1 | Tag der Miserien

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Der Tag hatte schon schlecht begonnen, als mein Toaster explodiert war.

Wie jeden Montagmorgen war ich meiner gewohnten Routine nachgegangen: aufstehen, duschen, in die Küche schlürfen, Kaffee aufsetzen und Toaster einschalten.

Bloß war der letzte Schritt in meiner doch so idiotensicheren Planung diesmal mein Verhängnis geworden.

Nun stand ich inmitten der Metallwinden, die einmal mein Toaster gewesen waren, und fragte mich, wann genau ich die Kontrolle über mein Leben verloren hatte.

Vermutlich hätte ich den restlichen Tag in dieser Position verharrt, meine Hände in den Taschen meiner Jacke, meine Augen starr auf der Toasterleiche, wäre meine beste Freundin und Seelenverwandte nicht auf die Idee gekommen, mich genau in diesem Augenblick anzurufen.

Das schrille Klingeln meines Smartphones riss mich aus der Starre, in die das abrupte Explodieren meines Toasters mich versetzt hatte.

Ohne hinzusehen, nahm ich den Anruf an.

"Total erledigte und leicht geschockte Lexi Williams am Apperat, was kann ich für Sie tun?"

Pipers durchdringende Stimme schallte mir ins Ohr: "Lexi, altes Haus, wie geht's?"

"Absolut miserabel, Pipes. Wusstest du, dass Toaster explodieren können?"

Sie lachte. "Sind deine Augenbrauen noch dran?"

Ich verzichtete darauf, ihr eine Antwort zu geben, und klemmte das Handy zwischen Ohr und Schulter fest, bevor ich auf die Knie ging, um den Schaden genauer zu untersuchen.

"Wie dem auch sei, ich habe eigentlich aus einem ganz anderen Grund angerufen." Piper machte eine dramatische Pause. "Hast du heute Mittag Zeit?"

"Wofür?", murmelte ich abwesend. Dem Anschein nach hatte ein Kurzschluss in der Winde des Toasters zu diesem Desaster geführt. Soviel sagten mir zumindest meine bescheidenen Physikkenntnisse, genau wissen konnte ich es nicht.

Ich konnte förmlich hören, wie Piper die Augen verdrehte. "Zur Elefantenjagd. Die Hochsaison hat ja gerade erst angefangen, wenn wir Glück haben, läuft uns schon einer vor die Linse." Sie seufzte. "Unsinn, du Dummerchen. Mittagessen. Ich möchte etwas mit dir bereden."

Mit einem letzten bedauernden Blick auf meinen Toaster erhob ich mich. "Von mir aus. Aber bitte keine schlechten Nachrichten. Der Toasterzwischenfall war genug Stress für ein halbes Jahr."

Piper schnalzte mit der Zunge. "Ob dir meine Neuigkeiten gefallen, hängt ganz von dir ab. Ich mail' dir die Adresse zu."

Mit dieser kryptischen Antwort legte sie auf.

Kopfschüttelnd warf ich mein Handy in Richtung Sofa und gab den Überresten meines Toasters einen Tritt.

"Viel Vergnügen in der Toasterhölle."

Den Rest würden Handbesen und Kehrblech erledigen.

***

Irgendwann würde es mir gelingen, unfallfrei von einem Ende der Stadt zum anderen zu gelangen.

Der Tag, so fern er auch noch sein mochte, würde ein glorreicher Tag für Lexi Williams werden.

Und heute war es definitiv noch nicht so weit.

Auf der Suche nach einem freien Taxi übersah ich eine Reihe an Mülleimern, die von der Stadtverwaltung erst vor kurzem dort angebracht worden waren.

Damit wollte man die Seattler Bürogemeinschaft wohl dazu anregen, die Mülltrennung endlich auszuführen, aber es war eine bekannte Tatsache, dass zuerst die Hölle einfrieren würde, bevor auch nur ein Anzugträger seinen Donutkarton getrennt von der Plastikfolie entsorgen würde.

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