Almosen.", antwortete Cassian mit einem arroganten Grinsen im Gesicht. ,,Weshalb seid ihr hier?"
Manon fuhr ihre Krallen aus und betrachtete, wie sie im Sonnenlicht glänzten, ehe sie antwortete.
,,Die kleine Frau mit den schwarzen Haaren wollte mir zeigen, wie überaus gern alle Mitglieder eures Hofes Almosen verteilen."
Cassian schnaubte bloß.
,,Wenn Ihr denkt, Ihr könnt gegen Amren gewinnen, dann seid Ihr eine wahrhaft schlechte Königin. So unwissend..."
Manon lächelte bloß und entblößte ihre spitzen Zähne.
,,Damit beeindruckt Ihr mich überhaupt nicht. Denkt Ihr, ich hätte Hilfmittel wie Krallen oder spitze Zähne nötig?"
,,Und Flügel sind akzeptabel?"
,,Absolut. Durch meine Flügel bekomme ich keinen großen Vorteil."
,,Davon abgesehen, dass Ihr damit fliegen könnt.", warf ich amüsiert ein. Manons Blick glitt zu mir.
,,Ah, die Frau, die mich hier her brachte."
,,Allmählich bin ich es leid, so bezeichnet zu werden." Meine Stimme klang fest und bestimmt, mein Rücken war kerzengerade. Manon schien wenig beeindruckt.
,,Und weshalb seid Ihr hier?", fragte sie mich stattdessen.
,,Ich liebe den Geruch von trockenem Sand und die Aussicht auf Rangkämpfe am Morgen.", meinte ich trocken.
Sie lächelte leicht. ,,Also seid Ihr wegen meines Kampfes hier?" Ich neigte meinen Kopf bestätigend.
Laute Stimmen erklangen hinter uns und ich lächelte. Anscheinend war die Lautstärke das Markenzeichen der Fremden. Wenig später kam Aelin mit Yrene, Rowan und Aedion in Sicht.
Sie erblickte und und beschleunigte ihre Schritte. Ihr goldenes Haar wehte wie ein Schleier hinter ihr, ihre Augenw aren zu Schlitzen verengt. Manon legte den Kopf schief, als die Königin in rasendem Tempo auf uns zugeschossen kam und vor Cassian hielt.
,,Du!", zischte sie und ich musste Cassian zu Gute halten, dass er nicht zurückzuckte.
,,Was habe ich getan?"
,,Du musst deine blonde Freundin im Zaum halten! Sie hat mir Lysandra und Hasar ausgespannt. Sie alle sitzen nun bei ihr und bewundern die Mode aus Velaris."
Rowan neiget seinen Kopf und versteckte sein Lächeln, tauschte einen wissenden Blick mit Aedion.
Ernst nickte Cassian.
,,So ein Vergehen ist unverzeihlich. Ich werde sie sofort zur Ordnung rufen." Knapp verneigte er sich und schwang sich in die Luft.
Blinzelnd sah Aelin zu mir.
,,Sind alle Männer aus Prythian so leicht zu lenken?" Rowan trat zu ihr und legte seine Arme um sie.
,,Sie hatten noch nie mit einem Feuerherz zu tun." Aelin lachte laut auf.
,,Das stimmt... Wahrscheinlich sind sie verweichlicht."
In diesem Moment teilte Cassian den Wind und landete mit Mor, Lysandra und Hasar im Arm direkt vor Manon. Fauchend sprang diese mit ausgefahrenen Krallen zurück.
,,Von einer Hexenkönigin hätte ich mehr erwartet", meinte Cassian und ließ die zappelnde Mor aus seinem Arm entkommen, die ihm prompt kräftig auf den Fuß trat.
,,Die Königin hat nach euch verlangt.", sagte Cassian grinsend und ignorierte die bösen Blicke, die Lysandra und Hasar ihm zuwarfen.
,,Was ist passiert? Hat Cassian euch erschreckt?", fragte ich mit einem leisen Lächeln im Gesicht.
,,Das wäre ja harmlos gewesen!", stieß Hasar durch zusammengebissene Zähne hervor.
,,Er hat Hasar in Unterwäsche aus der Kabien geholt.", fügte Mor hinzu.
,,Und er hat dafür bezahlt.", meinet Cassian und verzog das Gesicht. Zufrieden nickte Hasar und stellte sich zu Aelin.
Flügelschläge ertönten hinter uns und Rhysand erschien mit Feyre und Azriel. Sie alle landeten weich und beinahe lautlos, einzig das sanfte Rascheln ihrer Schwingen war zu hören.
,,Wir hörten, hier findet ein Duell statt?", fragte Rhysand grinsend.
,,Es würde stattfinden, bequemte sich die einzige Person, von der das Duell abhängt, hier her zu kommen." Manons Tonfall war schneidend, die Ungeduld war ihr anzusehen. Bevor Rhysand antworten konnte, rief eine ärgerliche Stimme schon aus der Ferne:
,,Ich bin ja schon da!"
Einen Moment später erschien Amren mit einem weißen Wolf hinter sich.
,,Nein!", keuchte Rowan auf, halb nach Luft schnappend, halb lachend.
Amren führte den weißen Wolf hinter sich. An einer Leine. Ich lachte atemlos, als ich sah, wie mühelos sie ihn mit ihrer kleinen Hand zum verstummen brachte. Als er nach ihr schnappen wollte, bewegte sie ihren Arm blitzschnell und zog an der Leine.
,,Amren...?", fragte Rhysand gedehnt. ,,Wie behandeln wir hier unsere Gäste?"
Sie winkte ab. ,,Er wollte in mein Apartment einbrechen." Der weiße Wolf knurrte grummelnd.
,,Hast du nichts dazu zu sagen?", fragte ich Aelin verwundert, aber sie grinste bloß.
,,Wenn er sich nicht benehmen kann, muss er eben gemaßregelt werden." Der Wolf sah sie vernichtend an.
Amren trat zu Rowan und drückte ihm die Leine in die Hand. Fenrys verwandelte sich fauchend zurück und riss die Leine von seinem Hals.
,,Möchte da jemand seine Ehre verteidigen?", fragte Cassian zuckersüß.
Abschätzend sah Fenrys ihn an, musterte die Ledermontur, die Trichtersteine an den Händen des Generals.
,,Gegen dich kämpfe ich nicht. Da ist es viel zu einfach zu gewinnen." Empört öffnete Cassian den Mund, aber Fenrys Blick war schon auf einen anderen gefallen.
,,Wie sieht es mit dir aus?"
Der Schattensänger neigte schweigend seinen Kopf und faltete seine Flügel ordentlich hinter seinem Rücken.
,,Wir kämpfen ohne Magie, nur mit unserer Kraft.", sagte er mit dunkler Stimme, die mir eine Gänsehaut verursachte. Das war der Spion des Hofes der Nacht, der Herr des Wahrsagers, Kämpfer seit Jahrhunderten.
Fenrys nickte und band seine blonden Locken zusammen.
,,Moment, wir sind die ersten!", fauchte Manon, aber Fenrys winkte bloß ab.
,,Die kleine Lady hat mir eine Leine umgelegt. Dafür kann sie einen Kampf abwarten."
Ein leises Lächeln schlich sich in Azriels Mundwinkel, während er den Ring betrat.
Es erschien mir, als hielten alle Versammelten die Luft an, als die Krieger sich gegenüber stellten. Fenrys begann, Azriel mit katzenhaften Bewegungen zu umschleichen, ein Raubtier auf dem Sprung. Sagenhaft ruhig drehte Azriel sich mit dem weißen Wolf, seine Muskeln vollkommen entspannt, sein Gesicht kalt wie die Dunkelheit. Schneller als meine Augen es erfassen konnten, sprang Fenrys auf ihn zu und holte zum Schlag aus. Azriel blockte ihn so hart, dass selbst ich den Aufprall in meinen Knochen spürte und zusammen zuckte. Die beiden Kämpfer reagierten kaum, die Konzentration auf ihren Gesichtern war zum Greifen nah. Eine Weile testeten sie einander aus, machten sich mit der Schnelligkeit, Reaktionszeit und Stärke des anderen vertraut. Und dann begann der richtige Kampf.
Ich hörte eine Melodie, als sie aufeinander einhieben, zurücksprangen, die Hiebe blockten und ausholten. Dunkle Töne, immer lauter werdend. Sie formte sich in meinem Kopf zusammen, ergaben ein Lied, das raue Schönheit und Geschmeidigkeit ausdrückte.
Keiner von beiden schien an Ausdauer zu verlieren, sie schlugen schnell und präzise.
,,Azriel hält sich zurück.", murmelte Rhysand Feyre ins Ohr und sie schmunzelte. Ein Blick zu Aelin zeigte mir, dass sie und Rowan Wetten abschlossen, wer gewinnen würde.
Gerade als Fenrys im Sprung war, drückte Azriel sich vom Boden ab, drehte sich elegant in der Luft und schlug ihm die Beine weg. Keuchend landete der weiße Wolf auf dem Boden, Azriels Knie auf seiner Kehle.
Mit großen Augen sah Fenrys zu dem Schattensänger auf, ihre Blicke verfingen sich ineinander. Einen Moment zu lang.
Azriels Wangen nahmen einen leichten Rotton an, als er sich abwandte und Fenrys stand mit einem Kopfschütteln auf. Fluchend reichte Aelin Rowan eine Münze, die dieser genüsslich lächelnd annahm. Fenrys klopfte Azriel auf die Schulter, was dieser mit einem leichten Nicken quittierte.
,,Du hast mich besiegt.", sagte Fenrys leicht ungläubig.
,,Er ist nicht umsonst Teil unseres Inneren Kreises.", sagte Rhysand mit einem breiten Grinsen. Azriel lief auf mich zu und stellte sich neben mich, die Schatten webten sich langsam schleichend um ihn.
,,So, jetzt haben die Kinder genug gespielt. Wir sind dran.", sagte Amren mit einem aufgeregten Funkeln in den Augen und trat in den Ring. Ich spürte, wie Azriel hinter mir erschauderte.
,,Jetzt könnte die Welt explodieren.", raunte er mir zu und ich lächelte leicht.
Da hatte er absolut Recht.

MareileWhere stories live. Discover now