Kapitel 24

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Kapitel 24

Ich atmete tief durch. Sein Blick ruhte auf mir, das spürte ich, aber irgendwie fand ich meinen Mut gerade nicht mehr. Bei diesem Thema, war ich sehr zurückhaltend, das wusste ich. Denn es war das einzige Thema, bei dem ich mich irgendwie hilflos fühlte und es war mir unangenehm. Plötzlich spürte, ich seine Hand unter meinem Kinn. Er hob meinen Kopf an, damit ich ihn ansehen musste. „Du kannst mit mir über alles reden", ich lächelte schwach.
„Ich weiß gar nicht, wie ich es dir sagen soll", ich sah ihn gequält an. Er musterte meine Gesicht und schien über etwas nachzudenken.
„Sag mal, kann es sein, dass du noch nie...?", ich sah ihn erst verwirrt an, bevor ich begriff, was er mich da gerade fragen wollte.
„Oh Gott nein, das ist es nicht", er nickte, sah aber jetzt irgendwie noch nachdenklicher aus.
„Was dann?", er wurde ungeduldig, ich konnte es ihm kaum verübeln, also seufzte ich noch einmal und sah ihm in die Augen.
„Ich habe nicht gerade die besten Erfahrungen gesammelt oder wohl eher viele schlechte", er zog die Brauen zusammen.
„Was genau meinst du damit?", ich räusperte mich und strich mir nervös durch die Haare.
„Können wir nicht später darüber reden? Mir ist gerade eingefallen, dass ich Misha noch bei etwas helfen muss", ich sprang auf und wollte schon los laufen, als mich zwei Arme von hinten packten.
„Du glaubst doch wohl nicht, dass du so einfach aus der Sache heraus kommst", ich versteifte mich. Einen Versuch war es Wert gewesen. Er drehte mich zu sich herum und nahm ganz sanft mein Gesicht in seine Hände. Behutsam strich er über meine Wange und blickte mich vertrauensvoll an. „Du erzählst mir jetzt alles und keine Ausreden mehr, okay?", er sah mich abwartend an, dann nickte ich.
„Okay", wir setzten uns wieder ins Gras und so wie es aussah, musste ich da jetzt durch, auch wenn es peinlich werden würde. „Ich fange am Besten mal am Anfang an. Vor ein paar Jahren als ich bei meiner ehemaligen Firma angefangen habe, war es für mich anfangs sehr schwer, einen Platz in dieser Firma zu finden, aber ich lernte dort jemanden kennen, der wirklich nett zu mir war. Er half mir bei meinen Aufgaben und erklärte mir die wichtigen Abläufe. Nach ein paar Wochen sind wir das erste Mal ausgegangen und es lief wirklich gut. Wir sind uns näher gekommen und ich dachte er wäre mein Traummann, aber da hatte ich mich schwer getäuscht...", ich hielt inne und beobachtete Rhys' Reaktion, aber er sah mich nur mit diesem ernsten Blick an.
„Erzähl weiter", ich atmete tief ein und aus und fuhr fort.
„Ich habe meinen Fehler erst bemerkt, als er seine Fangzähne in meinen Hals gebohrt hatte. Natürlich habe ich Panik bekommen und wollte ihn von mir stoßen und ihn aus meiner Wohnung schmeißen, aber gegen einen Vampir, hab ich nun mal keine Chance gehabt. Er hat zu meinem Boss gehört und so wussten am nächsten Tag natürlich alle bescheid. Es war wirklich demütigend und so nahm das Ganze seinen Lauf. Ich musste ihnen ständig als Blutbank zur Verfügung stehen und sie wollten mich überall beißen. Es war schrecklich", ich senkte meinen Blick und spürte kurz darauf, wie Rhys seine Arme fest um mich schlang und mich an seine Brust drückte. Ich krallte mich an ihn und versuchte meine aufkommenden Tränen zurück zu halten.
„Jetzt verstehe ich endlich warum du so einen Hass gegenüber allem Übernatürlichen hattest, aber ich verspreche dir, dass dir niemand mehr etwas antun wird, dafür werde ich sorgen", es tat mehr als gut, das endlich jemand erzählt zu haben, auch wenn ich eine Kleinigkeit ausgelassen hatte. Der Vampir hatte mir nämlich nicht nur in den Hals gebissen, aber das konnte ich Rhys unmöglich erzählen. Er sah jetzt schon so wütend aus. Also konnte das auch noch warten. Für mich war es jedenfalls schon ein großer Schritt gewesen, ihm dieses dunkle Kapitel aus meiner Vergangenheit anzuvertrauen und die andere Sache würde ich früher oder später auch noch erzählen können.
Wir saßen noch eine Zeit lang am See, aber irgendwann hatte mein Magen geknurrt und so machten wir uns auf zur Küche.
„Was möchtest du?", ich sah an Rhys vorbei in den Kühlschrank.
„Da drin ist ja nur Fleisch!", ich sah Rhys enttäuscht an. Er lachte bei meinem Gesichtsausdruck.
„Wir sind Werwölfe und wir lieben Fleisch"
„Ja, das ist nicht zu übersehen", sagte ich schmunzelnd. „Also ich verzichte. Mir ist Toastbrot lieber", ich wandte mich um. Kurze Zeit später saßen wir am Esstisch, aber die Stille hielt nicht lange. Ich hörte Misha meinen Namen schreien und sah Rhys fragend an. Er zuckte nur mit den Schultern und kaute weiter an seinem Steak. Dann kam auch schon Misha in die Küche gestürmt.
„Da bist du ja! Ich hab dich überall gesucht!", sie stemmte ihre Hände in die Hüfte und sah mich tadelnd an. Ich konnte nur grinsen.
„Was gibt es denn so wichtiges?", sie sah mich mit einem Blick an, der die pure Unglaubwürdigkeit darstellte.
„Hast du etwa nicht mitbekommen, dass morgen die Zeremonie stattfindet?"
„Doch, schon, wieso?", ich biss von meinem Toast ab und sah sie fragend an.
„Ich glaub es nicht! Was wolltest du denn anziehen?", ich schluckte mein Essen herunter und warf einen Blick auf meine Klamotten, dann sah ich wieder Misha an.
„Oh nein! Auf gar keinen Fall!", sie kam zu mir gestapft, schnappte sich meinen Teller und meinen Arm und zog mich mit sich. Sie wandte sich an Rhys. „Du bekommst sie später wieder!", Rhys konnte uns nur noch verblüfft hinterher starren.

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