Kapitel 13

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Felicia

Elins Wunden erinnerten Felicia und die anderen immer wieder daran, was auf sie wartete, wenn sie weiterhin schwiegen. Doch das Letzte was Felicia wollte, war aufgeben. Elins Verhör war auch ein Zeichen dafür, dass Felicias nächstes bevorstand. Es graute ihr davor und sie betete jeden Abend um Gottes Beistand. Manchmal wurde ihr ganz elend zu Mute und sie drückte sich auf ihrer Matratze an die Wand, schloss die Augen und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Sie wusste, dass sie sich immer noch bei dem Wärter dafür entschuldigen musste, in einen Schwachkopf genannt zu haben. Bis jetzt hatte sie es nicht über sich bringen können und es quälte sie. 

Heute jedoch wanderten ihre Gedanken auf die andere Seite der Gefängnismauern. Sie dachte an ihre liebe Familie und an Camil. Immer, wenn sie an ihn dachte, bildete sich ein Knoten in ihrem Magen. Seine Treulosigkeit, auch wenn sie der Auslöser für ihre Bekehrung war, machte ihr schwer zu schaffen. 

Sie schlang die Arme um ihre Beine und zog sie an sich. Hättest du das nicht irgendwie anders machen können, Gott? Hättest du es nicht so fügen können, dass wir beide dir jetzt gemeinsam dienen? Warum musste ich von meinen Lieben getrennt werden? Ich konnte ihnen nicht meinen Glauben vorleben und sie werden vielleicht verloren gehen. 

Sie presste ihre Lippen aufeinander und kniff die Augen zu. Tränen brannten darin. Sie tat einen zittrigen Seufzer und da fielen ihr Worte ein die Elisei Petran in einem Gespräch zu ihr gesagt und ihr auch einmal in der Bibel gezeigt hatte, als sie bei ihm Bibelunterricht hatte. Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr. (Jesaja 55,8) 

Erneut tat sie einen Seufzer, aber es war ein wohltuender, beruhigender Seufzer, als würde sie die Worte in sich aufsaugen und nicht mehr loslassen wollen. Ich bin nur ein Mensch, aber du bist Gott. Vergib mir, Herr. Bitte vergib mir, dass ich dir solche Vorwürfe gemacht habe. Hilf mir, dir zu vertrauen. Amen. 

Tränen strömten über ihre Wangen und ihre Schultern begannen zu beben. Sie legte die Stirn auf ihre Knie und ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Traurigkeit, Verzweiflung und Wut wichen Frieden, Vertrauen und Zuversicht. Du hältst uns, Gott, nicht wahr? Du bist bei Mumie, Tata, Dorin, Camil und mir. 

 Sie hörte, wie sich Schritte näherten und spürte, wie sich jemand auf die Matratze setzte. Sie hob den Kopf und sah Elin. Diese sah sie sorgenvoll an. „Was ist los, Lici?" Sie legte einen Arm um Felicia und zog sie ein wenig an sich. Felicia ließ es geschehen, auch wenn sie es hasste ihre Schwäche offenzulegen. Sie wollte doch stark sein! Trotzdem lehnte sie sich an ihre Freundin und berichtete ihr leise von dem inneren Sturm, der in ihr tobte. Elin drückte zum Schluss ihre Schulter. „Nur Mut, Lici. Gottes Auge wacht über unsere Familien und uns." Felicia nickte. Noch lange saßen sie still da. Aus der Gegenwart der Anderen schöpften sie Kraft.

Das verhasste Geräusch des Schlüssels im Schloss der Zellentür ließ die beiden hochfahren. Auch die anderen Gespräche verstummten. Felicia wurde von einem unruhigen Gefühl überrollt. „Sie holen mich", flüsterte sie Elin zu. 

Diese sah sie erstaunt an. „Woher weißt du das?" 

Felicia lächelte wissend und legte eine Hand auf ihr Herz. „Ich habe es schon den ganzen Tag gespürt." 

Jetzt flog die Tür auf und ein schlechtgelaunter Wärter rief: „Felicia Matei." 

„Wir beten für dich." Elin drückte ihre Hand. Felicia sah auf den gequetschten Finger ihrer Freundin. „Das werde ich brauchen." 

Elin folgte ihrem Blick. „Bleib Gott einfach nur treu. Die Schmerzen ist er wert." 

 „Felicia Matei, habe ich gesagt", brüllte der Wärter in die Zelle. 

Bis in den TodWhere stories live. Discover now