•SIEBENUNDVIERZIG - ICH•

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Ich erkenne es plötzlich ganz klar. Nachdem ich 2 Wochen lang vergeblich mir Vorwürfe gemacht hatte und nach der Antwort dieser einen Frage gesucht hatte, fällt es mir wie Schuppen von den Augen.

Hier passt der Satz: «Sobald du die Antwort hast, ändert sich die Frage», wie die Faust aufs Auge. Erst jetzt verstehe ich die wahre Bedeutung dahinter. Und ja, dieser Satz habe ich verfasst und wenn ich mehr darüber nachdenke, schmerzt er. Hinter den einzelnen Buchstaben steckt Schmerz, höllischer Schmerz.

Jetzt erst wird mir so Manches verständlich, was mir in der Vergangenheit dunkel war.

Seine Gründe waren edler Natur, denn er wollte mich vor Herzschmerz schützen. Louis wollte mir diesen elenden Schmerz von Trauer, Verlust und gebrochenem Herz ersparen.

Aber dafür hätte er nicht so ein Arsch sein müssen, sondern es einfach erklären können. Wenigstens ansatzweise!

Clarys Handy klingelt erneut. Aber als es überhaupt nicht aufhört zu klingeln, holt sie ihr Telefon aus der Handtasche.

«Bitte entschuldige!» Jemand, der wohl auf sie wartet, ist am anderen Ende. Währendem Clary am Telefon ist, lasse ich ihr nochmals eine Tasse Kaffee raus.

Sobald ich wieder meine Gedanken schweifen lasse, sind sie bei ihm. Bei Louis, mein Herz Dieb. Ich kann ihn nicht aus dem Kopf bekommen. Kein Mensch auf der Welt hat mich so verzaubert wie er. Mein Herz klopft mit stürmischen Schlägen. Ich muss ihn wiedersehen und wenn es geht, so schnell wie möglich!

Clary kehrt zurück und sieht mich an.

Ihr Gesichtsausdruck ist ängstlich, ihre Haut ist weiss wie meine Küchenwände.

«Was ist los?», will ich schliesslich wissen. Eine Frage, die ich gestellt habe, obwohl es mir selbst Angst bereitet, die Antwort zu erfahren.

«Ich muss sofort ins Krankenhaus...»schluchzt sie.

«Ist... es wegen Lou-is?»

Ich ringe nach Worten, die ich nicht finden kann. Für einen Moment wird es still. Keiner von uns sagt etwas, wir schauen es einfach nur an. Ich habe mich nicht einmal von ihm verabschieden können.

Wenigstens mit Adieu, tschüss, ciao oder auf Wiedersehen. Unglaublich, dass sich viele von uns am Morgen mit solchen oder ähnlichen Wörtern von ihren Liebsten oder am Abend, von den ArbeitskollegInnen, bevor es wieder nach Hause geht, verabschieden. Tagtäglich verabschieden wir uns verbal oder nonverbal, bewusst oder unbewusst von Menschen, Situationen, vertrautem oder auch Fremden.

Sich verabschieden kennt viele Formen, die meist sehr persönlich geprägt sind.

Seine Worte «Ich... versuche, dich vor mir zu schützen. du sollst mich hassen» sollte mein, unser Abschied gewesen sein.

Verdammt nochmals, Louis! Meine Gefühle für dich sind da. Sie brennen in mir. Ich weiss nicht, woher sie herkommen. Aber ich weiss nur eines, dass diese mich auffressen, wenn sie in mir gefangen bleiben und du nicht bei mir bist... Bitte! Lass mich nicht im Stich!

Lass, dass nicht unser Abschied sein.

Ich will dich nicht verlieren, nicht nochmals! Die 2 Wochen ohne dich haben mir genügt, um mir selbst einzugestehen, dass zwischen uns etwas ist. Etwas, dass niemand mit unzähligen Worten beschreiben kann. Vielleicht genügen die mal die Buchstaben L-I-E-B-E?

Clary kann sich einen Moment fassen und nickt langsam. «Ja, es ist wegen Louis.», antwortet sie mir und schluckt dabei schwer.

«Ich muss jetzt ins Krankenhaus fahren...»

Mechanisch räumt sie ihre Sachen zusammen und will sich auf den Weg machen.

«Darf ich mitkommen?»

Sie nickt und wir beiden verlassen in Windeseile meine Wohnung.

BEFORE YOU SAY GOODBYE | 🇩🇪Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt