25 - Das Waisenkind

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Dieser Beton, er war überall und stieg erbarmungslos weiter an. Ich spürte ihn bereits in den Augenwinkeln, während ich unter Schmerzen nach Atem rang. Meine Fingerknöchel färbten sich weiß, da ich krampfhaft die Eisenstange umklammerte, welche mich durchbohrt hatte.
Ich fühlte deutlich, wie sich mein warmes Blut mit dem kühlen, dickflüssigen Beton mischte. Es war mir nicht möglich mich zu heilen, da dieses rostige Metall noch immer in meiner Wunde steckte und dort würde es auch bleiben, wenn Toji nicht kam, denn Ryuichi hatte das Ende der Stange herum gebogen.
Ich warf den Kopf in den Nacken, um so lang wie möglich Luft zu bekommen. Dabei kniff ich die Augen zu, die nun mit in der grauen Masse versanken.
Es war ein schweres ekelhaftes Gefühl, nass und stickig.

"Toji...?!" rief ich mit erstickter Stimme, doch ich konnte weder sehen, noch hören.
Mein Herz schlug laut in meiner Brust und das Blut rauschte mir in den Ohren, während sich in meinem Körper Panik breit machte.
Ich zwang meine Hände sich etwas zu lockern und sie glitten die Eisenstange weiter hinauf. Dann biss ich die Zähne fest aufeinander und versuchte, mit aller Kraft, meinen Körper aus dem Morast zu ziehen.

Erneut schoss der Schmerz, von meiner Wunde aus, wie ein Blitz, durch mich hindurch. Ich schrie auf, doch ließ nicht los, während der Beton immer weiter anstieg.
Meine Hände schmerzten und das scharfkantige Metall schnitt mir tief in die Hände. Meine Arme und mein ganzer Körper zitterten so sehr, dass ich bald schon keine Kraft mehr hatte.  Ich litt und diese Qualen verzehrten mich völlig.
Meine Finger wurden taub und ich wusste nicht, wie lang ich mich noch oben halten konnte. Wenn nicht bald etwas passierte, würde ich tatsächlich sterben.

Perspektive Toji

"Ich schicke dich in die Hölle Kamo-Bastard." knurrte ich, während ich zusätzlich zu meinem Katana, einen Dolch aus dem Wurm zog.
"Was ist das denn für ein Vieh!" lachte Ryuichi hysterisch, während er meine Schwerthiebe parierte.
Ich verengte die Augen zu Schlitzen und schwieg einfach darüber, ich war ohnehin damit beschäftigt ihn umzubringen.

"Deine kleine Freundin umzubringen war leichter als gedacht

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"Deine kleine Freundin umzubringen war leichter als gedacht." grinste dieser Widerling mich an und ich rümpfte nur die Nase. Das konnte nicht wahr sein.
"Aber wahrscheinlich ist das deine Schuld. Immerhin hab ich dir den Arm abgetrennt, weil du so unvorsichtig warst und sie hat sicher all ihre Kraft darauf verwendet dich zu retten."
Als ich daran dachte, wie sie auf meiner Brust gelegen hatte, unfähig sich zu bewegen, weiteten sich meine Augen.
"Oh voll ins schwarze getroffen! Ich habe also recht, du bist Schuld!"
Er verhöhnte mich und wieso war mir das nicht egal, wie sonst auch?

Warum fragte ich mich das überhaupt? Immerhin ging es um sie.
"Duuuuu biiist...." trällerte Ryuichi und zog seine Klinge durch die Luft. Ich wich aus, doch er streifte mich an der Wange und ein Tropfen Blut quoll aus der Wunde. "...unkonzentriert!" beendete er seinen Satz und holte zum nächsten Schlag aus.
Ich wischte mir das Blut aus dem Gesicht und biss zornig die Zähne aufeinander.
"Du wolltest doch ihr Kopfgeld einstreichen, oder nicht?" fragte er nun und unsere Klingen trafen aufeinander.
Er beugte sich nach vorn und musterte mich prüfend. "Dieses kleine Waisenkind, würde sowieso niemand vermissen!"

Durch meinen Kopf zuckten Bilder.
Bilder, die ich Jahrelang so perfekt verdrängt hatte, dass sie wie ein Traum schienen, den ich einst gehabt hatte. Doch je mehr Zeit ich mit ihr verbrachte, desto realer wurde das alles. Das kleine Waisenkind also...

Mein Kopf schmerzte und als ich blinzelte, sah ich das rußverschmierte Gesicht neben mir im Gras. Die Augen, die mit dicken Tränen gefüllt waren, welche ihr bald die Wangen hinab rannen. Ich erinnerte mich, an meine Worte.
"Wenn wir erwachsen sind, werde ich deine Familie sein."
Wie hatte ich das vergessen können? Ich war der Grund dafür, dass sie ein Waisenkind wurde.
Ich hatte nicht ihre Familie umgebracht, oder etwas dergleichen. Aber ich hatte ihr geschworen da zu sein und war es nie gewesen.
Frustriert schwang ich mein Katana und traf Ryuichi damit am Oberschenkel.

Er schrie kurz auf und lachte dann wieder hysterisch.
"Ich hab wohl einen wunden Punkt erwischt, hm? Sag, ist das der Grund, warum du sie nicht umgebracht hast? Weil du sie magst?"
Ich schwieg einfach und konzentrierte mich darauf ihn zu vierteilen, doch selbst mit der Verletzung war er noch geschickt.
"Naja jetzt ist sie tot und du hast sie umgebracht. Wie fühlt sich das an?" fragte er gespielt unschuldig und ich befürchtete vor lauter Zorn den Verstand zu verlieren.

"Klappe!" schrie ich ihn an

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"Klappe!" schrie ich ihn an. Sie war nicht tot, unmöglich. So stark wie sie war, ließ sie sich nicht so einfach umbringen. Er log, er musste lügen!

Ich rammte ihn meinen Dolch in die Brust, doch er verfehlte sein Herz. Zwar rang er nach Luft, doch sein Grinsen erstarb keine Sekunde.
"Doch, ich habe sie da drüben einbetoniert, wenn du dich beeilst ist die Masse noch nass genug, um ihre Leiche zu bergen."
Ich drehte den Dolch in seiner Wunde und er schrie auf, was jedoch in gurgelndem Gelächter mündete.
Dann ließ ich von ihm ab, er war ohnehin zu verletzt, um mich anzugreifen, und stolperte einen sandigen Hügel hinauf. Dann blickte ich suchend in die Senke.

Ich sah eine krumme Stange aus rostigem Metall, die aus frischem Beton ragte. Bei genauerem Hinsehen stellte ich fest, dass dort zwei Hände waren, die sich haltsuchend daran festgeklammert hatten und ein vollkommen verschmiertes Gesicht, dass gequält um jeden Atemzug rang.
Genau in dieser Sekunde lockerte sich der Griff und das Gesicht versank in der grauen Betonmasse.

Ich rutschte eilig den Abhang hinunter, während mein Herz mir erbarmungslos gegen die Rippen schlug und zog meine Beine durch den frischen Beton, der mir bis zu den Knien reichte.
"Dieser Bastart!" schrie ich während ich spürte, wie mir Angst und Verzweiflung das Rückgrad hinauf krochen. So etwas hatte ich noch nie gespürt. Angst war mir fremd, also wieso schlug mein Herz ausgerechnet jetzt wie ein Presslufthammer in meiner Brust?!
Mit einer schwungvollen Bewegung kürzte ich die Eisenstange, bis knapp über den Beton herunter und steckte mein Katana weg. Dann stürzte ich nach vorn und versank mit den Armen im Morast.
Es dauerte nicht lang, da bekam ich etwas zu fassen, was sich wie eine Schulter anfühlte. "Nicht sterben Kleines!" bat ich beinah lautlos und zog sie mit einem Ruck nach oben.

Das Versprechen, das du mir einst gabst |Toji x readerWhere stories live. Discover now