Kapitel 9

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In zwei Wochen haben wir Semesterferien und fliegen nach LA. Doch seit ein paar Tagen ist meine Vorfreude keine Vorfreude mehr, sondern einfach nur Müdigkeit. Meine Albträume sind zurück, genauso wie die Stimmen. Ava war so freundlich, mich nicht darauf anzusprechen, wobei das tut sie wahrscheinlich nur nicht, weil ich so fertig aussehe.

Als ich das letzte Mal in den Spiegel geguckt habe, sah ich aus wie ein Albtraum in Person. Meine Augenringe werden immer dunkler und meine Haut immer blasser von dem wenigen Schlaf, den ich bekomme.

Ehrlich gesagt macht mich das sogar ziemlich wütend. Ausgerechnet jetzt, wo ich kurz davor bin, dass erste mal in den Urlaub zu fliegen, kommen meine Träume zurück und sie sind schlimmer als üblich. Sonst wache ich immer auf, wenn wir gerade in den See fallen, aber jetzt ziehen meine Träume mich mit ins Wasser.

Die letzten Minuten, in denen ich mit meiner Mom zusammen war. Das letzte mal wo ich ihre Stimme gehört und ihr wunderschönes Gesicht gesehen habe. Der Moment, in dem sich mein ganzes Leben geändert hat.

Tag ein und Tag aus schwirren mir die Bilder ihres leblosen Köpers vor Augen. Ich würde alles tun, um diese Bilder aus meinem Kopf zu entfernen, doch je mehr ich mich damit auseinandersetze, desto schlimmer werden die Bilder.

Augen die mich anstarren ohne ein einziges mal zu blinzeln. Blasse haut fast, als würde sie bald unsichtbar werden. Ein weißes Kleid, ihr Lieblings Kleid, worauf sie sich jeden Sommer freut, es zu tragen.

Ich schüttele meinen Kopf. Diese verdammten letzten Momente mit Mom sind die schlimmsten. Ich würde alles tun, um sie für immer aus meinem Kopf zu verbannen. Doch stattdessen suchen sie mich heim.

Meine Vorlesungen kann ich auch vergessen, da ich die meiste seit nicht aufgepasst habe. So viel ist noch aufzuholen. Die hälfte meiner Zeit werde ich wohl mit lernen verbringen.

Mr. White hat mich auch schon auf meinen Zustand angesprochen, was mir ziemlich unangenehm war. Meine Ausrede war, dass ich so viel Stress habe, wobei das zur hälfte wahr ist. Nach meiner letzten Vorlesung gehe ich zurück in mein Zimmer und zu meiner Überraschung ist Ava da.

Auf dem Boden liegen Decken mit vielen verschiedenen Stiften und zwei es sieht aus wie Notizbücher. "Was ist das Ava?" Ich sehe sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

"Mir ist aufgefallen, das es dir in letzter Zeit nicht gut geht, also werde ich dir dabei helfen, das, was dich so fertig macht, loszuwerden." Ich muss ihre Worte noch einmal in Gedanken durchgehen. Das was mich fertigmacht loswerden das wäre schön.

"Jetzt guck nicht so skeptisch und setz dich erst mal zu mir", sagt sie und klopft auf die Decken. Da sie sich anscheinend viel Mühe und Gedanken gemacht hat, komme ich zu ihr, auch wenn ich jetzt einfach alleine sein möchte.

"Wir werden diese Bücher jetzt gestalten. Nicht nur heute, sondern immer, wenn uns etwas bedrückt. Alles wird in dieses Buch geschrieben. Wir können natürlich auch darüber reden, aber wenn du das nicht willst, dann schreib es auf. Du scheinst alles in dich rein zu fressen und das ist nicht gesund das sieht man dir auch an", sagt sie.

Ich zwinge mir ein kleines Lächeln auf. So lieb die Geste auch gemeint ist, es ist einfach nichts für mich. Jedoch kann ich Ava einfach nichts ausschlagen. Jedes mal wickelt sie mich um den Finger. Jedes. Mal.

"Glaubst du wirklich, das ist eine gute Idee?", frage ich sie.

"Wir können auch darüber reden", schlägt sie vor.

Ich schüttele den Kopf. Ich bin noch lange nicht bereit, darüber zu reden. Schreiben kommt mir plötzlich gar nicht mehr so schlimm vor. "Wenn ich meine Dämonen besiegt habe werde ich mit dir darüber reden."

Love Secrets LiesWhere stories live. Discover now