31

697 20 0
                                    

"Hast du alles?"
Meine Mom nickt und reicht mir, wie voraussichtlich die nächsten Sonntage eine große Reisetasche mit den Sachen für meinen Dad. Er hat die letzten 4 Wochen enorme Fortschritte gemacht und verbringt aufgrund seiner ambulanten Reha viel Zeit Zuhause.

"Sicher, dass ich nicht mitkommen soll?", fragt sie erneut und reicht mir meinen Kaffee.
"Mom, es ist alles gut. Ich fahre ihn wieder ins Krankenhaus, dort wird seine Behandlung fortgeführt. Du gehst morgen doch sowieso zu ihm oder? Dann kannst du dich etwas erholen."

"AAAAAAA!"
Mein Vater schreit ganz laut, sodass nicht nur mir, sondern bestimmt auch meiner Mutter das Herz kurz stehen bleibt.
Gerade so rette ich noch meine Kaffeetasse, bevor sie klirrend auf dem Boden zerspringt. Dann folge ich meiner Mutter ins Wohnzimmer, wo mein Vater entspannt in seinem Sessel liegt.

"Was ist denn in euch gefahren?", fragt er ganz gelassen.
Meine Mutter schaut zu mir rüber und runzelte die Stirn.
"Du hast doch gerade geschrien. Was ist passiert? Hast du dir wehgetan? Hast du Schmerzen? Fehlt dir was?"
Mein Dad schüttelt amüsiert den Kopf und dann verfinstert sich sein Blick.
"Schon wieder! Aaaaaaaa! Diese Gerade ist viel zu kurz!"
Dann wird mir klar was ihn aufregt. Er verfolgt das Rennen und offenbar ist das aufregend. Meine Mutter verdreht die Augen und geht zurück in die Küche. Mein Vater nickt mit dem Kopf, dass ich mich zu ihm setzten soll. Jetzt sehe ich es auch. Lewis jagt gerade Valtteri und immer wieder nah dran ihn zu überholen. Es macht mich glücklich, dass mein Vater meinen Freund anfeuert.
Das ist wirklich süß.

"Er scheint gut klarzukommen, obwohl du nicht da bist.", bemerkt er.
"Er ist gut genug das fehlende Training auszugleichen, aber auf Dauer ist das kein Zustand."
"Du solltest wieder arbeiten, Liebes. Mir geht's gut."
"Nein. Ich habe mir freigenommen, bis du wieder einigermaßen fit bist. Dabei bleibt es auch."

Ich muss mich dringend um einen Ersatz kümmern, denn Lewis hatte mehr als deutlich gemacht, dass er keinen Ersatz wolle. Da Angela die einzige ist, die er nicht sofort vergraulen würde, beschließe ich sie später anzurufen.
Ich schaue das Rennen noch zu Ende und beobachte, wie Lewis sich bei den Interviews verhält. Besorgt stelle ich dann fest, dass er müde wirkt. Ich muss auch mit ihm nochmal sprechen, dass das mit dem hin und her Fliegen nicht mehr so weitergehen kann. Bisher ist er immer nach dem Rennen zu uns geflogen, hat hier geholfen, ist zwei Tage später zur Teambesprechung geflogen und dann wieder zurück, bevor er dann Mittwoch Abend zum Rennwochenende abgedüst ist. Das ist kein Zustand und das kann ich ihm nicht länger zumuten.

Ich beschließe auch mit ihm zu sprechen, aber zuerst fahre ich meinen Vater zurück ins Krankenhaus, wo er seine Behandlung dann morgen früh weiterführen kann.

Between two Souls  || LHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt