8-Ashleys Alec

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„Ich muss mit Alec reden."
Ashley stand vor mir. Sie trug eine lockere Fleece Jacke und Turnschuhe, kombiniert mit einer einfachen Jeans. So kannte ich sie gar nicht. Normalerweise war sie auf das Feinste herausgeputzt.
„Musst du nicht. Verschwinde."
Fauchte ich und wollte ihr die Türe vor der Nase zuschlagen.
„Nein. Nicht bevor ich nicht mit ihm reden konnte."
Sie klemmte den Fuss zwischen Tür und Rahmen.
Langsam gingen die Pferde mit mir durch.
„Ist das dein scheiss Ernst? Du kommst zu meinem Zimmer, um meinen Freund anzumachen? Tickst du noch ganz richtig?"
Zischte ich und baute mich vor ihr auf. Wenn sie dachte, sie hatte bei mir leichtes Spiel, dann irrte sie sich gewaltig.
Sie hatte die Arme verschränkt und sah ziemlich entschlossen aus.
„Ich habe nicht vor, ihn anzumachen, Paige. Ich muss einfach dringend mit ihm sprechen."
Ich schnaubte. Wers glaubt wird selig.
„Dann kannst du auch bis irgendwann warten. Heute sicher nicht."
Sie ballte die Hände zu Fäusten.
„Nein, kann ich nicht! Verdammt, ich hatte schon die ganze Zeit versucht, mit ihm zu reden aber deinetwegen hat er immer abgeblockt."
Sie schien ziemlich durch den Wind zu sein. Tja, nicht mein Problem. Das war sicherlich wieder nur ein falsches Spiel, dass sie trieb.
„Geh jetzt, Ashley. Dafür habe ich keine Nerven, echt."
Ich wollte doch nur die ersten zwei Freien Tage seit langem mit meinem Freund geniessen. Und zwar ungestört. Und ich liess nicht zu, dass sie es vermasselte.
„Alec! Alec!"
Rief sie und versuchte, sich an mit vorbei in das Zimmer zu drängen.
„Sag mal spinnst du!"
Keifte ich sie an und stiess sie zurück, sodass sie taumelte. Sie sah sehr erschrocken aus. Tolle Schauspielerin.
Dann spürte ich Alec im Rücken.
„Schon okay, Paige."
Meinte er und schob mich sanft etwas zur Seite.
„Dein Ernst?"
Fragte ich fassungslos und verschränkte die Arme.
„Das ist unser Abend und du lässt sie hier rein kommen? In mein Zimmer?"
Alec seufzte und hielt Ashley die Türe auf, die daraufhin schnell hinein huschte.
Ich war angepisst. Sehr.
„Hören wir was sie zu sagen hat. Danach verschwindet sie und wir haben  dann unsere Ruhe."
Ich mahlte mit dem Kiefer. Das passte mir gar nicht. Nein.
„Also, was ist los?"
Fragte Alec wenig geduldig und wandte sich Ashley zu. Sie so nahe beieinander stehen zu sehen machte mich jetzt doch eifersüchtig. Schliesslich war sie ihm für einen Abend so nahe gekommen wie ich. Und das passte mir ebenfalls nicht.
„Ich, muss mit dir reden. Wirklich."
Alec hob die Arme.
„Ich bin hier, also los."
Ich trat neben meinen Freund als Zeichen, dass ich mich sicher nicht aus meinem eigenen Zimmer vertreiben liess.
„Kann sie nicht..."
Flüsterte Ashley und wies auf mich.
„Nein. Kann ich nicht", giftete ich sie an. Ich hatte nicht schlecht Lust, ihren Arsch wieder hier raus zu befördern. Und zwar auf dem unsanftesten Weg der mir nur einfiel. Aus dem Fenster zum Beispiel.
„Okay. Ich..."
Sie holte tief Luft und faltete die Hände, als müsste sie sich selbst beruhigen. Ein ungutes Gefühl beschlich mich. Und zwar keine Sekunde zu früh.
„Ich bin schwanger. Von dir."
Das, das war zu viel.
Meine Verschränkten Arme rutschten hinunter und mein Mund klappte auf. Mein Hirn schaltete sich kurzzeitig komplett aus. Ich konnte sie nur anstarren. Wie sie den Tränen nahe da stand.
Dann funktionierte es wieder.
Schwanger. Hatte sie das gerade wirklich gesagt?
Alec reagierte nicht.
Ich dafür schon.
„Verschon uns mit deinen Spielchen, Ashley. Darauf fallen wir nicht rein, verpiss dich!"
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, warte. Es stimmt wirklich, hier, ich hab einen Test mitgebracht, ich beweise es."
Mit zitternden Fingern kramte sie einen blauen Test aus dem Fleece und mir wurde kotzübel.
War das ihr Ernst? Entweder sie spielte ein ganz übles Spiel, oder aber es war...Nein. Daran dachte ich gar nicht. Das war nicht möglich.
„Alec?"
Ich sah hilfesuchend zu meinem Freund, der sich gerade jetzt wieder fasste.
„Ashley, das ist nicht lustig. Selbst wenn du schwanger wärst, heisst das nicht, dass ich der Vater bin."
Sie schluckte und liess die Schultern hängen.
„Doch...es stimmt. Ich habe eben nicht mit allen was, mit denen ich flirte. Du bist wirklich der Einzige, der infrage kommt."
Ich schnaubte.
„Sie will dich doch nur verarschen Alec. Ganz ehrlich, wie wahrscheinlich ist es?"
Alec war komplett verspannt und seine Augen waren dunkel geworden. Sein Kiefer mahlte angestrengt.
„Mach den Test. Und leer deine Taschen vorher."
Er deutete mit dem Kinn aufs kleine Klo, dass an unser Zimmer angrenzte.
Ashley nickte eilig und zeigte uns all ihre Taschen. Was genau taten wir hier eigentlich? Das war doch alles völlig bescheuert. Sie führte uns an der Nase herum und wir liessen es zu. Oder besser gesagt Alec liess es zu.
Dann schloss sie die Türe hinter sich und ich fasste mir ungläubig an die Stirn.
„Alec, was soll die Scheisse? Sie lügt, das ist doch offensichtlich!"
Er atmete langsam aus und strich sich übers Gesicht.
„Und was wenn sie nicht lügt? Wenn sie tatsächlich schwanger sein sollte? Von mir...dann..."
Ich starrte ihn entgeistert an. Ich hatte Angst vor dem, was er vielleicht sagen würde.
„Dann was?"
Fragte ich heiser. Er sagte nichts, weil uns in diesem Moment Ashley unterbrach, die den Test raus brachte.
Die nächsten drei Minuten waren der Horror. Ich tigerte im Raum herum, während Alec reglos auf dem Bett sass.
Ashley stand wie ein Häufchen Elend in der Mitte des Raumes und rührte sich nicht.
Dann piepste der Wecker. Ich schluckte und schnappte mir den Test, bevor sie es tun konnte.
Ich liess nicht zu, dass meine Finger zitterten. Das war alles nur ein abgekartertes Spiel.
Meine Augen huschten über das Resultat.
Positiv.
Fast hätte ich mich übergeben. Das konnte doch nicht sein. Wenn Ashley wirklich von Alec schwanger wäre, würde das sein ganzes Leben über den Haufen werfen. Und meines auch. Ich hatte so viel für uns geplant. Eines Tages vielleicht sogar Kinder. Aber das...das würde alles kaputt machen.
Also durfte es nicht sein.
„Das ist doch nur ein verdammter Fake."
Stiess ich hervor und fühlte, wie die Tränen in meinen Augen zu brennen begannen.
Ich hatte gedacht, von Alec hintergangen zu werden, sei das schlimmste Gefühl auf der Erde. Ich hatte mich geirrt. Zu erfahren, dass eine andere von deinem Freund schwanger war, das war das schlimmste Gefühl. Eindeutig.
Mit zitternder Unterlippe wandte ich mich Alec zu.
„Du glaubst ihr das doch nicht etwa?"
Meine Stimme klang hysterisch. Aber wie sollte ich denn auch anders reagieren?
Alec hatte den Kopf in den Händen vergraben und blickte nun auf. Sein Gesicht war völlig verschlossen.
„Wie lange bist du schon schwanger?"
Fragte er monoton.
„Bald zwei Monate."
Er blickte zu mir. „Das kommt hin."
Ashley nickte.
„Ich mache keinen Witz. Ich meine es wirklich ernst."
Sie zog das Fleece hoch und mir rutschte das Herz in die Hose.
Tatsächlich. Ihr sonst so perfekt durchtrainierter Bauch wies eine leichte, minimale Rundung auf.
Ich starrte sie nur fassungslos an. Es war also wahr. Und kein Albtraum. Scheisse.
Alec stiess die Luft aus und schüttelte den Kopf.
„Und du bist dir sicher, dass es von mir ist? Wenn du mich anlügst, dann..."
Ashley schüttelte schnell den Kopf und griff nach Alecs Hand.
„Bitte, ich lüge dich nicht an. Ich bin doch genauso verzweifelt, was ich tun soll! Ich konnte nicht einmal mehr ins Training, weil es sonst alle sehen würden!"
Alec liess ihre Berührung zu und innerlich drohte ich zu explodieren. Doch ich rührte mich nicht.
Deswegen war sie also nicht mehr aufgetaucht, wenn wir trainiert hatten. Weil man ihren kleinen Bauch in den engen Klamotten erkannt hätte.
„Hallihallo...alle nackten Körper bitte zudecken, ich...oh."
Eine fröhlich aussehende Sam stiess die Türe auf und trampelte ins Zimmer.
Als sie Ashley da vor Alec auf dem Boden sitzen sah und meine Tränen entdeckte, war ihre fröhliche Miene sofort verschwunden.
„Was zum Teufel ist hier los?"
Sie deutete von Ashley auf Alec. Dieser schwieg.
Ich holte stockend Luft.
„Sie ist schwanger. Von Alec."
Flüsterte ich und meine Unterlippe begann zu zittern. Sams Augen verdunkelten sich.
„Das ist ein Witz, oder?"
Fragte sie und ich spürte, wie die Stimmung im Raum sank.
Ich schüttelte nur den Kopf und hielt mir eine Hand vor den Mund, um nicht laut zu schluchzen. Verdammte scheisse, wieso musste sowas immer mir passieren?
„Ich bring dich um."
Sam schüttelte den Kopf und stapfte auf Alec zu.
„Du verletzt sie schon wieder du dämliches Arschloch! Hast du das gewollt, ha? Ich mach dich fertig!"
Ich schnappte mit den Arm meiner besten Freundin und hielt sie mit Mühe fest, während Alec langsam aufstand. Er schwieg noch immer.
„Das war nicht geplant, wirklich nicht."
Piepste Ashley und Sam wies mit dem Finger drohend auf sie.
„Und du, du verdammte Zicke, wenn du lügst, dann mache ich Hackfleisch aus dir!"
Ashley schüttelte heftig den Kopf.
„Tu ich nicht. Es ist wirklich so."
Sam starrte sie und den Schwangerschaftstest einige Sekunden an, dann straffte sie die schultern.
„Das Kind ist sicherlich nicht von Alec. Bei all den Typen, die sie so vögelt."
Ich schniefte leise und versuchte, meine Tränen zu verbergen. Alecs Blicken wich ich aus.
„Doch, ist es. Und...", Ashley schien ihren Mut zusammen zu kratzen.
„Das geht dich auch gar nichts an!"
Sam schnaubte.
„Du stehst in meinem Zimmer, also pass auf was du sagst!"
Ashley reckte das Kinn und versuchte, sich etwas grösser zu machen.
„Sonst was?"
Sam schüttelte mit zusammen gekniffenen Augen den Kopf.
„Dann soll sie doch einfach einen Vaterschaftstest machen. Dann ist es geklärt."
Etwas Hoffnung flammte in mir auf.
„Samantha, lass das. Hör auf, dich einzumischen."
Meinte Alec und stellte sich vor Ashley.
Und erneut traf es mich wie eine Ohrfeige. Er stellte sich doch tatsächlich vor sie. Um sie zu schützen. Sie!
„Was? Das ist keine grosse Sache, da wird dem Mutterkuchen bloss etwas Gewebe entnommen und voilà, ihre kleine Lüge ist aufgedeckt!"
Ashleys Augen weiteten sich.
„N...nein, sowas will ich nicht machen. Was, wenn dem Kind was passiert?"
„Tut es nicht, hör auf zu heulen und mach es einfach. Geht ganz schnell. Ist auch nichts stationäres."
Sam zuckte die Schultern.
Ashley schüttelte verschreckt den Kopf und krallte sich an Alecs Arm fest.
„Samantha, lass sie in Ruhe. Du kannst sie nicht zwingen, das ist ihr Körper."
Alec klang nun ziemlich gefährlich.
Ich starrte ihn nun direkt an.
„Sie will keinen Vaterschaftstest machen, Alec. Checkst du nicht wie verdächtig das ist?"
Verzweifelt deswegen, wie er reagierte, krallte ich meine Nägel in meine Handflächen. War er etwa blind?
„Sieh sie dir an, das ist nicht Ashley wie wir sie kennen. Sie lügt nicht. Sie ist verzweifelt. Und wenn ich wirklich der Vater bin dann...."
Er sah mich direkt an.
„Dann stehe ich dazu. Ich lasse mein Kind nicht im Stich wie ein Feigling."
Sam hob eine Braue. Dann sagte sie eiskalt: „wow, grosse Worte. Hast wohl nicht vorgehabt, zuerst mal darüber nachzudenken oder? Wen du damit alles verletzt?"
Alec blitzte sie wütend an. Seine Augen leuchteten dabei dunkel.
„Halt die Klappe Sam."
„Sie meint mich, Alec. Was ist mit mir."
Flüsterte ich und kam mir vor wie der grösste Egoist. Das Kind konnte nichts dafür, dass es all meine Träume mit Alec zerstörte. Aber trotzdem fühlte ich mich schrecklich. Wo würde ich noch Platz finden, wenn sie erst eine grosse, glückliche Familie waren.
Alec sah mich an und das erste Mal seit Ashley hier rein geplatzt war, konnte ich wieder Gefühle darin erkennen. Es tat ihm leid, wie ich mich deswegen fühlte. Das konnte ich erkennen. Aber er bereute es auch nicht. Wieso auch. Wenn er Vater wurde, konnte ich sicherlich nicht von ihm erwarten, sein Kind meinetwegen zu verleugnen.
„Wir finden eine Lösung. Du und ich. Das alles hat ja noch Zeit, wir müssen nicht jetzt darüber reden..."
Setzte er an.
Meine Mundwinkel hoben sich verächtlich. Keine Ahnung, wieso ich nicht verständnisvoller reagieren konnte. Schliesslich waren die Nachrichten für Alec auch nicht einfach zu verkraften. Aber er ging so damit um, als ob er sich schon fast freute. Und das verletzte mich. Sehr.
Ich machte einen Schritt zurück.
„Ich kann das gerade echt nicht mehr mitansehen. Verschwindet. Beide, raus mit euch!"
Knurrte Sam und scheuchte Ashley aus dem Zimmer, die Alec hinter sich herzog.
Ich sagte nichts und als Alec noch den Mund öffnete, um etwas zu sagen, schlug Sam auch schon die Türe zu.
Und dann waren sie draussen. Und ich brach zusammen. Die Tränen strömten über mein Gesicht und ich liess zu, dass Sam sich neben mir auf den Boden setzte und mich fest in den Arm nahm.
„Ist okay. Lass es raus. Dieser Scheisskerl..."
Flüsterte sie leise und strich mir tröstend übers Haar.
Und da ich mich vor Sam nicht zu schämen brauchte, heulte ich wie ein Schlosshund. Es war ziemlich erbärmlich. Aber sie blieb die ganze Zeit bei mir, redete tröstend auf mich ein und brachte mich anschliessend ins Bett. Wie ein Kleinkind.

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