thirteen

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Versuchend, sich auf das sekündliche Ticken der Uhr zu konzentrieren, wippte Bakugo auf seinem Stuhl herum.
15:28 Uhr.
In zwei Minuten endete sein Kurs und er konnte endlich mit Todoroki ins Wohnheim zurückkehren und einmal seine Ruhe haben, wobei Ina höchstwahrscheinlich wieder vorbeischauen würde.
Nicht, dass ihm dies stören würde.

Es war nun eine Woche her, seit Aizawa ins Wohnheim kam, um mit Kirishima über seine konstant fallenden Noten zu sprechen, da dieser in seiner Freizeit keinen Schritt mehr außerhalb seines Zimmers ging und in seinem Zimmer höchstwahrscheinlich nicht lernte.
Es war fast drei Wochen her, seit Kirishima eines Abends betrunken ins Wohnheim zurückkam und Bakugo seine ganzen Verletzungen sah, ihm sagte, er würde demnächst mit ihm darüber reden, aber es schlussendlich noch nicht getan hatte.
Und es war fast drei Wochen her, dass Kirishima nur noch für die Schule, die Arbeit und seinen Vater, was die Anderen natürlich nicht wussten, aus seinem Zimmer trat und seinen Freunden und Klassenkameraden schon beinahe komplett aus dem Weg ging.

Gefühlt unzählige Tage lang versuchte Bakugo aus Kirishima das heraus zu bekommen, was den naturschwarzhaarigen Schüler so bedrückte und mit ihm über diese Verletzungen und sein derzeitiges Verhalten zu reden.
Kläglich suchte er Hilfe bei seiner Freundin, nicht wissend, was er mit seinem besten Freund anstellen sollte.
Doch wie sollte er ihm helfen, wenn Kirishima jedes Mal lächelnd abwinkte, meinte, es wäre nichts, und sich dann den restlichen Tag in seinem Zimmer einsperrte, glaubend, dass keiner bemerken würde, dass etwas los war?
Vielleicht bemerkte es auch niemand; theoretisch könnte Bakugo der Einzige sein, der das veränderte Verhalten seines Freundes mitbekam.
Oder er bildete sich das alles nur ein und Kirishima war schon immer so verschlossen und unsozial.
Doch beides konnte zu 100% nicht der Fall gewesen sein, immerhin wurde der Blonde schon von seinem Klassensprecher wegen Kirishima angesprochen, und das hieß etwas.

Bakugo würde sich am Liebsten selbst dafür hassen, dass er sich so sehr um den Rothaarigen kümmerte, doch egal was er sich selbst einredete:
Es ist nichts Schlimmes.
Wenn er Hilfe bräuchte, würde er sie sich holen.
Mach dir nicht so viele Gedanken.
Es half nichts.
Sein bescheuertes Gehirn wollte ihm nicht zuhören und machte sich nur Tag für Tag mehr Sorgen.

-

Es fühlte sich komisch an, auf einem der grauen Sofas im Gemeinschaftsraum zu sitzen.
Nervös mit seinen Händen spielend, saß er neben Kaminari und hoffte, dass ihn keiner auf irgendetwas ansprechen würde, ganz egal auf was.
Doch der sogenannte Bakusquad war auf das Videospiel so konzentriert, die Schüler schienen ihn nicht einmal bemerkt zu haben.
Heute hatte Kirishima sich vorgenommen, wieder einmal etwas mit seinen Freunden zu machen, oder sich zumindest etwas zu zeigen.

Doch bei jeden Geräusch, bei jedem Wort, bei jedem Seufzen oder Aufschreien während dem Spiel raste Kirishimas Kopf und er würde am Liebsten im sein Zimmer rennen und sich unter seiner Decke verstecken.
Und das nur, weil der Junge Angst davor hatte, über sein Verhalten angesprochen zu werden.
Oder über seinen, wahrscheinlich verstauchten, Arm, dessen blaue Farbe jemand eventuell kurz zu Gesicht bekam.

Jedoch schien keiner etwas sagen zu wollen, was dieses Thema betraf, was Kirishima einerseits erleichterte, aber ihn andererseits auch nur noch nervöser machte.
Oftmals spürte er mehrere Augenpaare auf ihm, meist Bakugos glaubend, doch er blickte nicht auf.
Er vermied jeden einzelnen Augenkontakt so gut es nur ging.

"Hey Kiri," ertönte dann Inas ruhige Stimme, "du scheinst nervös zu sein."
Die Anmerkung zog die Blicke der Anderen auf den Rotschopf, der sich sofort am Hinterkopf kratzte und leicht lächelte, seine steigende Nervosität verbergend. "Oh nein, alles gut.", lachte er dann, wobei jedes kleine Kind bemerken konnte, dass er diesmal kein bisschen die Wahrheit sagte.
Und seine Freunde merkten das auch.
"Nein, wirklich. Ihr braucht mich jetzt gar nicht so anzuschauen, es ist alles gut."

"Kiri, du weißt, wir lieben dich, und du bist in wirklich sehr vielen Sachen talentiert." begann nun Sero, der seinen Controller, nachdem er das Spiel pausiert hat, neben sich lag,
"Aber beim Lügen wirst du zurzeit immer schlechter.

Kirishima hätte schwören können, sein Herz blieb gerade stehen und sprang gleichzeitig aus seiner Brust heraus.
Perplex saß er nun da und starrte seine Gegenüber nur an, nicht wissend, wie er reagieren, oder was er sagen sollte.
Was meinst du damit?
Kein Ton von der Frage, die er Sero stellen wollte, kam aus seiner Lunge und der rothaarige Schüler spürte seinen unregelmäßigen Atem nur noch schneller werden.
"Hey, du weißt, du kannst mit uns reden. Wir sind für dich da.", meinte Ina aufmunternd, ihre kleine Hand nach Kirishimas greifend.
"Mir geht's gut."
Durch das Flüstern war Kirishimas Aussage nur schwer zu verstehen, weswegen er sich räusperte.
"Das ist das, was du jedes Mal sagst, aber selbst wir sind intelligent genug, um zu checken, dass es dir in letzter Zeit überhaupt nicht gut geht."
Nun war Mina diejenige, die mitredete und Kirishima ebenfalls betrübt ansah.
Und das wollte er nicht.
Schon immer hatte er alles dafür getan, dass sich niemand um ihn sorgen musste.
Schon immer versuchte er, es jeden irgendwie recht zu machen, egal was er dafür einstecken musste.
Er selbst hielt es ja schon irgendwie aus.

"Es ist nichts.", sagte er schließlich, hoffend, dass seine Freunde sich damit abfinden würden, bevor er seine äußerliche Ruhe verlor.
Irgendwann hielt er es selbst nicht mehr aus, und das wusste er.
Wenn sie es jetzt erfahren würden, für was wäre seine ganze Mühe gewesen?
Die Mühe, dass niemand seine Verletzungen sah, niemand bemerkte, dass er auf seinen hitzköpfigen Kumpel stand und physisch durch seinen Vater komplett am Ende war?
Für was?
Inas Stimme ertönte weit außerhalb Kirishimas Gedanken und er gab sich Mühe, zuzuhören, als er sie bemerkte.
"...es nie irgendwie besser. Wenn wir dir sagen, wir sind für dich da, meinen wir es auch ernst.
Wir sind doch nicht dumm, wir merken doch, wie es dir immer irgendwie schlechter geht und du fast nur noch in deinem Zimmer rumhängst."
Es war das erste Mal, dass sich je jemand so sehr um ihn zu sorgen schien, und eigentlich sollte er dafür dankbar sein.
Warum war er nicht dankbar? Warum freute er sich nicht?
Nicht einmal Bakugos besorgte Grimasse machte ihn zu schaffen.
Alles, was er gerade fühlte, war Wut.
Wut und Panik davor alles zu verlieren, was er sich all die Jahre aufgebaut hat.
Wut auf sich selbst, da er es vermasselt hat und jetzt nicht einmal seinen Freunden dankbar sein konnte.

"Bitte sag uns, was dich so bedrückt und was die ganze Zeit mit dir los ist Kirishi—"
"Nichts! Ich habe alles unter Kontrolle!"

Und wie aus dem Nichts war jeder still.
Als hätte er gerade eine Waffe abgefeuert, traute sich keiner überhaupt auch nur zu laut zu atmen.
Das war das erste Mal, seit irgendwer Kirishima aus Wut schreien hörte, ihm selbst war diese Stimme nicht einmal bekannt.
Seine geweiteten Augenlider blinzelten nun aufkommende Tränen weg, als er sich umdrehte und in Richtung der Zimmer rannte, bevor auch nur irgendwer etwas sagen konnte.

Ja, er hatte geschrien, und er hatte das erste Mal wirklich seine Meinung und seine innersten Gefühle gezeigt.
Doch die Wut, die in ihm kochte, wurde durch diesen Aussetzer nicht weniger.
Nein, sie wurde mehr.

eyes as red as the poppy's petals (kiribaku)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora