4th chapter

1.4K 40 7
                                    

'viel Glück bei deinem ersten Tag und hau die Tutoren vom Hocker :*'

Schmunzelnd schüttle ich meinen Kopf über Jasmins Nachricht. Mit ihren sechsundvierzig Jahren ist sie doch noch ziemlich kindisch, trotz alldem wird sie von allen, einschließlich mir geachtet und geliebt. Immer wenn sie da ist entsteht eine angenehme Atmosphäre und wenn man ihre Artikel liest ist man immer wieder aufs Neue erstaunt. Ihr Schreibstil ist einmalig und mit keinem anderen ansatzweise zu vergleichen. Sie nutzt Worte geschickt zu ihrem Vorteil - was gleichzeitig jedoch ihre Schwäche ausmacht. Wobei, Schwäche würde ich es nicht nennen. Sagen wir, eine Eigenschaft auf die der zu Interviewende gern verzichten kann. Jasmin schreibt ehrlich, sagt ihre Meinung und muss damit auch oft negative Kommentare geben. Wenn ihr etwas nicht passt oder der Interviewte übertrieben gesagt einen Skandal verursacht hat, ist sie immer die erste die darüber schreibt und alles auseinandernimmt. Vor ihr sind keine Geheimnisse sicher. Noch ein Grund warum ich auf diese Art verzichten kann.

Ich würde ihr gern über mich und Lando erzählen, doch wenn ich es machen würde wäre es zwei Tage später in der Zeitung, dann in den sozialen Netzwerken und schließlich wüsste die ganze Welt von uns beiden. Es ist leider schon öfters passiert dass ich kurz mit Lando geschrieben habe, Jasmin plötzlich hinter mir stand und sie dann aus heiterem Himmel gefragt hat wer das ist. Jedes Mal musste ich lügen und sagen, dass Lando nur ein guter Freund ist und er niemand besonderes sei. Sie hat es mir zwar abgekauft, dennoch verlässt mich einfach nicht das Gefühl, dass Jasmin dahinter mehr vermutet und mir irgendwann auf die Schliche kommen wird.

Ein letztes Mal tief durchatmend sehe ich den Eingang hinauf. Der Campus ist riesig. Er besteht aus drei großen Lehrgebäuden, einem Lehrerabteil das eigentlich auch als Haus durchgehen könnte und ein paar hundert Meter entfernt das Internat für diejenigen, die sich eine Unterkunft nicht leisten können. Als ich davon hörte habe ich zwar überlegt dort einzuziehen, doch im Nachhinein war ich mir doch sicher dass ich es mit so vielen Menschen auf einem Fleck nicht lange aushalten könnte.

Auf einmal werde ich angerempelt. Erschrocken und vom Schwung gestoßen mache ich einen Schritt nach vorn und suche schnell nach dem Übeltäter. Genau das meine ich. Diese großen Menschenmassen... Ich gehe in ihnen unter wie eine Maus.

"Oh sorry."

Kurz sehe ich in das Gesicht des Anremplers. Braune, lockige Haare, braune Augen, gerade Nase... Typischer Mädchenschwarm. Mir läuft es sofort eiskalt über den Rücken.

"Alles gut, ist ja nichts zu Bruch gegangen..."

Die Hände in der Hosentasche vergraben laufe ich mit schnellen Schritten an ihm vorbei. Ich glaube ich habe eine Fobie vor attraktiven Männern. Relativ zeitig betrete ich das Sekretariat, hole meinen Plan ab und sitze nach einigem Suchen im vorgesehenen Hörsaal. Der Raum ist wie erwartet fast gänzlich ausgestorben, nur ein paar wenige Studenten haben sich bereits hier her verirrt. Mich nach einem geeigneten Platz umsehend bleibe ich auf der Treppe stehen - diesmal am Rand. Nicht dass wieder irgendein Märchenprinz denkt mich umschmeißen zu wollen. Bei den Treppen könnte es ziemlich schmerzhaft werden.

Sollte ich mich nach vorne setzen? Oder doch lieber in die Mitte? Ich entscheide mich für zweiteres. In der ersten Reihe hätte ich bestimmt nach kurzer Zeit Nackenprobleme, nicht allein weil bestimmt wieder viel mit Projektoren gearbeitet wird. Endlich in die Gänge kommend platziere ich mich an den Rand einer der mittleren Reihen und packe mein Tablet aus dem Rucksack. In letzter Zeit arbeite ich nur noch digital. Es erleichtert vieles und die für das Studium nötigen Bücher kann ich einfach im Internet kaufen und erspare somit die unnötigen Rückenprobleme.

Langsam füllt sich der Saal und Plätze werden eingenommen. Erstaunlicherweise ist es ziemlich voll. Anscheinend bin ich noch an mein letztes Studium gewöhnt. Es war so gut wie nie was los, wir waren vielleicht dreißig Studenten und jeder hatte fast drei Plätze in einer Reihe für sich beanspruchen können.

Made The DecisionWhere stories live. Discover now