Leon Goretzka

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- schönen 3. Advent🎄☃️-

Die kalte Nachtluft pfiff um meine Nase. Draußen war es stockdunkel, ich konnte die Hand vor Augen nicht sehen. Nur in der Ferne brannten die Lichter der Straßenlaternen, doch selbst diese gaben durch den andauernden Schneesturm nur wenig Helligkeit ab.

Es war bitterkalt, so eisig, dass ich fast schon vermutete, die Tränen auf meinen Wangen würden gefrieren.
Mit langsamen Schritten lief ich die Straße entlang, der Schnee knirschte leise unter meinen Füßen und ich hinterließ meine eigene Spur in der kalten Dezember Nacht.

Ich näherte mich dem hell erleuchteten Platz, in dessen Mitte eine Statue posierte.
Im Winter war ich hier besonders gerne. Alle Bäume im Umkreis waren mit Lichterketten geschmückt und in dem kleinen Pavillon, etwas abseits, baumelte ein leuchtender Stern von der Decke.

Normalerweise stand hier noch ein Wagen, in dem man Waffeln oder Crêpes kaufen konnte, aber um diese Uhrzeit hatte dieser schon geschlossen.
Natürlich. Es war beinahe 3 Uhr früh an Heiligabend.

Ich legte meinen Kopf in den Nacken und spürte sogleich die kalten Flocken in mein Gesicht rieseln. Ich überlegte nicht lange, ehe ich mich auf den kalten Boden legte und in den Himmel hinauf starrte.

Der Schnee schien immer dichter zu werden. Ich versuchte mir jede einzelne Schneeflocke anzusehen, aber nur nach kurzer Zeit wurde mir so schwindelig, dass ich für einen kurzen Moment die Augen schloss.

Meine Glieder waren schwer, ich sehnte mich nach einer heißen Dusche, aber mein Körper gehorchte mir nicht mehr.
Nässe kroch durch meinen Mantel auf meinen zitternden Körper, während meine Beine langsam taub wurden.

"Hey"

Etwas in mir regte sich. Mit letzter Kraft öffneten sich erschrocken meine Augen.

Ich sah einen Kopf über mir, der mich besorgt beäugte.

"Alles okay?"

Ich versuchte zu nicken, schloss dabei jedoch wieder die Augen und schien beinahe wieder abzudriften.
Mein Körper konnte nicht mehr.
Ich hatte den ganzen Abend am Friedhof verbracht, im andauernden Schneesturm und in Eiseskälte.

Dann spürte ich wie sich eine Hand unter meinen Körper schob und mich nach oben drückte.

Erschöpft versuchte ich meine Augen offen zu halten. Der Mann war in meinem Alter, er trug karierte Schlafanzug Hosen, Hausschuhe und darüber eine dicke Winterjacke.

Er setzte meinen steifen Körper auf einer Parkbank ab, ehe er eine Decke um mich schlang.

"Keine Angst, ich bin Leon und wohne gegenüber-" er deutete irgendwo hinter sich. "Ich hab dich herkommen sehen und wusste nicht ob du vielleicht Hilfe brauchst. Aber du erfrierst ja beinahe."

Seine Stimme klang warm und löste in mir einen kleinen Funken aus, der sich in meinem ganzen Körper ausbreitete.
Ich versuchte die Decke enger um mich zu ziehen, doch er kam mir direkt zur Hilfe.

"Ich weiß, dass du mich nicht kennst, aber ich will dich nicht hier draußen alleine lassen. Du könntest bei mir duschen und trockene Klamotten anziehen."

Er schaute mich an. Seine Augen funkelten.

Mein Körper ächzte nach Wärme.

"Aber ich brauche deine Zustimmung." er klang besorgt, das machte mich nervös.
Niemand sorgte sich um mich.

Mit letzter Kraft nickte ich.

"Okay, dann lass uns dich mal ins warme bringen."
Ohne Widerrede hob er mich hoch und trug mich in das Haus auf der anderen Straßenseite.

Ich wusste nicht wie, aber kurze Zeit später saß ich auf dem Rand der Badewanne in einem äußerst großen Badezimmer.
Frisch geduscht und mit schmerzenden Gliedern.

Das heiße Wasser hatte gewirkt wie Tausende Nadelstiche, aber dennoch wirkte ich um einiges entspannter.
In meinem Kopf drehte sich trotzdem noch alles.

Widerwillig zog ich mir den dicken Pulli und eine Jogginghose von Leon über.
Dann verließ ich auf leisen Sohlen das Zimmer.

Ich musste nicht lange suchen bis ich Leon in der Küche fand.
Eigentlich wollte ich direkt wieder verschwinden, aber er hielt mir im nächsten Moment eine dampfende Tasse Tee unter die Nase.

"Soll ich jemanden anrufen?" fragte er leise.

Ein Stich durchfuhr mein Herz. Ich schüttelte den Kopf und versuchte den Kloß in meinem Hals hinunter zu schlucken.
"Es gibt niemanden außer mich" brachte ich heiser hervor.

Leon nickte langsam. "Wenn du willst kannst du dich in meinem Bett ausruhen. Ich kann heute sowieso nicht mehr schlafen."

"Danke." die Worte rutschten mir so leise über die Lippen, dass ich befürchtete, sie gar nicht laut ausgesprochen zu haben. Doch Leon's Lächeln verriet mir, dass er es gehört hatte.

Wir saßen eine Weile schweigend in der Küche, bis ich fast im Sitzen einschlief.
Leon führte mich daraufhin ins Schlafzimmer, brachte mir zwei weitere Kissen, eine dickere Decke und ein Glas Wasser.
Fast kam ich mir schon wieder vor wie ein Kind, um das er sich kümmern musste.
Aber mein ausgelaugter Körper protestierte nicht.

"Leon?" fragte ich leise, als er gerade schon wieder das Schlafzimmer verlassen wollte.
Er drehte sich um.
Braune Locken fielen in sein schönes Gesicht.

"Wieso bist du nicht bei deiner Familie?"

Er zuckte mit den Schultern. "Bin kein Fan von Weihnachten."

Ich wusste anhand seines trüben Blickes, dass mehr dahinter steckte, aber im Moment konnte ich nur noch darüber nachdenken endlich meine Augen zu schließen.

Als ich wieder aufwachte ging die Sonne gerade unter. Die Uhr sagte mir, dass es schon halb fünf war und ich somit über 11 Stunden geschlafen hatte.
Ich überlegte kurz, wann ich das letzte mal überhaupt länger als drei Stunden am Stück geschlafen hatte. Aufjedenfall war es schon viel zu lange her.

Durch die geschlossene Türe hörte ich Leon's Stimme, der zu telefonieren schien.
Neugierig tapste ich in den Flur.
Mein Körper fühlte sich stärker an als sonst und ich stellte fest, dass mein Kopf nicht mehr so extrem brummte wie sonst immer.

"Nein, ich hab sie schon einige Male hier gesehen und jedes Mal sah sie so verloren aus. Aber gestern-" Leon hörte auf zu sprechen und lauschte der Person auf der anderen Seite der Leitung.
"Sie wäre beinahe erfroren. Wenn ich nichts getan hätte, wäre heute morgen nicht mehr viel von ihr übrig geblieben. Das war das mindeste, dass ich hätte tun können."

Eine Gänsehaut kroch meinen Rücken hinauf, als ich daran dachte, dass diese Nacht auch ganz anders hätte enden können.

Leon's Stimme klang plötzlich gedämpfter, "Sie war der Grund, warum ich in dieser einen Nacht nicht aufgeben konnte. Ich hatte sie zum ersten Mal auf dem Platz gesehen, mitten in der Nacht."
Er stockte, "Vielleicht war sie das Zeichen, auf das ich solange gewartet hatte."

Mein Atem stockte. Kurz darauf legte Leon auf und ich kam in die Küche.

Er stand mit dem Rücken zu mir und schaute aus dem Fenster. Hinunter auf die Straße und auf den Platz, an dem gerade wohl wieder einiges mehr los war, als heute Nacht.

Hinter ihm ging die Sonne unter, das Licht brach sich hinter ihm und strahlte um seinen ganzen Körper, so als würde er einen Heiligenschein tragen.

Und in diesem Moment war ich mir sicher.
Leon war mein ganz eigenes Weihnachts Wunder gewesen.

Fußball Oneshots -boyxgirlWhere stories live. Discover now