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alles neu - peter fox

"Danke fürs nach Hause bringen", richtete ich mich an Henry als er vor meinem Wohnort anhielt.
Er winkte mein Danke mit einer einfachen Handbewegung ab und grinste schief.

"Das ist wohl das Mindeste, was ich tun konnte."

Okay, da hatte er wohl Recht. Mich aus dem Auto zu schmeißen nach diesem Sex wäre wohl keine Option gewesen. Es sollte auch für niemanden eine Möglichkeit sein einen Menschen loszuwerden. Das wäre alles andere als freundlich und ist einfach nur verletztend so zu handeln.
Wir beide sahen uns kurz an und schon beugte sich Blondie sich soweit zu mir herüber, dass unsere Lippen sich noch einmal begegneten.
Zufrieden schloss ich meine Augen und erwiderte seinen kleinen Abschiedskuss. Dieses Mal waren wir deutlich sanfter miteinander und auch diese Art ihn zu küssen gefiel mir.
Als wir uns langsam voneinander lösten, musste ich einfach lächeln. Es ging nicht anders.

"Ich war noch nie bei dir Zuhause. Also ich meine innerhalb. Bis jetzt bin ich maximal bis zur Türschwelle gekommen", stellte Henry plötzlich fest, nachdem er sich wieder zurück in seinen Sitz gelehnt hatte und ich bereits die Autotür zum Aussteigen einen Spalt breit geöffnet hatte.

"Na dann komm doch rein. Meine Mutter hat wieder Nachtschicht. Sie kommt in", ich warf einen Blick auf mein Handy, um die Uhrzeit abzulesen, "drei Stunden nach Hause."

Ich hatte bis eben nicht mal bemerkt gehabt, dass es bereits zwei Uhr nachts gewesen ist, aber das lag wahrscheinlich daran, dass ich nicht einmal einwenig müde war: dafür hatte Henry vorhin gesorgt.
Gespannt auf seine Reaktion schielte ich zu ihm rüber. Auf seinen Lippen war ein breites Grinsen zu erkennen und als hätte er nur auf diese Antwort gewartet, öffnete er die Autotür und stieg aus.
Anstatt noch länger zu warten und wie blöd rumzusitzen, tat ich es ihm nach.
Kaum stand ich draußen, schloss er seinen Wagen hinter mir ab und fuhr sich einmal durch die blonden Haare. Schnell kramte ich nach meinem Schlüssel in meiner Jackentasche und öffnete dann auch schon die Tür. Tief atmete ich durch und ging vor.

"Schuhe bitte ausziehen."

Ich schlüpfte aus meinen Highheels und taste zu der kleinen Kommode im Flur, um meinen Schlüssel dort abzulegen. Meine Tasche stellte ich daneben. Nur mein Handy holte ich vorher noch heraus.

"Ich darf doch sicher hier schlafen, oder?"

Henry stellte echt dumme Fragen, denn ehrlich gesagt war ich bereits davon ausgegangen, dass er hier schlafen würde. Offensichtlich hatte er es jedoch anders gesehen oder war sich unsicher damit gewesen.
Und als wäre das irgendein Auslöser gewesen, fiel mir plötzlich auf, dass wir uns eigentlich kaum kennen. Wir wissen nichts voneinander, können uns kaum einschätzen. Henry war ein Mysterium für mich und trotzdem hatte ich mich in ihn verliebt. Der Gedanke an meine Gefühle für ihn ließ mich stark schlucken. Ich hatte sie gut verdrängt.

"Oh, ja. Klar", antwortete ich ihm schließlich und riss mich selbst zurück in die Realität.

Doch was studierte er überhaupt? Hatte er mir das erzählt? Was hat ihn aus seiner Vergangenheit geprägt? Welche Träume verfolgt er? Wie steht er wirklich zu seiner Familie?
Diese Fragen waren plötzlich sehr präsent in meinem Kopf und keine einzige davon konnte ich wirklich beantworten. Irgendwo war das schon traurig, aber wir kennen uns auch noch nicht so lange und die Hälfte der Zeit hat Funkstille geherrscht.
Wenn Leute so schnell Gefühle bekommen haben, habe ich diese immer belächelt, denn wie kann man sich in jemanden verlieben, den man nicht kennt? Doch mittlerweile gehörte ich zu diesen Leuten. Was eine Ironie.

"Hey, alles klar?"

Augenblicklich schreckte ich leicht zusammen und mein Blick landete auf Henry. Schwach nickte ich, um einem ernsten Gespräch aus dem Weg zu gehen. Darauf hatte ich gerade keine großartige Lust. Vielleicht ja ein anderes Mal.

"Na los. Ich zeige dir das Bad und mein Zimmer. Morgen früh kannst du dir den Rest in Ruhe ansehen", sagte ich schließlich und lief vor um ihm erst das Bad zu zeigen. Das ging relativ schnell, da ich die Tür nur einen Spalt breit öffnete und er nur einen kurzen Blick hinein warf. Irgendwas murmelte er leise vor sich hin, doch so genau verstand ich Henry nicht.

"Und hier ist mein Zimmer."

Ich öffnete die Tür und steuerte augenblicklich mein Bett an. Henry machte einfach das Licht an und direkt begannen meine Augen zu brennen. Etwas gequält kniff ich diese zusammen und nachdem ich sie wieder öffnete, gewöhnte ich mich langsam daran.
Ihn dagegen schien das plötzliche Licht garnicht zu stören. Stattdessen begann er einfach die Bilder an meiner Wand zu analysieren.
In meinem Raum war nicht viel. Ein großer Kleiderschrank, ein Bett und eine Komode. Mehr brauchte ich auch nicht, denn wirklich oft war ich hier auch nicht.

"Sind das Jonathan, Lucie und du beim Camping?"

Schwerfällig hiefte ich mich aus meinem Bett hoch und sah auf das Bild, auf welches Henry mit dem Finger deutete.
Ich hatte irgendwann mal ganz viele Fotos ausdrucken lassen und an meine Wand geklebt, da diese mir damals so leer erschien.

"Ja."
"Du warst damals schon echt süß."

Ein kleines Schmunzeln huschte über meine Lippen. Ich richtete meinen Blick wieder auf das Bild und betrachtete dann noch weitere.

"Und hier bin ich als ich im Kindergarten war. Ach und da haben Lucie und ich uns das erste Mal kennengelernt. Und auf diesem Foto war ich das erste Mal mit meiner Mutter weggeflogen und im. Ausland."

Ich präsentierte Henry mehrere Erinnerungen und merkte garnicht, dass ich mich innerlich in diesen verlor. Damals war alles so ruhig und sanft gewesen. Doch verschiedene Ereignisse haben meine Sicht auf die Welt verändert, mich verändert. Besonders das traumatische Erlebnis mit Jonathan hatte einiges für mich durcheinander gebracht.
Er war damals irgendwo mein Ein und Alles gewesen. Beinahe alle ersten Male konnte ich mit ihm in Verbindung bringen. Jona war mein erstes Mal gewesen, meine erste Liebe und sogar mein erster Kuss. Aber im Endeffekt war er auch der Erste gewesen, der mein Herz auf die ekligste Art und Weise gebrochen hat.

"Was ist passiert? Du scheinst auf den Bildern so anders. Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst."

Eigentlich wollte ich wirklich einem so ernsten Gespräch aus dem Weg gehen, aber gleichzeitig wäre es ein guter Zeitpunkt um sich besser kennenzulernen. Dennoch hatte ich Angst, dass Henry nichts davon verstehen würde und ich am Ende wieder alleine bin.
Tief atmete ich durch.

"Die ganze Geschichte?"
"Gibt es denn eine halbe?"

A/N:

moin freunde. danke für 240k😻

& habe den kapiteln jz zahlen gegeben

PlaygirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt