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,,Da bist du endlich.", erklingt eine tiefe Stimme, die jedem einen Schauer über den Rücken jagen lässt.

Der Mann hat dem Junge, der gerade den Raum betritt, den Rücken zugedreht.
,,Ich entschuldige mich für mein spätes Kommen.", erwidert der Jüngere und deutet eine Verbeugung an.

,,Mir ist zu Ohren gekommen, dass du jemanden gebissen hast, sie nicht getötet hast.", redet der Ältere auffordernd weiter und dreht sich dann beinahe in Zeitlupe zu dem Jungen, dass diesem die Adern gefrieren könnten.
"Das ist wahr.", man hört trotz aller Bemühungen das Schwanken in seiner Stimme, das sein Unwohl sein ganz klar deutlich macht.

"Und dann auch noch jemanden aus dem engen Verwandtenkreis des Bürgermeisters. Ist dir bewusst, was du damit angerichtet hast?", zischt er, die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen, als wären es die eines wilden Tieres.
Ein Kloß setzt sich in seinem Hals an, doch trotzdem hält er dem durchdringenden Blick seines Vaters mehr oder weniger stand.
"Es... tut mir leid."

Eine angespannte Stille herrscht, die erst von dem Seufzen des Erwachsenen unterbrochen wird.
"Was mache ich bloß mit dir... erst weigerst du dich überhaupt irgendwelche Menschen zu beißen und jetzt, wo du es getan hast, bringt es wieder nur Probleme.", somit wendet er seinen Blick vom Jüngeren ab und sieht stattdessen nachdenklich durch das Fenster in die Ferne. Hinter dem Horizont geht gerade die Sonne unter.

,,Sie wird in nächster Zeit bestimmt nicht einfach frei rumlaufen, so dumm sind sie nicht... Wenn du die Chance dazu bekommst, beseitige das Problem."

"Beseitigen?", eigentlich ahnt er, was ihm bevor steht, doch hofft er innerlich eine andere Antwort zu kriegen. Dass er es nur falsch interpretiert und gleich beruhigt ausatmen kann, aber...
"Du wirst sie töten.", bestimmt der Ältere mit fester Stimme.

Die Augen des Jungen weiten sich und er versucht das aufkommende Stottern zu unterdrücken.
"Ich soll sie... töten?"
"Das ist ein Befehl. Sonst gebe ich den Auftrag wem anders, du kennst seine Methoden zur Genüge. Es liegt also in deiner Hand wie sie stirbt."

Von wem die Rede ist, weiß er ganz genau.
Und dessen Methoden zu töten sind ihm genau so bekannt.

Bei der Vorstellung dabei zusehen zu müssen, worum er nicht herum kommen würde, wenn er es nicht selbst erledigt, könnte er sich hier und jetzt übergeben, weshalb er widerwillig zustimmt.

"Und jetzt geh mir aus den Augen."

"Verstanden.", antwortet er, seine Stimme hat sich inzwischen wieder ein wenig gefangen, doch sein Herz hört nicht auf wie wild zu schlagen. Jeder Schritt bis hin zur Türe fühlt sich schwerer an, als würde ihn diese Last jetzt schon runterziehen. Wie ein Echo halt der Auftrag in seinen Ohren, immer wieder.

Er will ihm entkommen, will weg, will es schnellstmöglich hinter sich bringen, bevor er noch zu viel darüber nachdenkt...

Doch gerade als er nach dem Türknauf greifen will, wird er noch ein letztes Mal aufgehalten.

"Wieso hast du sie nicht getötet?"

Er dreht sich nicht um, sondern lässt seinen Blick einfach über das dunkle Holz der Türe gleiten. Wieso?

"Es kam jemand...", antwortet er, sich bewusst, dass dies weder ein überzeugendes Argument, noch der wahre Grund ist.

"Dein Bruder wird dich die ganze Zeit beobachten, falls du dir doch überlegst kneifen zu wollen, übernimmt er sofort. Bevor es so weit kommt, mach mich einmal stolz und erledige etwas anständig. Wie willst du der Familie sonst gerecht werden."

Nach diesen harten, halsabschnürenden Worten, verlässt der Junge den Raum.

Erst nachdem er um die nächste Ecke gebogen ist, bleibt er stehen. Er schlägt aus Wut, Verzweiflung oder auch wegen beiden Gründen, mit der bloßen Haus gegen die Wand. Solange, bis eine Delle zu erkennen ist und seine aufgeschürfte Hand beginnt zu bluten.

Er starrt gebannt in den Gang, in seinem Kopf herrscht gähnende Leere. Vielleicht ein paar Sekunden oder Minuten, vielleicht auch länger, doch das nächste, das ihn aus seinen Gedanken reißt ist ein Schatten. Schon am Klang des Schrittes erkennt er, wer ihm da entgegenkommt. Ihm ist eines klar, wenn sie schon sterben muss, dann will er sie eigenhändig töten. Danach wird sein Vater dafür büßen und im Anschluss er selbst, dass er dazu in der Lage war.

Alles andere wird das Schicksal parat halten.

Thirst for blood? - IzunaWhere stories live. Discover now