#44 - Baff

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„Echt niemand."

„Jaaaa, ich weiß, das sagtest du schon..."

Finster blickte ich in meinem Zimmer umher, ohne wirklich etwas bewusst anzuschauen. Irgendwie fühlte ich mich jetzt nicht mehr so zerbrochen wie vor ein paar Minuten. Caros Analyse hat  Wunder gewirkt. Ich konnte mich so glücklich schätzen, dass es so wunderbare Menschen in meinem Leben gab. Diejenigen, die mir immer wieder auf die Beine halfen, wenn ich hinfiel. Und leider fiel ich zu oft hin in letzter Zeit.

Es klopfte leise an der Tür und im nächsten Moment schob Leo seinen Kopf durch den Türspalt.

„Wollte nur mal sehen, ob ihr beide noch lebt oder ob ihr euch schon gegenseitig den Kopf abgerissen habt...", grinste er uns an.

Er schloss die Tür hinter sich, nachdem er mein Zimmer betreten hatte, und gesellte sich zu uns auf den Fußboden. Er strich Caro nur einmal sanft über den Arm, aber das reichte auch schon, um meinen Magen wieder hinuntersacken und mein Herz schmerzhaft zusammenzucken zu lassen. Nicht weil ich es schrecklich fand, dass sie s schrecklich süß waren, sondern weil es mir wieder einmal schrecklich genau vor Augen führte, wie schrecklich ich Harry vermisste.

(...neues Lieblingswort.)

Ich biss mir auf die Unterlippe und blinzelte heftig, damit die Tränen dort blieben, wo sie jetzt waren.

„Seid ihr also fertig mit Anschreien, oder?"

„Wir haben uns nicht angeschrien!", entgegnete Caro entrüstet mit gerunzelter Stirn.

„Ja, okay, schreien ist wirklich etwas anderes. Aber worum ging's denn?"

„Um den Weltfrieden. Um was sonst."

Caro verdrehte die Augen.

„Aaaaah!", machte Leo und grinste sie mit einem ziemlich lustigen, bekloppten Gesichtsausdruck (man könnte es auch eher eine Grimasse nennen) an. „Ja, das ist sehr einleuchtend."

Er drehte sich zu mir und ich sah, wie seine Miene wieder ernst wurde.

„Wann musst du eigentlich zum Flughafen?"

„Oh scheiße!!!", entfuhr es mir und ich sprang wie von der Tarantel gestochen auf.

In Windeseile haute ich alle möglichen Sachen in meinen Koffer. Gott sei Dank hatte ich Caro, die sie dann wieder herausnahm und schnell zusammenfaltete.

Plötzlich hielt ich mitten in der Bewegung inne und sah sie an (Leo hatte sich schon längst wieder in sein Zimmer verdünnisiert).

„Hm?", machte sie und sah mich ein wenig alarmiert an.

Fast hätte ich wegen ihrer Reaktion gelacht. Man musste immer vorsichtig sein, was jetzt kam, wenn ich jemanden mit diesem Blick ansah, den ich jetzt drauf hatte.

„Ich halte das nicht aus bis Sonntag!", informierte ich sie sachlich, als würde ich über das Wetter morgen reden und wie viel Niederschlag es geben würde.

„Heißt so viel wie...?", hakte sie vorsichtig nach.

„Heißt so viel wie ich werde jetzt nach New York fliegen und dann morgen bei ihm im Hotel aufkreuzen, sobald ich amerikanischen Boden unter den Füßen habe. Ganz einfach. Und dann werde ich mit ihm reden. Ich kann nicht mehr warten, Caro, ich muss das jetzt klären."

„Also wenn du mich fragst, dann ist das ungefähr das Vernünftigste, was du in den letzten paar Tagen von dir gegeben hast", meinte sie und sah mich offen dabei an.

„Ehrlich?"

„Hallo?! Du quälst dich hier durch den Tag, weil du nicht mit der Situation klarkommst. – Dann ÄNDERE etwas! Wenn was nicht in Ordnung ist, darf man nicht warten, bis es verschwindet oder bis Gras über die Sache wächst, nein, dann muss man selbst Hand anlegen und es ändern. Also beweg deinen Knackarsch zum Flughafen und klär die Sache mit Harold. Sonst komme ich selber nach. Ich war eh kurz davor, selber hinzufliegen und ihm meine Meinung zu geigen."

HeartdanceWhere stories live. Discover now