~ Kapitel 2 ~

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Hermines beste Freundin hieß Allison. Allison und Hermine waren zusammen in den Kindergarten und in die Grundschule gegangen und kannten sich in und auswendig. Sie taten alles miteinander und spielten nur mit der Anderen. Die restlichen Kinder im Kindergarten bemerkten die Beiden gar nicht. Es war, als ob sie von einer Freundschaftsblase umgeben waren.

Doch in ihrem ersten Jahr an der Grundschule veränderte sich Allison. Sie war fies zu Hermine und pisackte sie. Sie zog an ihren Haaren, trat sie und machte sie vor den anderen lächerlich. Einmal hatte Allison Hermine Kleber in die Haare geschüttet und Hermine war heulend nach Hause gerannt. Nur mit Mühe hatten sie und ihre Mutter den Klebstoff aus ihren Locken herausbekommen. Von diesem Moment an hasste Hermine Allison. Ein anderes Mal hatte Allison Hermines neuen Rucksack in eine Schlammpfütze gestoßen und das Bild, dass Hermine gemalt hatte, mit einem schwarzen Stift verkritzelt. Sie hatte Hermine bei jeder Gelegenheit erniedrigt und geärgert. Hermine konnte sich das alles nicht erklären. Was hatte sie denn getan, dass Allison so wütend gemacht hatte? Hatte sie etwas falsches gesagt? Hermine konnte sich an nichts erinnern und doch wurde es immer schlimmer. Allison hatte eine neue beste Freundin, Karen, und Hermine schmerzte es immer, wenn sie die beiden zusammen sah. Sie wünschte sich so, dass statt Karen sie neben Allison über den Schulhof laufen würde, aber das würde wohl nie passieren. Karen machte es scheinbar Spaß, Hermine zu ärgern und so wurde das zu Allisons und ihrer Lieblingsbeschäftigung. Hermine jedoch zog sich immer mehr zurück und ließ niemanden mehr so richtig an sich heran. Sie verschwand in ihren Büchern und tauchte nur ungern wieder auf.

Hermine wurde innerhalb ihres ersten Schuljahrs immer besser in der Schule und arbeitete sich unbewusst Stück für Stück näher an den Platz heran. Das war zu der Zeit Allison. Als Hermine sie dann sogar überholte, wurde sie noch mehr von ihr gepisackt als vorher. Allison nahm es wohl persönlich, obwohl Hermine es gar nicht so gemeint hatte. Die Lehrer und ihre Eltern lobten sie mehr und mehr und das machte Hermine stolz, aber gleichzeitig stieg auch der Druck, der auf ihr lastete. Der Druck, jedem Alles recht zu machen. Der Druck, niemanden zu enttäuschen. Gleichzeitig bekam sie immer mehr eifersüchtige Blicke ihrer Mitschüler ab. Die komplette erste Klasse war Hermine unglücklich und hatte keine Freunde. Sie strengte sich immer an, die Beste zu sein, um ja nichts falsch zu machen und jedem gut genug zu sein. Die anderen Schüler hielten sie für eingebildet und eine Streberin und niemand wollte etwas mit ihr zu tun haben. Dabei war Hermine gar nicht eingebildet. Immer, wenn ihr jemand sagte, sie sei gut in der Schule, war ihr das peinlich und sie schaute schüchtern und bescheiden zu Boden. Niemals würde sie mit ihren Leistungen angeben. Aber ihren Mitschülern war das egal. Sie ärgeten sie und schubsten sie herum.

Ihre Mutter bemerkte, dass Hermine sich abgesondert hatte und oft nur noch alleine in ihrem Zimmer saß und las. Sie wollte aber erst mal abwarten, ob Hermine das allein geregelt bekäme. Sie wünschte es ihrer Tochter zwar nicht, aber vielleicht war das wichtig für Hermines Entwicklung. Vielleicht war das ja aber auch nur eine Phase. Sie wusste es nicht. In der letzten Woche der Sommerferien kam sie dann doch zu Hermine und sprach mit ihr: ,,Hermine, dass geht so nicht weiter. Deine Lehrer haben mir erzählt, dass du in den Pausen immer ganz allein in einer Ecke stehst und nie mit den anderen Schülern spielst... Mein Schatz, was ist den los?Du weißt, dass du mir Alles sagen kannst." Da fing Hermine an zu weinen und ihre Mutter umarmte sie. Zwischen einigen Schluchzern würgte Hermine hervor: ,,Mama, es ist Allison! Sie hat sich so verändert. Sie ä-ärgert mich immer u-u-und ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe! Vielleicht hab ich etwas gesagt, dass sie nicht hören wollte, ich w-w-eiß es einfach nicht! Einmal hat sie der Lehrerin erzählt, ich hätte in der Klasse geklaut. Das hab ich aber gar nicht! Und das Schlimmste ist, dass wenn Allison mich ärgert, die Anderen einfach nur rumstehen und nichts machen. Meistens machen sie a-aber sogar mit, wenn sie mich pisackt und das ist noch schlimmer! Was habe ich ihnen de-denn getan? Ich kann mir das Alles einfach nicht erklären. Vi-vielleicht bin ich ihr ja nicht gut genug..." ,,Aber Hermine!", meinte ihre Mutter, bestürzt darüber, mit viel sich ihre kleine Tochter herumschlagen musste, ,,Ich wusste nicht, dass es dir so schlecht geht. Ich glaube aber nicht, dass du Allison nicht gut genug bist. Vielleicht hat sie sich einfach nur sehr verändert. Oder sie ist eifersüchtig auf dich. Vielleicht werden wir das nie wissen. Aber überleg mal: Wenn du ihr das gibst, was sie will, dann wird sie nie aufhören, dich zu mobben. Wenn sie merkt, dass sie dich damit traurig machen kann, macht ihr das vielleicht sogar noch mehr Spaß. Ich weiß, es ist schwer, mein Schatz, aber versuch mal, sie einfach zu ignorieren. Zeig ihr nicht, dass es dir weh tut, was sie zu dir sagt, dann verliert sie vielleicht den Spaß und hört damit auf." Dann nahm sie Hermine nochmal in den Arm und verließ daraufhin das Zimmer.

Der Ratschlag ihrer Mutter hatte Hermine nachdenklich gemacht. Als die Schule dann wieder losging, versuchte sie, ihn umzusetzen. Sie war nett zu ihren Mitschülern und half ihnen. Sie half ihnen bei den Matheaufgaben. Sie half ihnen im Kunstunterricht. Sie half ihnen bei den Hausaufgaben und sie half ihnen beim Lesen üben. Die anderen Schüler fingen an, sie nett zu finden und erst selten, aber dann immer häufiger verabredeten sie sich mit Hermine. Da sie nett zu Allen war, waren Alle auch nett zu ihr. Sie freundete sich sogar mit Jessica, dem schüchternsten Mädchen der Klasse an. Die Beiden verstanden sich von Anfang an super. Sie liefen gemeinsam zur Schule, machten ihre Hausaufgaben zusammen und spielten miteinander. Sie wurden beide immer beliebter und außer Allison und Karen wurden sie von allen gemocht. Allison versuchte zwar immer noch, Hermine herunter zu machen, aber ihre Mitschüler machten nicht mehr mit, ja, sie sagten ihr sogar, sie solle damit aufhören! Mehr und mehr wurden Allison und Karen in die Ecke gedrängt, bis sie schließlich damit aufhörten, Hermine zu mobben. ,,Pah, wieso sollte ich mit jemandem wie Hermine meine Zeit verschwenden?", meinte Allison einmal hochnäsig und Karen nickte eifrig, aber Hermine merkte ihr an, dass sie beleidigt und geschlagen war. Die Mobbattacken der Zwei blieben aus und es die Atmosphäre in der Klasse wurde viel, viel angenehmer. Hermine war glücklich und fühlte sich das erste Mal seit ihrer Einschulung richtig wohl in der Schule.

Die Vorgeschichte der Hermine Jean Granger || hpWhere stories live. Discover now