Prolog

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„Ihr aber, getreue Liebende,
die ein allzustrenges Schicksal im Leben getrennt,
und nun ein freiwilliger Tod auf ewig vereiniget hat,
lebet, Juliette und Romeo,
lebet in unserm Andenken,
und die späteste Nachwelt
möge das Gedächtniß eurer unglüklichen Liebe
mit mitleidigen Thränen ehren!"

Ich deutete eine knappe Verbeugung an und schaltete unter dem tosendem Applaus der gebannt zuhörenden Schüler:innen zur letzten Folie meiner Präsentation, der Aufforderung Fragen zu stellen. Sofort schossen mehr als ein Dutzend Hände nach oben, begierig letzte Wissenslücken zu schließen und mich mit Lob für meinen mitreißenden Vortrag zu überschütten.

Oder auch nicht.

Fakt ist, ich leierte den Vortrag zu Shakespeare, den Mr Marzan mir aufgrund meiner unterirdisch schlechten Leistung in Englischer Literatur aufgebrummt hatte, in einem irren Tempo herunter. Natürlich ohne Präsentationsfolien. Es hatte auch niemand Fragen, dafür hätte man mir zuhören müssen. Genervt starrte ich auf den Boden, wartete auf die Erlösung durch den alten Giftspucker, der mit verschränkten Armen halb auf dem Pult saß und es ganz sicher genoss, dass ich vor dem ganzen Kurs stand und schwitzte wie ... irgendwas das eben doll schwitzte. Kein Wunder, dass ich in allen sprachlichen Fächern miese Noten kassierte, wenn mir nicht einmal gescheite Vergleiche einfielen.

Gerade als ich die Lust daran verlor unter den missbilligenden Blicken des alten Stinkstiefels auszuharren und meine Lunge bereits mit Luft füllte, um der miesen Menschheitsgeißel zu sagen, wo er sich Shakespeare hinstecken konnte, hob ER seine Hand. Sofort lief es mir kalt den Rücken herunter, ein dicker Kloß im Hals machte mir das Atmen schwer und meine Beine begannen zu zittern. Konnte dieser Montag noch grässlicher werden?

Er konnte. Natürlich. Murphys Gesetz.

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