Ausharren

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Die Sonne ist mittlerweile untergegangen und ich sitze schweigend am Feuer. Die Flammen lodern und es knistert leise während ich meine Gedanken sortiere. Ich genieße die Ruhe und beruhige mich langsam, was im Angesicht der Tatsache, dass mein potenzieller Mörder neben mir sitzt, verstörend wirkt. Ich werde langsam müde, und die anfänglichen Schmerzen kommen auch zurück. Mein Kopf brummt unaufhörlich und die rechte Schulter schmerzt. Bei meiner weiteren Bestandsaufnahme stelle ich nur einige Schürfungen fest, jedoch will ich mich auch nicht allzu auffällig verhalten, weshalb sie relativ kurz ausfällt.

„Willst du ne Ibu?" fragt er plötzlich.

„Ne, danke passt schon" antworte ich schnell.

Er murmelt etwas Unverständliches und dreht sich weg. ‚Hat ja gut geklappt, mit dem unauffällig' denke ich mir und lehne mich etwas zurück.

Ich will nicht einschlafen und versuche mich wach zu halten, doch der Tag hat an meinen Kräften gezerrt und so nicke ich kurz darauf ein.

***************

Es ist dunkel. Fast schwarz, nur die Glut verschafft etwas Licht. Etwas liegt auf mir, leicht panisch reiße ich es runter und merke, dass es nur eine Decke war. „Jetzt schieb nicht solche Paranoia Nora, ist schon etwas lächerli...". Ein Grunzen von links lässt mich wieder verstummen und katapultiert mich in die Situation hinein. Der Unfall, der Mann, nun alles wieder präsent und so schaltet sich mein Fluchtmodus wieder ein.

Ich kann den Impuls des loslaufen grade noch so unterdrücken und gehe leise und taktisch vor. Ich schleiche mich, nachdem ich seine Position ausgemacht habe, in die entgegengesetzte Richtung weg.

Es klappt, er ist nicht wach geworden, und so setzte ich meinen Weg fort bis zu einem kleinen Felsvorsprung, den ich für die restliche Nacht als Unterschlupf nutze.

Nur wenig später werde ich von den Sonnenstrahlen geweckt, die jedoch einen blöden Beigeschmack haben. Schmerzen. Ich fühle mich wie überfahren und mein Körper will mir nicht mehr so recht gehorchen und so weigert er sich auch mit mir aufzustehen.

Der Schwindel, lässt mich immer wieder zurückfallen und so warte ich sitzend etwas ab.

Wo soll ich jetzt hin? Nach Hause? Krankenhaus? Polizei?

Die Bilder des Unfallopfers schießen mir wieder durch den Kopf und der Gedanken, ob er lebt, bleibt unbeantwortet.

Doch will ich diese Antwort überhaupt?

Ich versuche auf andere Gedanken zu kommen, und beschließe erstmal zu Caro zu gehen, sofern ich jemals aus diesem Wald herauskomme. Der Gedanke wieder auf den Mann zu treffen lassen mir keine Ruhe und so laufe ich immer schneller, was nicht gerade produktiv ist auf dem verwurzelten Boden. Und so kommt es das ich ab und zu stolpere, mich aber gerade so abfangen kann.

Ich treffe auf einen Weg, den ich nun verfolge und komme in einem kleinen Park an. Ich setze mich auf eine Bank und schließe meine Augen, um einfach etwas zu entspannen, denn die Gefahr ist weg.

Schritte, zwei Menschen bewegen sich auf mich zu.

Panisch reiße ich meine Augen auf und schaue mich um.

„Alles gut bei dir? Brauchst du Hilfe?"

Dringt eine Stimme zu mir durch. Ich drehe mich ruckartig um und gucke einem älteren Pärchen geschockt in die Augen.

„Herbert, ruf bitte einen Krankenwagen"

‚Beruhig dich Nora, das ist nur eine alte Dame.' rede ich mir ein, doch immer wieder habe ich Bilder meines Entführers vor meinen Augen, der mir näher kommt.

Als mir plötzlich eine Hand auf die Schulter gelegt wird, geht es mit mir durch und ich renne los.

Mein Kreislauf hat jedoch anderes vor und so kann ich mich gerade so noch ins Gebüsch ziehen, und somit aus deren Sichtfeld.

Ich verweile eine Zeit lang im Gebüsch bis ich erneut Schritte höre.

„Guten Tag Rettungsdienst!" kommt es von dem etwas höhergelegenen Pfad aus.

„Gut, dass sie gekommen sind..." fängt die Dame an über unsere doch etwas stürmische Begegnung zu berichten.

Ich liege weiterhin stumm im Graben und versuche meine Atmung unter Kontrolle zu halten, was mir von Zeit zu Zeit jedoch immer schwieriger gelingt. Ich spanne meinen Körper komplett an und fixiere einen unbestimmten Punkt in den Baumkronen. Die Blätter schwingen beruhigend im Takt des Windes und helfen mir somit meine Atmung wieder zu kontrollieren.

Die Schritte entfernen sich und so nutze ich die Chance und komme aus meinem Versteck heraus. Ich folge den Schildern und finde mich auf einer Kreuzung wieder, die ich kenne. Bis zu Caro ist es nicht mehr weit und so laufe ich zügig weiter.

Jetzt stehe ich vor ihrer Tür und hadere mit mir ob ich klingeln soll, den ihr Vater ist Arzt und das konnte ich mir gerade wirklich sparen.

Doch ich betätige die Klingel.

Flug ins Unglück (Asds)Where stories live. Discover now