Kapitel 6

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Ich hatte mir den ganzen restlichen Tag den Kopf über Hedwigs zerbrochen, das Bild des Prinzen hatte ich zwar fertiggestellt, doch unsere Unterhaltung hatten wir nicht fortgeführt.
Hedwig war mir beim Anziehen für das Dinner behilflich. Sie machte mir zu meinem verspielten, dunkelgrünen Ballkleid einen Kranz am Hinterkopf.
„Hedwig, sie haben meiner Vermutung nach nur mir von dieser Sache erzählt oder?"
Wir blickten uns im Spiegel an. Hedwig nickte still, sie schaute ein wenig verunsichert.
„Ich bin mir im Klaren , dass sie wahrscheinlich absichtlich nur mir diese Sache offenbart haben, doch ich bin mir sicher das der Prinz sich mit diesem Thema ebenfalls auseinander setzen sollte."
„Me Lady ich weiß ich sollte mit ihm sprechen doch ich möchte lieber nichts riskieren."
„Ich werde ihn überzeugen. Verlassen sie sich darauf. Haben sie keine Angst."
Ich lächelte ihr aufmunternd zu. Sie wirkte unsicher nickte aber dennoch.
Hedwig beendete ihr Werk. Ich erhob mich langsam. Eilig machte ich mich auf den Weg in den Speisesaal. Der Prinz erwartete mich bereits, er erhob sich. Er lächelte vielsagend.
„Guten Abend Lady Lucy."
„Guten Abend Prinz Leopold."
Wir setzen uns an den den Tisch.
„Ich weiß diese Frage mag nicht ganz schicklich sein, doch was ist heute Vormittag geschehen, dass sie so still und bedrückt wurden?", die Stimme des Prinzen klang besorgt.
„Ich kann ihnen versichern das es mir gut geht. Außerdem kann ich ihnen nun endlich erklären was mich so sehr bedrückt hat. Sie kennen doch meine Zofe Hedwig, sie erwartet ein Kind, ich bin der Meinung sie sollte ihre Stelle sicher haben. Sie ist mir gegenüber sehr loyal. ...",Ich war so aufgeregt das ich immer schneller sprach.
„Beruhigen sie sich. Natürlich darf sie bleiben. Wenn sie kurz vor der Entbindung steht bekommen sie einfach eine andere Zofe. Nun da das geklärt wäre können wir uns ja schöneren Dingen zuwenden."
Unsere Teller waren leer. Ich war satt, ich nickte zustimmend. Der Prinz erhob sich und ging auf mich zu. Er bot mir seinen Arm an. Ich stand ebenfalls auf und nahm seinen Arm mit einem dankbaren Lächeln an. Langsam schritten wir zum Ballsaal. Wir unterhielten uns nicht. Ich genoss einfach nur seine Gesellschaft.Ich liebte es wenn er sich sorgen um mich machte, doch jetzt wirkte er sehr erleichtert. Kaum betraten wir den Ballsaal begann auch schon die Musik zu spielen. Leopold legte behutsam seine Hand um meine Taille. Wir begannen langsam zu tanzen. Wir drehen uns elegant durch den ganzen Raum. Die Musik trägt mich mit sich fort. Ich rieche den süßen Duft des Prinzen. Während er mich sanft durch den Saal führt, schließe ich meine Augen. An den Stellen an denen seine Hände meinen Körper berührten kribbelt meine Haut. Behutsam lässt Leopold mich zwischen seinen hin und her gleiten. Mein Herz schlug schneller.. Irgendwann hörte die Musik auf zu spielen. Doch wir tanzten einfach weiter. Ich weiß nicht wie lange wir so tanzten. Aber es fühlte sich nur an wie Sekunden. Als der Prinz plötzlich stehen blieb.
„Es ist schon spät Lady Lucy. Wir sollten zu Bett gehen." Ich schüttelte langsam den Kopf.
„Ich bitte sie Prinz Leopold, lassen sie uns noch irgendetwas unternehmen. Ich möchte noch nicht schlafen."
„Na schön folgen sie mir."
Er bot mir erneut seinen Arm an. Leopold führte mich die Stufen hinunter. In die Bibliothek. In de Bibliothek gingen wir durch eine Glastür.Der Himmel war Sternen klar, er brachte mich zu einer Stelle hinter dem Schloss. Mir kam es so vor als wäre das die einzige Stelle auf dem ganzen Anwesen, an welcher man nicht beobachtet werden konnte. Ich sah in den Himmel. Die Sterne leuchteten hell. Sie erinnerten mich an meinen Vater und wie wir immer gemeinsam unter dem Sternenhimmel über die Zukunft gesprochen haben. Er hatte dann immer gesagt: 'Egal was passiert die Sterne sind immer für dich da.' Bei diesem Gedanken rann mir eine einzelne Träne über die Wangen. Ohne ein einziges Geräusch tropfte sie auf den Boden. Ich drehte mich zu Leopold.
„Hier ist es wunderschön.",stellte ich beeindruckt fest.
Der Prinz nickte nur. Vorsichtig trat er einen Schritt auf mich zu. Er legt behutsam seine Hand um meine Taille. Langsam zog er mich ein Stück näher an sich ran. Auch seine zweite Hand ruhte jetzt auf meiner Taille. Plötzlich beugte er sich zu mir herunter. Er presste seine Lippen auf meine. Er küsste mich. Geschockt stand ich da. Seine Lippen lagen auf meinen. Er küsst mich, dachte ich nur. Leopold war wohl erzogen und kam aus gutem Haus, wenn er mich küsste gab es nur zwei Möglichkeiten. 1. Er liebt mich. Oder 2. Ich bin seine Mätresse. Da ich mir sicher bin, dass ich wüsste wenn Punkt 2 der Fall wäre, muss es bedeuten, dass er mich liebte. Er liebt mich!!! Ich entspannte mich. Ich schlang meine Arme um Leopolds Hals. Ich erwiderte seine Küsse fordernd. Immer wieder schoss mir durch den Kopf dass er mich liebt. In diesem Moment bemerkte ich das ich ihn auch liebe. Ich erwiderte seinen Kuss. Mein Herz schlug so schnell, dass ich meinen Puls in meinen Adern spüren konnte. Mein Atem ging flacher. Ich spürte, dass seine Zunge mit der meinen spielte. Unsere Zungen tanzten ihren ganz eigenen Tanz. Schwungvoll schlang ich meine Arme um seinen Hals, damit ich mehr Halt fand. Er zog mich noch ein kleines Stück näher an sich. Jetzt waren unsere Körper so eng aneinander, dass sie sich beinahe berührten. Für mich hätte dieser Moment nie enden dürfen. Eine sehr lange Zeit standen wir nur da und erwiderten gegenseitig unsere Küsse. Auf einmal lies Leopold meine Hüfte los. Er riss seinen Kopf von dem meinen los, drehte sich um und ging. Mit schnellen Schritten lief er zurück ins Schloss. Geschockt schaute ich ihm nach. Weshalb hatte er das getan? War ich vielleicht doch bedeutungslos für ihn? Doch wenn er mich nicht liebte, weshalb hatte er mich dann geküsst? Wahrscheinlich hatte er bemerkt, dass es ein Fehler gewesen war mich zu küssen, denn es würde bedeuten, dass er mich heiraten müsste. War es möglich, dass er mich nur ausgenutzt hatte? Ich stand allein im Dunkeln. Langsam hob ich meinen Kopf, um die Sterne zu betrachten. Was würde mein Vater mir nun raten? Was sollte ich nur tun? Langsam rann mir eine Träne über die linke Wange, danach eine über die rechte Wange. Geräuschlos tropften sie auf das Gras. Immer mehr Tränen strömten meine Wangen hinunter. Mein Brustkorb bebte vor Trauer. Ich schluchzte leise. Ich versuchte um Hilfe zu rufen, da ich keine Ahnung hatte, wie ich wieder zurück ins Schloss finden sollte. Doch meine Stimme versagte. Ich weinte leise, ohne auch nur einen einzelnen Laut von mir zu geben. Mein Vater hatte mir beigebracht, dass man in der Öffentlichkeit immer fröhlich wirken musste. Wenn man weinte, musste man dies so leise tun, dass es niemand bemerkte. Meine Beine begannen zu zittern. Ich fühlte mich schwach. Meine Knie wurden weich. Plötzlich gaben sie unter mir nach. Ich landete sanft im kalten Gras. Unaufhörlich strömten mir die Tränen über die Wangen. Ich war so sehr auf meinen Schmerz konzentriert, dass ich nicht bemerkte wie plötzlich jemand hinter mir auftauchte. Die Person räusperte sich. Ich drehte mich langsam um. Doch ich konnte das Gesicht der Person nicht erkennen. Die Person beugte sich zu mir herunter. Endlich konnte ich sein Gesicht erkennen.
„Me Lady, sie sollten sich ins Schloss begeben. Es ist sehr kalt heute Nacht." erklärte Gottfried. Er half mir auf. Gottfried geleitete mich ins Schloss. Als wir durch die Tür traten, stürmte Hedwig auf uns zu.
„Geht es ihnen gut?", rief sie mir entgegen hysterisch entgegen.
Ich nickte schwach. Hedwig fiel sofort auf, dass etwas nicht in Ordnung war.
„Überlassen sie sie mir, Gottfried."
„Aber ich soll sie auf ihr Zimmer geleiten, Anweisung des Prinzens."
Ich riss mich los. Der Prinz sollte erfahren wie enttäuscht ich von ihm war. Mit wackligen Schritten, die denen eines kleinen Kindes ähnelten, lief ich auf Hedwig zu. Meine Zofe streckte mir beide Arme entgegen. Erneut spürte ich meine Beine, dass meine Beine unter mir nachgaben. Hedwig fing meinen Sturz gerade noch rechtzeitig ab. Sanft landete ich in ihren Armen.
„Kommt ich bringe sie fort von hier." Während Hedwig sprach half sie mir wieder auf die Beine. Sie stützte mich, als wir die Treppen zu meinem Zimmer hinauf stiegen. Langsam tapste ich den Flur entlang. Sobald ich mich in meinem Zimmer befand, fiel ich aufs Bett. Der Schmerz der Einsamkeit überkam mich. Ich schrie. Der Ganze Raum erzitterte. Beruhigend legte Hedwig mir die Hand auf die Schulter. Doch mein Schrei verstummte nicht. Es war ein Fehler gewesen ihn zu lieben. Doch es war alles so schnell gegangen. Er war so höflich gewesen. Mein Vater war gerade ums Leben gekommen,ich brauchte jemanden dem ich Vertrauen konnte, jemanden der mich liebte. Ich hatte geglaubt in ihm diese Person gefunden zu haben. Aber es war ein Fehler gewesen.Vielleicht sollte ich nach Hause fahren. Ich würde einfach so tun als wäre nichts geschehen, oder mich hier einschließen. Hedwig würde mich mit allen Notwendigen dingen versorgen. Langsam wurde mein Trauerschrei schwächen. Nun klang meine Stimme zerbrechlicher. Plötzlich klopfte es. Ich verstummte.
„Lady Lucy, hier ist Prinz Leopold. Ich kann verstehen wenn ihr mich im Moment nicht empfangen möchtet. Aber mir ist es wichtig, dass ihr wisst das es mir aufrichtig Leid tut. Ich hatte nicht vor euch zu verletzen. Bitte verzeiht mir. Mir ist durchaus bewusst, dass es viel verlangt ist. Doch ihr seit mir wichtig. Diese Sache... ich habe lange darüber nach gesonnen, in welcher Weise und zu welcher Zeit ich es tun soll..."
„Aus welchem Grund sind sie dann davon gelaufen?",unterbrach ich ihn.
„Ich war nur überrascht von meinem...äh...Mut?Um ehrlich zu sein komme ich nicht mit meinen Empfindungen ihnen gegenüber klar. Dürfte ich bitte eintreten?", fragte der Prinz verunsichert.
Ich antwortete nicht.
„Bitte Lady Lucy.", ich hörte wie brüchig seine Stimme war. Er klopfte erneut. Aus irgend einem Grund Tat er mir Leid. Ich nickt Hedwig zu, welche die sofort öffnete. Kaum war der Prinz eingetreten,verließ sie den Raum.Trotz seiner gefassten Haltung, spürte ich wie sehr ihn meine abweisende Verhalten verletzte. Es bestand aber eine geringe Chance, dass ich mir dies nur einbildete. Der Prinz lies sich auf einem Sessel gegenüber des Bettes nieder. Um die Wut zu unterdrücken, vergruben sich meine Finger in der Bettdecke. Im gleichen Moment spürte ich, wie mir langsam eine Träne über sie Wange lief. Mit einem leisen Platschen tropfte sie auf den Stoff meiner Bettdecke. Ich atmete tief durch. Ich durfte nicht in Tränen ausbrechen.
„Was ist den?", zischte ich ihn an.
Er blickte mir entsetzt in die Augen.
„Ich weiß, dass es die Situation nicht verändert, aber es existiert eine Legende, welche nur mündlich von Neuhoff zu Neuhoff überliefert wird. Sie wurde niemals niedergeschrieben. Und das wird auch so bleiben. Doch ich bin davon überzeugt, dass ihr sie erfahren solltet."
„Nein, ich möchte keine Legenden hören. Ich will ein Erklärung für all die seltsamen Dinge die hier vorgehen! Ich benötige Antworten! Jemanden der mir hilf alles endlich zu verstehen. Ich will alles wissen was ich von euch erfahren kann. Bitte teilt euer Wissen mit mir."
Der Prinz nickte verwirrt. Er erhob sich von seinem Stuhl, langsam bewegte er sich auf das Bett zu. Vorsichtig lies er sich neben mir nieder. Leopold griff nach meiner Hand, doch ich zog sie weg. Meine Reaktion verunsicherte ihn. Er versuchte vergebens seine Unsicherheit zu überspielen.
„Na schön was wollt ihr von mir erfahren?", fragte er sichtlich interessiert.
„1. Wie ist es möglich, dass ihr noch so jung seit?",wollte ich zu Anfang wissen.
„Die Antwort auf diese Frage ist einfach. Mit 17 Jahren starb ich an einer Grippe."
Ich blickte ihn prüfend an.
„Aus welchem Grund sind in diesem Schloss nur sie und die Angestellten ihrer Zeit zu sehen?"
„Sobald ein Neuhoff in diesem Schloss ums Leben kommt löst er die vorhergehende Generation ab. Er und die Angestellten seiner Zeit befinden sich nun so lange in diesem Schloss bis die nächste Person der Neuhoffs hier stirbt."
Während der Prinz sprach rückte er immer näher zu mir heran. Als er geendet hatte saß er dicht neben mir. Er griff erneut nach meiner Hand, dieses Mal überließ ich sie ihm wieder willig. Seine Hand war schwitzig.
„Bitte...bitte verzeiht mir.", seine Stimme zitterte in seinem Blick lag ehrliches Bedauern. Es tat ihm wirklich Leid. Ich war immer noch verletzt. Außerdem lag mir noch eine Frage brennend auf der Zunge.
„Bitte...ich...ich mag euch sehr.",stammelte der Prinz.
Was sollte ich nur tun? Ich mochte den Prinzen mehr als mir lieb war. Doch wusste das ich nicht noch einmal einen solchen Schmerz verkraften würde. Zaghaft nickte ich.
„Doch versprecht mir mich niemals wieder in einer solchen Weise zu verletzen.",bat ich. Leopold nickte lächelnd.
„Lady Lucy, ich werde sie jetzt verlassen. Sie sollten schlafen. Gute Nacht.",wollte sich der Prinz verabschieden.
„Wartet! Eine Frage brennt mir noch auf der Zunge. Weshalb haben sie mich erwartet?"
„Me Lady, als ihre Eltern uns verließen hofften wir einzig und allein, dass sie gesund wieder zu uns zurückkehren und ihren Fehler einsehen würden.",erklärte der Prinz.
„Welchen Fehler?",fragte ich weiter.
„Morgen Lady Lucy morgen."
In diesem Moment spürte ich, dass er mich beschützen würde. Leise schlich er aus dem Zimmer. Wenige Minuten später trat Hedwig ein. Sie half mir mich umzukleiden. Ich legte mich unter die Bettdecke. Seine Erklärungen und Entschuldigen hatten meine Wut geschwächt. Doch ausgelöscht war sie noch nicht. Ich nahm mir vor morgen in meinem Zimmer zu bleiben. Ich wollte erfahren, wie sehr mich der Prinz tatsächlich brauchte. Aus diesem Grund wünschte ich mir, dass er mich vermissen würde. Die Ereignisse des heutigen Tages hatten mich so sehr aufgewühlt, dass es mir schwerfiel einzuschlafen. Um alles zu verarbeiten, erlebte ich jeden Moment des heutigen Tages erneut. Beim Gedanken an unseren heutigen Kuss verspürte ich ein kribbeln auf meiner Haut. Auch wenn mich dieser Gedanke glücklich machte liefen mir langsam Tränen über die Wangen. Leise tropften sie auf mein Kopfkissen. Eine ganze Weil weinte ich einfach. Irgendwann endete der Fluss meiner Tränen. Mein Gesicht war nass und mein Kopfkissen leicht aufgeweicht. Mein Atem bebte. Ich begann über meine Zukunft nachzudenken. Würden Leopold und ich eine gemeinsame Zukunft haben? Würde er morgen versuchen mich zu sehen? Plötzlich stieg der Wunsch in mir auf, sobald er mich morgen besucht ihn zu bitten den Tag mit mir zu verbringen. Insgeheim hoffte ich, dass er mir einen Antrag machen würde. Meine Gefühle zu ihm waren stärker als ich je zu träumen gewagt hatte. Ich stellte mir vor wie der morgige Tag verlaufen würde. Bei dem Gedanken an Leopold schlief ich ein.

Ein Blick in die VergangenheitWhere stories live. Discover now