Kapitel 17

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Ich saß gerade bei Nick.
Wir starrten die Tasche an, in der mein Geld war, an.
,,Und du willst wirklich nicht hier bleiben?'' fragte er.
Ich schüttelte meinen Kopf.
,,Du solltest auch von hier verschwinden, hier gibt es nichts'' antwortete ich ihm.
Natürlich gab es etwas hier - zum Beispiel, unsere Familien, aber das war es auch schon.
Er schaute mich an.
,,Was ist mit George?'' fragte er plötzlich.
Ich schaute ihn verwundert an.
,,Was soll sein?''
,,Du kannst mir doch nicht weiß machen, dass du ihn einfach so zurück lassen willst. Ich sehe doch, wie ihr euch anschaut oder verhaltet'' sagte er.
Ich seufzte.
,,Das habe ich dir doch schon erklärt u - '' er unterbrach mich.
,,Und du liebst ihn'' kam es von ihm.
Meine Augen weiteten sich.
,,Was?''
,,Du liebst ihn'' wiederholte er sich.
,,Tu ich nicht''
Er legte seinen Kopf schief und schaute mich ernst an.
Erneut seufzte ich.
,,Das tut nichts zur Sache...'' murmelte ich.

,,Wieso bleibst du nicht einfach hier und wartest, bis wir alle zusammen von hier verschwinden können?'' fragte er nun.
Es klang jedoch eher schon wie eine bitte.
,,Du kannst auch einfach nach kommen'' antwortete ich ihm.
Nun seufzte er.
Ich dachte nach und kam zu dem Entschluss, dass ich vermutlich keine drei Tage warten, sondern noch heute Abend, die Fliege machen sollte.
So würde ich mir und allen anderen, einen noch schwierigeren Abschied ersparen.
,,Ich denke, ich werde noch heute Abend gehen'' sagte ich.
,,Was? Ich dachte in drei Tagen?'' rief er aufgebracht.
Ich zuckte mit den Schultern.
,,Ist besser so''

Am späten Abend machte ich mich auf den Weg nach hause, um meine Sachen, die ich mitnehmen wollte, zu holen.
Leise schlich ich mich im Haus umher und sammelte alles zusammen.
Ich schlich mich auch noch einmal zu Ben, der wie meine Mutter bereits schlief.
Ich kniete mich zu ihm herunter und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
,,Pass auf dich auf, kleiner Mann'' flüsterte ich zu ihm.
Ben war stark, dass wusste ich.
Natürlich würde es ihm zunächst nicht leicht fallen, aber er würde es schon verkraften.
Es war schließlich auch nicht so, dass ich sie verließ - ich verließ Orville nur.
In der Küche, schrieb ich meiner Mutter einen Zettel.
,,Bitte benutz das Geld, was ich dir gegeben habe, auch - es ist für dich. Du musst dir keine Sorgen um mich machen, mir wird es gut gehen. Es ist wichtig, dass du Ben klar machst, dass ich nicht euch, sondern nur Orville verlassen habe. Er wird für den Anfang - ohne mich, viel Aufmerksamkeit und Unterstützung brauchen.
Passt auf euch auf - Clay''
Ich ließ den Zettel dort liegen und schaute mich noch einmal um.
Es war soweit - der Tag, an dem ich Orville verlassen würde.
Ich dachte noch einmal nach.
War ich wirklich bereit zu gehen? Meine Famile und Freunde zurück zu lassen?
Auch, wenn es mir schwer fiel, war die Antwort: Ja.

Ich schnappte mir das alte Auto meiner Mutter.
Sie hatte ein neues, deshalb klaute ich ihr ihres nicht.
Ich fuhr die Klippe, des kleinen Berges hinauf, dort würde ich die Nacht noch verbringen - einfach zum Abschied und Erinnerung.
Ich bekam plötzlich einen Anruf von George.
Ich spielte mit dem Gedanken, einfach nicht ran zu gehen, doch das tat ich schon automatisch.
,,Warum sagst du mir nicht, dass du noch heute vor hast, abzuhauen?'' ertönte seine Stimme.
,,George'' sagte ich seinen Namen.
,,Sag mir, wo du bist!''
,,George'' sagte ich seinen Namen erneut.
,,Verdammt nein! Sag mir jetzt wo bist!'' schrie er schon förmlich.
Ich seufzte.
Ich wusste, dass er nicht nachgeben würde.
Vermutlich würde er noch ganz Orville, mitten in der Nacht, nach mir absuchen und sich somit in Gefahr begeben.
,,Klippe'' antwortete ich kurz und knapp und legte auf.

Warum konnte er mich nicht einfach gehen lassen?
Arschlöcher, wie mich, würde er um jede Ecke hier finden.
Ich war einfach nur Clay - niemand besonderes.
Für ihn war ich anscheinend aber jemand besonderes und das verstand ich nicht.
Wir kannten uns noch nicht einmal wirklich lange und dennoch wollte er mich.
Wenn er hier auftauchen sollte, hätte ich keine andere Wahl und müsste ihm meine andere Seite, die er bisher noch nicht wirklich kannte, zeigen müssen.
Meine unschöne Seite.

Ich zündete mir eine Zigarette an und stieß den Rauch in die kalte Luft aus.
Ich schaute auf die Uhr und fing an die Minuten zu zählen, in denen er hier auftauchen würde.
Wenn er wirklich dachte, dass er mich jetzt noch abhalten könnte, zu gehen, tat es mir leid für ihn.
Ich würde nämlich keinen Rückzieher mehr machen - dazu war es bereits schon zu spät.





Sweet SeductionWhere stories live. Discover now