[1]Feldeinsatz

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10 Monate zuvor

Die drei Personen in weißen Kitteln standen eng zusammengedrückt in einer Ecke, damit auch ja niemand sie belauschen konnte. Quinn war eine von ihnen, hatte ihre Hände in den Arztkittel gesteckt und schaute ihre beiden Freunde verwirrt an.

„Aber von was genau wurden sie angegriffen?", wollte Quinn wissen und bekam bloß ein hilfloses Achselzucken ihrer Kollegen.

„Das weiß niemand. Nicht mal der Sergeant selbst hat etwas dazu gesagt. Alles was ich aus dem Telefonat zwischen ihm und dem Oberarzt rausgehört habe ist, dass es über 10 Verletzte gibt." Der junge Mann mit den blonden Locken eines Engels und der hochgewachsenen Statur war seit der Schulzeit Quinns bester Freund.

„Ihr drei da! Bewegt euch! Zack zack, los zum Feldeinsatz!", schrie der Oberarzt die Flure zusammen und stürmte an den geschockten Patienten vorbei.

„Feldeinsatz?!", riefen die drei im Chor.

„Sir, wieso wir denn schon wieder?", jammerte Jocelyn, die Quinn seit ihrem gemeinsamen Medizinstudium kannte.

„Ganz einfach, weil ihr noch jung und flink seid."

Quinn verdrehte zwar die Augen, stimmte dem Oberarzt aber innerlich zu. Alle anderen Ärzte hier waren über 40 oder sogar 50.

„Und was ist mit unseren Patienten? Wir können nicht jedes Mal die Termine verschieben." Jocelyn wusste manchmal nicht, wann es besser war zu schweigen und deshalb warf der Oberarzt ihr drohliche Blicke zu.

„Ist eine Hautkrebsuntersuchung etwa akuter, als das Leben von Soldaten?"

Malcolm griff vorsichtshalber nach Jocelyns Handgelenk und kneifte sie leicht. Und tatsächlich schwieg sie.

„Dann wäre das ja geklärt." Mit diesen Worten eilte der Oberarzt Richtung Ausgang und die drei jungen Ärzte folgten ihm dicht auf den Fersen ins Freie. Auf dem Vorplatz stand ein kleines Militärfahrzeug mit Ladefläche und davor stand ein verstörter junger Soldat. Er musst noch jünger als Quinn sein und hatte ein kreidebleiches Gesicht. Quinns Augen schnellten zu seinen Händen - sie zitterten. Schweiß auf der Stirn, hatte dieser Mann einen Schock?

Auch Malcolm schien das zu bemerken und ging vorsichtig auf den Mann zu. „Ich bringe sie jetzt erstmal rein, in Ordnung?", redete er sachte auf ihn ein und bekam ein schnelles Kopfschütteln des Soldaten. „Nein, meine Kameraden, sie brauchen Hilfe."

Zuerst verstand Quinn garnicht, was er meinte. Sanft legte sie die Hand auf seine Schulter und brachte ihn somit dazu, sich nur auf sie zu konzentrieren. „Wie heißen sie?"

Er sah etwas verwirrt aus, zog die Brauen zusammen und schien seine Gedanken für einen Moment zu sortieren. „Logan Sánchez, Madame."

Madame? Vielleicht bekam sein Gehirn tatsächlich etwas zu wenig Sauerstoff ab, überlegte Quinn.

Sie sparte sich aber die Zeit, auf diese hochgegriffene Anrede einzugehen und meinte stattdessen: „Nun gut, Mr. Sánchez, können sie uns zu ihren Leuten bringen? Bekommen sie das hin?"

Er nickte und wollte schon erleichtert auf die Fahrertür stürzen, doch Quinn hielt ihn auf. „Ich fahre, sie navigieren."

„Wie bitte?! Dieser Mann muss versorgt werden! Er steht vermutlich unter Schock!", widersprach Malcolm.

„Darf ich?", fragte Quinn und streckte die Hand nach Logans aus. Auch wenn dieser nicht wusste wozu, gab er ihr seine linke Hand. Sie drückte auf den Nagel seines Daumens, sodass sich die Haut darunter weiß verfärbte und ließ dann los. „Er hat keinen Schock.", stellte sie fest. Der Nagel hatte sich in weniger als einer Sekunde wieder in seine ursprüngliche, rötliche Farbe verwandelt.

Bändiger - In den DschungelOù les histoires vivent. Découvrez maintenant