26. Krieger des Frankenreiches

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"Du warst mal ein Teil von mir, aber jetzt nicht mehr."

Ubbe verließ Ivar, "Es war alles Zeitverschwendung..."

"Im Gegenteil, ihr könnt uns jetzt Kattegat lassen.", Ivar lachte übermütig, "Ihr habt doch gesagt wie schlimm das Gemetzel sein wird. Ihr wollt doch eine Schlacht verhindern?"

Björn und Ubbe zogen ihre Schwerter und gingen auf Ivar zu, Halfdan tat es ihnen gleich.

Ich stellte mich mit gezogenem Schwert zu Ivar und sah Ubbe in die Augen, doch dieser wurde von Lagertha aufgehalten.
Ivar hatte seine Axt gezogen und sah Lagertha an, "Nein, nicht jetzt.", flüsterte sie.
Unsere Feinde drehten sich um und machten sich davon.
Ivar drehte sich ebenfalls um, ich folgte ihm.
Dafür, dass er ein Krüppel war hatte er ein ganz schönes Tempo drauf.

Bis zum Lager verloren Hvitserk und ich kein Wort.
"Meine geliebten Geschwister, meine einzigen Geschwister, wir werden gegen Ubbe in die Schlacht ziehen und wir werden siegen. Wir holen uns Kattegat."
Ich schüttete uns Met in Becher und übergab sie meinen Brüdern, "Auf unseren Sieg, meine Brüder."
"Skål."

Ivar besprach mit uns und einigen Männern seinen Schlachtplan.
Er war lange am Hadern, ob ich mit Hvitserk an meiner Seite kämpfen werde oder alleine in die Schlacht ziehen sollte.
"Wir wissen alle, was in England passiert ist. Und das nicht nur einmal.", er sah auf mein verheiltes Bein.

"Ich habe bis in die Nacht mit Hvitserk trainiert, doch es ist deine Entscheidung, ob ich alleine kämpfe oder nicht, Ivar."

Am nächsten Morgen war es soweit.
Ich stand meinen zwei ältesten Brüdern in der Schlacht gegenüber.
Ich wusste nicht, ob Ubbe mich erschlagen würde, wenn er mich zu fassen bekommt, doch soweit konnte und wollte ich noch gar nicht denken.

"Sie werden unsere Schiffe angreifen wollen, wir sollten einige Männer durch den Wald schicken, um sie abzufangen. Hvitserk.", Ivar sah zu unserem Bruder, er nickte.
Ich stieg auf Ivars Wagen. Hvitserk lief neben uns her und führte die Männer an den Waldrand.
Ich blieb mit Ivar zurück, er lauschte den Geräuschen vom Schlachtfeld.
"Ivar, ich glaube sie brauchen uns.", flüsterte ich.
Er schüttelte mit dem Kopf, "Das ist nun zu spät."
Ich stand wieder schweigend neben ihm, bis König Harald, mit seinen Männern vom Schlachtfeld angelaufen kam, sie flohen, "Die Schlacht ist verloren.", rief er, während er an uns vorbei lief.
Hvitserk kam ebenfalls außer Atem angelaufen und sprang zu Ivar auf den Wagen.
Wir fuhren zurück in unser Lager und machten uns von dort aus sofort auf den Weg zu unseren Schiffen.

Ich wusste gar nicht mehr, wie mir geschah, ich war verwirrt, wieso passierte uns so etwas?

Im Königreich von König Harald setzten wir uns in seine große Halle.
Ivar legte sich auf eine Bank, er tat als wäre die Niederlage niemals passiert.

"Deine Gerissenheit hat dir dieses Mal nicht geholfen, Ivar.", König Harald kam auf Ivar zu, "Wir waren im Vorteil und haben verloren."

Ich sah auf, denn mich interessierte, warum dies nun geschehen war.

"Wenn ich mich recht entsinne wart ihr mit all dem einverstanden."

Ich sah verwirrt auf. All dem?

"Bis zu jenem Zeitpunkt konnte man sich auf deine Pläne verlassen. Ich hatte an dich geglaubt."

"Hm.", entgegnete Ivar gleichgültig, "Tut, was ihr für angebracht haltet."

Nun herrschte Stille. Hvitserk sah auf, als hätte er eine Idee, "Onkel Rollo hat mir einst gesagt, dass wenn ich seine Unterstützung benötige, ihn nur fragen solle."

Ich grinste. Ich stellte mir vor meinen Onkel Rollo endlich mal kennenzulernen. Ich hörte immer nur Geschichten und wusste, dass er im Frankenreich war.

"Du brichst morgen früh bei Sonnenaufgang auf.", sagte Ivar, der immer noch auf der Bank lag.

"Ich werde mit ihm kommen.", sagte ich begeistert.

"Nein, das wirst du nicht.", Ivar starrte vor sich hin und klang desinteressiert.

"Aber Ivar, ich möchte das Frankenreich sehen.", widersprach ich meinem Bruder.

"Wir machen keine Pläne, damit ihr das Frankenreich sehen könnt. Wir brauchen eine große Streitmacht."

Ich seufzte laut, "Ich lege mich schlafen.", murmelte ich leise und begab mich an meinen vorübergehenden Schlafplatz.

Es verging viel Zeit, bis Hvitserk mit den Kriegern unseres Onkels zurückkam. Viel Zeit, in der Ivar und ich stritten, ernste Gespräche führten, aber auch gemeinsam lachten.

Als die Sonne hoch am Himmel stand tauchten endlich Schiffe auf.
Wir versammelten uns alle am Meer und hießen die Krieger willkommen.

Hvitserk kam stolz zu Ivar und mir.
Es wurden immer mehr und mehr Männer, mit so vielen Kriegern hatte wohl niemand gerechnet.
Wir grinsten uns an, denn wir wussten, dass der Sieg unser sein würde.

"Aber Hvitserk, wo ist unser Onkel?", fragte ich enttäuscht.

"Er konnte nicht mitkommen. Er hat viele Aufgaben.", Hvitserk lachte und legte mir tröstend eine Hand auf den Kopf, "Aber er sagte, er würde herkommen, um mit uns zu feiern. Doch er hat um eine Sache gebeten."
Ivar blickte auf, "Und Die wäre?"

"Wir sollen Björns Leben verschonen."

Ivar setzte sein falsches Lächeln auf, "Vielleicht machen wir das."

"Das bringt unseren Plan durcheinander. Doch wir sollten uns froh schätzen, dass er uns seine Krieger geschickt hat.", sagte ich ernst.

Am nächsten Abend tauchte Björn in König Haralds Dorf auf.
Obwohl er unser Feind war, würde er anständig in Empfang genommen. Ihm wurde Essen und Trinken gebracht.
"Wo ist unser Onkel Rollo?", fragend sah er Hvitserk an.

"Er lässt dich grüßen, Eisenseite. Er hofft, dass du nicht gegen seine Soldaten kämpfen willst."

"Warum hat er sie euch dann geschickt?"

"Ich kann es dir sagen.", mischte Ivar sich ein, "Er hält uns für gerecht und wollte uns unterstützen. Sie hat unsere Mutter getötet und unser Reich an sich gerissen."

"Das ist lange her, Ivar.", Björn klang genervt.

"Ich will Rache für den Tod unserer Mutter. Und ich denke, dass du es auch wollen würdest, wenn du an meiner Stelle wärst."

"Um unseres Vaters Willen, für ihn und für alles, woran er glaubte, bitte ich dich, opfer nicht das Leben derer, die zu unserem Volk gehören."

Ivar sah nachdenklich zu Boden, doch er wäre nicht Ivar, wenn er sich durch solche Worte von seinem Willen abwenden würde.

"Du sagst das, weil du all die Macht siehst, die dir entgegensteht. Wenn du glauben würdest, dass du gewinnen könntest wärst du nicht hier Björn.", Ivar klang überlegen, doch er hatte Recht, "Du fürchtest dich."

"Ich fürchte mich nicht, ändert gar nichts."

Fassungslos schüttelte Ivar mit dem Kopf, "Na dann.", er hob kurz seine Hand und die Wachen gingen abrupt auf Björn zu.

Entsetzt stand König Harald auf, "Du weißt, dass wir Dinge hier nicht so handhaben.", er zeigte auf Ivar, "So etwas tun wir nicht.", sagte er zu den Wachen.

"Doch es war einen Versuch wert.", Ivar nickte trotzig und rief die Wachen zurück.

Ich nickte Ivar kurz zu und verließ die Halle.
Ich wollte klare Gedanken fassen.
Doch dazu kam ich nicht, denn Björn schien uns verlassen zu wollen.
Er stellte sich neben mich und sah auf das Meer hinaus, "Bist du dir sicher, dass du für Ivar kämpfst?"
Ich sah einen Moment schweigend aufs Meer, "Ich bin mir sicher, Björn. Ivar und ich sind unzertrennlich. Ich weiß, dass es für dich und Ubbe unbegreiflich ist."

Björn legte mir seine Hand auf die Schulter, "Wir hätten dich gerne an unserer Seite gehabt. Dich und Hvitserk."
Ich spürte, wie sich langsam seine Hand von meiner Schulter hob und Björn verschwand.

Er ist mein BruderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt