Legilimentik & Okklumentik

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Nach einem Monat haben sich die Dinge so ziemlich wieder normalisiert. Zumindest so normal wie es nur geht. Meine Freunde - und die Menschen im Allgemeinen - sind nicht mehr so zurückhaltend wie früher. Ich fühle mich nicht jedes Mal schuldig, wenn ich mich freue oder über einen Witz lache. Ich weiss meine Eltern würden wollen, dass ich glücklich bin. Also versuche ich mein Bestes.
Die Dinge sind jedoch nicht immer einfach. Hin und wieder raubt mir die Last dessen was vor fast zwei Monaten so unerwartet geschah den Atem. Manchmal treten mir Tränen in die Augen, aber ich greife nach den Ringen an der Kette um meinen Hals und erinnere mich. Ich erinnere mich daran, dass sie sich geliebt haben und dass sie mich geliebt haben. Dass das Leben weitergeht, egal was passiert. Dass es immer noch gute Dinge gibt.

"Also gut Leute", sagt Professor Tate eines Tages im Unterricht. "Wer kann mir sagen was Legilimentik und Okklumentik ist?"
Meine Hand schnellt in die Luft. "Miss Evans?"
"Legilimentik ist der Akt des magischen Eindringens in den Geist einer Person und die korrekte Interpretation der Ergebnisse und Okklumentik ist der Akt des magischen Verschliessens des eigenen Geistes gegen Legilimentik", antworte ich.
"Merlin Evans", murmelt Sirius und rollt mit den Augen.
"Sehr gut Miss Evans! Zehn Punkte für Gryffindor!", lobt Professor Tate. "Nun, ich glaube, Sie sind alt genug, um zu verstehen was ich Ihnen jetzt sagen werde. Es ist bekannt, dass du-weisst-schon-wer ein geschickter Legilimentiker ist. Als Siebtklässler, die nur noch wenige Monate von ihrem Abschluss entfernt sind, sollten Sie alle auf das vorbereitet sein was er tun kann. Sie sind jetzt alle erwachsen. Wir werden also die Beschwörung üben und unseren Geist verschliessen."
In der Klasse geht ein leises Raunen durch die Reihen. Ich spüre wie ein Kribbeln der Aufregung meinen Körper durchflutet. Das ist sehr fortgeschrittene Magie und kommt schon es ist verdammtes Gedankenlesen. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie James mir zuwinkt. Ich wei ss was er damit sagen will - wir werden Partner.
"Ich möchte, dass Sie sich heute alle konzentrieren, deshalb werde ich die Partner auswählen", verkündet Professor Tate. Ein kollektives Stöhnen geht durch das Klassenzimmer. Professor Tate schnippt mit seinem Zauberstab und zwei Reihen von Namen erscheinen an der Tafel. Lily Evans stellt sich mit Sirius Black auf.
"Also gut ich verstehe den Bücherwurm", grinst Sirius und klatscht in die Hände.
"Ach Black nicht faulenzen", beschwere ich mich. "Ich will den Stoff wirklich lernen." Er wackelt mir nur mit den Augenbrauen zu. Na toll. Danke, Professor.
"Ich möchte, dass Sie sich abwechseln", fährt Professor Tate fort. "Ich möchte, dass die Person, die Leglimentik ausführt das Wort "Legiliemens" sehr deutlich ausspricht. Die Person die, die Okklumentik übt soll versuchen sich keine Gedanken zu machen und Gefühle zuzulassen, in Ordnung? Wir werden dies für den Rest der Unterrichtsstunde tun. Sie können beginnen."
James wirft mir einen Blick zu. 'Hilf mir', sagt er. Ich werfe ihm einen verwirrten Blick zu, bevor ich wieder auf die Tafel schaue. James Potter stellt sich mit Jenna Lauding auf. Ach du Scheisse. Professor Tate, warum? Ich spüre ein Kribbeln in meinem Magen das ich als Eifersucht erkenne. Der erschrockene Gesichtsausdruck von James bringt mich zum Lachen. Ich zucke mit den Schultern, denn ich kann nichts dagegen tun. Au sserdem habe ich keinen Grund eifersüchtig zu sein und ich möchte wirklich an diesem Zauber arbeiten. Er dreht sich zu Jenna um und sie wirft mir ein Grinsen zu. Schlampe. Ich verdrehe die Augen und drehe mich zu Sirius um. "Soll ich ihr die Haare blau färben?", fragt er grinsend.
Ich lache. "Nein ich will üben. Komm schon." Ich nehme seine Hand und führe ihn in eine leere Ecke des Klassenzimmers.

"Was willst du zuerst machen?", frage ich.
Er zuckt lässig mit den Schultern und sagt: "Das ist mir egal Rotschopf. Du wählst aus."
"Ich versuche es zuerst mit Okklumentik", entscheide ich leicht nervös.
Ich schliesse meine Augen und tue was Professor Tate sagt. Ich schalte meinen Geist aus und versuche nichts zu fühlen. "Legilimens!"
Ich bin wieder drei Jahre alt und Petunia zertritt das Wasser, das ich in der Luft schweben lasse. Ich bin sechs und Petunia schubst mich und schreit: "Freak!" Ich bin elf Jahre alt und renne mit einem Hogwartsbrief in der Hand durch das Haus. Ich bin dreizehn Jahre alt und James hat mit einem Zauberspruch meine Haare so grün gefärbt wie meine Augen. Ich bin sechzehn und Severus nennt mich ein Schlammblut während James einen Zauberstab auf seine Brust richtet. Ich bin achtzehn und stehe vor einem Spiegel, in dem sich meine Eltern spiegeln.
Ich schnappe nach Luft als ich aus meinen Erinnerungen gerissen werde. Ich spüre wie eine dünne Schweissschicht meinen Körper bedeckt. Obwohl keine dieser Erinnerungen übermässig privat war fühle ich mich verletzt. Ich hebe meinen Kopf und sehe Sirius an. Auch er wirkt betreten. Er sieht mich entschuldigend an: "Es tut mir leid."
"Schon gut", zucke ich mit den Schultern und richte mich auf. "Ich werde besser darin es zu vergessen."
Auch er steht aufrecht und spannt seine Muskeln an als würde er sich auf einen sportlichen Wettkampf vorbereiten. "Ich bin dran", sagt er mit einer Grimasse.
Ich nicke. Er schliesst die Augen und atmet tief ein. Ich zähle bis zehn damit er Zeit hat sich vorzubereiten. "Legilimens!", rufe ich.
Das Gefühl, das ich empfinde, ist seltsam. Es ist, als ob ich nicht mehr zu einem Körper gehöre, sondern nichts als Geist bin. Ich dringe in Sirius' Geist ein. Ein kleiner Sirius hockt in einem fremden Haus, während ein grosser Mann, der wie Sirius aussieht aber böser ist, ihn anschreit. Ein anderer nur wenig älterer Sirius steht steif wie ein Brett als eine raue Frau ihm eine Gürtelschnalle ins Gesicht schlägt. Ein elfjähriger Sirius stürmt weinend in etwas das aussieht wie James' Wohnzimmer während eine Mrs. Potter versucht ihn zu beruhigen. Ein dreizehnjähriger Sirius klopft seinem jüngeren Bruder auf die Schulter als dieser den Hogwartsexpress besteigt. Ein sechzehnjähriger Sirius packt eilig seinen Koffer und rennt dann schreiend die Treppe hinunter. "Ich hasse diesen Ort! Ich werde nie wieder in dieses Haus voller Voldemort-Liebhaber zurückkehren! Ihr könnt mich alle mal! Ich hasse diese gottverdammte Familie! Ich wünschte mein Nachname wäre Potter!"
Ich werde aus seinen Erinnerungen genauso heftig herausgerissen wie aus meinen eigenen. Ich habe Tränen in den Augen und ein mulmiges Gefühl im Bauch. Bei den Bildern, die ich gerade gesehen habe, möchte ich kotzen, aber ich möchte auch einen Moment mit Sirius' Eltern und meinem Zauberstab allein sein. Als ich den Kopf hebe sehe ich Sirius, der mit seinem Schweiss bedeckt ist und mich anstarrt, um meine Reaktion abzuwägen. Er sieht ängstlich aus, als ob ich ihn für das was ich gerade gesehen habe zurückweisen würde.
Schnell schliesse ich den Abstand zwischen uns und werfe meine Arme um ihn. Zögernd legt er seine Arme um mich. "Es tut mir so leid Sirius", flüstere ich.
Er zuckt mit den Schultern. "Nicht deine Schuld, Rotschopf", sagt er mit heiserer Stimme. Ich werde ihn das nicht noch einmal erleben lassen.
Ich weiss, dass er sich bei all diesen Gefühlsausdrücken unwohl fühlt. Ich lehne mich von ihm weg und frage: "Soll ich sie verhexen?"
Ich erfülle meinen Auftrag während Sirius ein Grinsen auflegt. Die Glocke läutet und Professor Tate entlässt uns. James eilt schnell an meine Seite und reisst mich aus Sirius' Griff.
"Wa...?" Seine Lippen sind auf meinen, bevor ich ein Wort herausbringen kann. Er legt seine Hand auf meinen Hinterkopf und hält mich so fest. Nach gefühlten Minuten lässt er mich los.
"Ähm hallo?", sage ich verwirrt. Sein Gesicht ist knallrot und ich bin sicher mein Gesicht ist genauso rot.
"Lass uns gehen", ist alles was er sagt und er zieht mich mit offenem Mund aus dem Klassenzimmer.
"Krone, wenn du Evans das nächste Mal deine Zunge in den Hals schieben willst, könntest du mir das nicht direkt ins Gesicht sagen", sagt Sirius und folgt uns.
Er antwortet nicht woraufhin ich und Sirius uns besorgte Blicke zuwerfen. "Krone, Kumpel, was ist hier los?"
"Jenna", knurrt James. Sirius und ich werfen uns wieder einen Blick zu.
"Was hat sie getan?", frage ich.
"Ich will nicht darüber reden", antwortet er knapp.
Ich ziehe an seinem Arm und zwinge ihn zum Stehenbleiben. Sirius geht weiter und wirft mir einen Blick zu, der "viel Glück" bedeutet. James' Wangen sind gerötet und er krampft seinen Kiefer zusammen. Seine Augen sind von meinen abgewandt. Ich lege meine Hand auf sein Kinn und drehe seinen Kopf, damit er mich ansieht.
"He ich bin's", sage ich leise. "Sprich mit mir, bitte."
"Sie hat nicht einmal versucht mich abzuwehren", sagt er verärgert. "Sie hat mir einfach weiter Erinnerungen gezeigt."
"Erinnerungen? Erinnerungen an was?"
Er wirft mir einen Blick zu. "Oh!" So ein Miststück. Wer zum Teufel zeigt einem Kerl, der eine Freundin hat, Erinnerungen an sich? Ich spüre die Eifersucht in mir aufsteigen, aber ich verdränge sie. Ich meine, ich bin mir hundertprozentig sicher, dass James mich liebt, und ich bin mir hundertprozentig sicher, dass Jenna einer der nervigsten Menschen auf dem Planeten ist.
"Na ja ich meine da kann man nichts machen also gibt es keinen Grund sich zu ärgern", sage ich achselzuckend.
"Nun", grinst er triumphierend. "Ich habe sie dazu gebracht Erinnerungen an mich und dich zu sehen."
"Oh Potter", grinse ich. "So ein Spassvogel."
"Du liebst mich", singt er und legt einen Arm um meine Schultern.
"Das tue ich du Trottel", antworte ich und lächle.

Ephemeral | A Lily & James Story (deutsche Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt