Kapitel 18

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Auch die schönsten Ferien hatten irgendwann einmal ihr Ende- So, wie auch diese.

Nachdem wir die restlichen Tage in vollkommener Zweisamkeit mit kochen, lesen und einigen Brettspielen verbracht hatten, saß ich im Hogwarts-Express auf dem Weg in ein neues Schuljahr-

Mein sechstes Schuljahr, um genau zu sein.

Doch bereits der Anfang schien mir alles andere als harmonisch zu werden;

Wie üblich saß ich mit Blaise, Parkinson und Draco in einem Abteil an unserem Platz. Meine beste Freundin redete nahe zu ununterbrochen von ihren Ferien, wenn sie nicht gerade nach meinen fragte von denen ich ihr jedoch nichts erzählte, während Blaise ab und an einige unnötige Bemerkungen einwarf. Nur Malfoy war still-

Ungewöhnlich still.

Normalerweise kommentierte auch er einiges, was andere erzählten oder redete selbst als würde es kein Morgen geben. Doch das war an jenem Tag nicht der Fall. Und das war nicht das Einzige, was anders an ihm war;

Seine Lippen waren blass statt rosa-

Seine Haut war ebenso kreidebleich-

Mehr als sonst sowieso schon.

Seine blonden Haare lagen kreuz und quer auf seinem Kopf verteilt, anders als üblich, denn normalerweise waren sie immer ordentlich.

Er trug einen schwarzen Anzug und hatte dazu einen finsteren und zugleich nachdenklichen Gesichtsausdruck aufgesetzt.

Alles in allem sah er so düster aus, als hätte er sich innerhalb weniger Monate zu einem völlig anderem Menschen verwandelt.

Für mich war es kein Geheimnis, da ich wusste was mit ihm los war, doch wusste ich nicht wie ich handeln sollte-

Sollte ich mit ihm darüber reden oder einfach nur dasitzen, mitansehen dass es meinem besten Freund, den ich bereits mein Leben lang kannte, nicht gut ging?

Tief in meinem Inneren wusste ich, dass es Malfoy war über den ich hier redete. Er war nicht wirklich wortgewandt und tat immer so, als wäre alles in bester Ordnung. Es gab selten Momente, in denen er sich mir anvertraute hatte, doch es gab sie.

War es das Risiko wert?

Die Worte seiner Mutter klangen in meinem Kopf-

Die Worte, dass Draco auf keinen Fall wissen sollte, dass ich teils seinetwegen einen unberechenbaren Schwur abgelegt hatte, der ihn schützen sollte. Wenn ich ihn fragen würde, was mit ihm los war und das Gespräch würde plötzlich eine andere Wendung nehmen, dann wusste er bescheid. Und so sehr ich mir dessen auch bewusst war, mein Bauchgefühl siegte über meinen Verstand, denn ihn so zu sehen tat mir im Herzen weh.

„Ist alles in Ordnung bei dir?" Flüsterte ich so leise, dass die anderen es auf keinen Fall hören konnten.

Ohne den Blick von der Landschaft abzuwenden, die rasend schnell am Zug vorbeizog, antwortete er;

„Das ist nicht deine Sorge, D/N."

Ein klares Zeichen und eine klare Antwort dessen, dass er sich vor mir verschließen wollte-

Aber nein.

Das ließ ich nicht zu.

„Du weißt, dass ich mir Sorgen um dich mache wenn es dir nicht gut geht und du weißt auch, dass ich dir zuhöre wenn du reden möchtest."

Er antwortete nicht, stattdessen schien es mir so als würde er nachdenken. Wenn ich Glück hatte dachte er darüber nach, ob er wirklich mir mit reden konnte und wenn das Glück vollendest auf meiner Seite war, dann würde er sich mir anvertrauten.

„Draco-" redete ich weiter auf ihn ein „Ich bin deine beste Freundin, seit dem du denken kannst. Ich war immer da für dich und das werde ich auch immer sein. Zudem weißt du auch, dass ich dich niemals für etwas beurteilen würde."

Auch nicht dafür, dass er ein Todesser war, denn ich wusste, dass dies nicht sein Werk war-

Lucius Malfoy.

Er hatte Schuld an all dem und ich hasste ihn dafür mehr als ich ihn sowieso schon hasste. Denn schon als Kind hatte er seinen eigenen Sohn nicht gut behandelt gehabt, hatte immer etwas zu meckern oder etwas an ihm auszusetzen und bestärkte ihn in den völlig falschen Dingen, setzte bei ihm komplett falsche Sachen als Prioritäten.

„Lass uns heute Abend reden. Um 22 Uhr im Gemeinschaftsraum. Hier sind mir zu viele Ohren."

Ein kleines Lächeln spielte um meine Lippen.

„Ich werde da sein."

———

„Ich begrüße Sie alle recht herzlich zu einem weiterem Jahr in Hogwarts." Tönten Dumbledore's Worte einige Stunden später durch die große Halle.

Parkinson gab mir einen Stups mit dem Ellenbogen in die Seite und lehnte sich etwas zu mir herüber;

„Kannst du dir das vorstellen- Nächstes Jahr ist unser letztes Jahr hier." 

Dieser Fakt schien sie aus irgendeinem Grund zu erleichtern, doch mich ließ er ziemlich sentimental werden, aus den verschiedensten Gründen;

Da war einmal mein Freund von dem niemand etwas wusste, Professor Severus Snape. Auch, wenn es noch zwei Jahre waren die ich auf dieser Schule verbrachte, so erschauderte mich die Vorstellung, dass ich ihn nach diesen zwei Jahren nicht mehr jeden Tag sehen würde. Dass ich seinen Unterrichtsstunden nicht mehr besuchen würde, in denen ich heimliche Blicke und Luftküsse mit ihm austauschte. Es tat mir weh zu wissen, dass unsere geheimen, nächtlichen Aktionen ein Ende nehmen würden und wir uns kein Bett mehr teilten, nachdem ich heimlich und in vollkommener Dunkelheit zu ihm geschlichen war.

Aber da gab es noch einen weiteren Grund, der mich durch diesen Fakt inne halten ließ;

Die Unsicherheit-

Die Unsicherheit darüber, ob es für uns alle hier überhaupt ein letztes oder auch ein weiteres Schuljahr geben würde, denn in den Ferien redeten Severus und ich viel darüber, was für ein Krieg Hogwarts und damit uns allen bevorstand. Und nach dem, was mein Freund mir erzählt hatte, würden wir nicht alle überleben, so viel war sicher.

Bei diesem Gedanken ließ ich meinen Blick über die Tische gleiten, wissend, dass niemand hier, bis vielleicht auf Malfoy, eine Ahnung darüber hatte, dass es nur noch wenige Monate des Friedens waren. 

Doch meine Gedanken sollten verstummen, als mein Blick auf seinen traf-

Obwohl die Lehrertafel von meinem Platz aus einige Meter entfernt war, so konnte ich seine schwarzen Augen dennoch ganz genau erkennen und wieder einmal lösten sie in mir eine Ruhe aus, die mehr als nur wohltuend war. Es schien mir manchmal so, als würde er wissen wann es mir nicht ganz so gut ging oder wann meine Gedankengänge mich wieder einmal sentimental werden ließen. Denn gerade in solchen Augenblicken war er da für mich, egal ob unser kleines Geheimnis aufliegen konnte. Und genau dafür liebte ich ihn.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich jedoch nicht, was mich diese Liebe alles kosten würde..

Severus Snape - Der, den ich nicht lieben durfteWhere stories live. Discover now