~𝑺𝒆𝒄𝒉𝒔𝒖𝒏𝒅𝒛𝒘𝒂𝒏𝒛𝒊𝒈𝒔𝒕𝒆𝒔~

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Als ich drei Tage später am Donnerstag von der Schule nach Hause komme, ist es still in der Wohnung. Trotzdem bin ich mir ziemlich sicher, dass Esperanca in der Küche ist, weil sie immer dort ist. Vorsichtshalber schaue ich aber trotzdem nach, bevor ich in mein Zimmer gehe.

Esperanca sitzt tatsächlich am Tisch und steht erleichtert auf, als ich kurz  meinen Kopf durch die Tür stecke. „Warte." Sie kommt auf mich zu und mustert mein Gesicht. „Ich habe Essen gekocht. Möchtest du etwas? Es gibt Paella."

Bei dem Wort Pealla läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Pealla ist ein spanisches Wok-Gericht, das ziemlich aufwendig und furchtbar lecker ist.

Seit fünf Jahren habe ich keine Paella gegessen und jetzt hätte ich zum ersten Mal wieder die Gelegenheit dazu.

Sofort läuft mir das Wasser im Mund zusammen, aber ich kann nicht einfach ja sagen und mich an den Tisch setzen. Das wäre zu viel.

Allerdings hatte ich vor Esperanҫa nach meinen Eltern zu fragen, was eindeutig länger dauern wird, als fünf Minuten. Deshalb nicke ich doch und setze mich auf den Platz unter dem Fenster.

„Wo sind eigentlich meine Eltern? Sind sie in der Nähe?", frage ich kurzerhand, nachdem ich bis drei gezählt habe. Erschrocken zuckt Esperanҫa zusammen und lässt dabei den Teller mit der selbstgemachten Paella fallen. Mit einem Knall zerbricht der Teller auf den Fliesen und die schöne Paella spritzt mit einem Radius von zwei Metern über den Boden und auf die Schränke.

Ohne ein Wort zu sagen, bückt sie sich und beginnt mit bloßen Händen die Scherben aufzuheben. Nacheinander wirft sie das zerbrochene Porzellan in den Mülleimer und kehrt dann das Essen zusammen.

Plötzlich hält sie mitten in der Bewegung inne und hält sich die mit Soße bekleckerte Hand an die Stirn. Ihre Augen drehen sich, ehe sie die Lider schließt und ihre Hand auf ihre Bluse legt, ohne die Soße in ihrem Gesicht zu beachten. Sofort bekomme ich einen Schreck.

„Alles okay?"

Meine Stimme hat eine hohe Tonlage angenommen, die mir selber ein bisschen Angst macht. Esperanҫa sagt nichts, sondern sinkt langsam auf den Boden. Mit geschlossenen Augen lehnt sich sich an den Schrank und fängt an heftig nach Luft zu schnappen.

Ein heißer Angstschauer durchfährt mich. „Esperanҫa?!"

Weil sie nicht reagiert, hechte ich zum Waschbecken und befülle ein Glas mit kalten Leitungswasser. Blitzschnell halte ich es ihr hin und ignoriere, dass eine Menge an Wasser dabei auf ihren Rock tropft. Sie nimmt es mit zitternder Hand entgegen und stürzt es auf einmal herunter.

Abwartend starre ich sie an, wie sie langsam ihre Augen wieder öffnet. „Ja, es geht. Danke, du hast mir das Leben gerettet." Sie sieht mich an und lächelt schüchtern. Unter normalen Umständen hätte ich jetzt etwas kommentiert, aber irgendwie kommt nichts aus meinem Mund. Vielleicht, weil es in diesem Moment besser ist, nichts falsches zu sagen.

Stöhnend rappelt meine Adoptivmutter sich auf und füllt neue Paella auf einen heilen Teller. Schweigend setzt sie sich an den Tisch und beginnt sich den gelben Reis auf die Gabel zu häufen, während ich wieder am Türrahmen stehe und ihr schweigend dabei zusehe.

„Setz sich doch", bittet sie mich. Zögernd schlurfe ich auf den Tisch zu und setze mich mit der rechten Pobacke auf den Stuhl. Meine Hände halte ich unter dem Tisch versteckt, damit meine Adoptivmutter nicht sieht, wie nervös ich bin.

Alleine ihre Anwesenheit beunruhigt mich in dem Moment, weil ich nicht weiß, wie ich mich verhalten soll. Aber wer weiß schon, wie man sich bei einer Mutter, die man nicht richtig kennt, verhalten soll.

Honeymilk SmellWhere stories live. Discover now