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„Ich bleibe bei ihr, Mrs Schwartz, schon ok."

Wer blieb bei mir? Wieso war das schon ok? Das war nicht ok. Das war nicht ok!
Ich kannte die Stimme nicht. Glaube ich. Ich schwamm noch immer in Watte. Oder Wackelpudding. War eigentlich ganz schön hier. So leicht.

„Sie kennen mich, Mrs Schwartz. Ich bin ein Wolf. Trainer Lewis verbürgt sich für mich." Ein Wolf. Ich kicherte. Glaube ich. Vielleicht kicherte ich auch nur, weil die Zuckerwatte mich an den Füßen kitzelte.
„Wir Wölfe brechen nie unser Wort." Diese aufgeblasenen Footballspieler waren doch echt nervig.

Noch immer dröhnte es in meinem Kopf und so ein unangenehmes Klingeln in den Ohren war in den letzten Minuten auch dazu gekommen. Es verhinderte, dass ich erkannte wer da bei mir saß. Ein Wolf. Ich kicherte wieder, bis sich ein Bild vor mein inneres Auge drängte. Eine Wolves-Jacke direkt vor mir, als ich aus dem Sekretariat trat.

„Ich glaube, dass ich lieber Yaron hole. Oder das kleine Hicks Mädchen. Wie hieß sie noch gleich?" Ich konnte hören, dass Mrs Schwartz weniger zu dem Jungen im Raum, als zu sich selber sprach. Dann hörte ich, wie die Tür ins Schloss fiel.

Jackson hatte vor dem Sekretariat gestanden. Mein Alptraum, meine Geißel. Panik kroch unaufhaltsam durch jede Faser meines Körpers. Mir wurde kalt. Dann heiß. Mühselig kämpfte ich durch den Pudding in meinem Kopf. Vor mir saß Jackson und ich war ihm hilflos ausgeliefert. Ich musste die Augen öffnen. Und weglaufen. Vor allem musste ich weglaufen.

Ich riss in dem Moment die Augen auf, als er sich von der Tür ab- und zu mir hinwandte. Das Krankenzimmer war schmal. Rechts und links des Ganges standen je ein Pritsche, vor Kopf unter den Fenster eine Theke mit Waschbecken und dem Kram für die Erste Hilfe. Keine Fluchtmöglichkeit.

Wo war Schwester Sabine? Sie musste hier sein, sie würde Jackson davon abhalten mich fertig zu machen.

„Marian?" Ich war mir ziemlich sicher, dass er meinen Namen nicht zum ersten Mal sagte, denn sein Tonfall schwankte zwischen milde genervt, unterschwellig spöttisch und leicht besorgt.

Ich hörte auf hektisch meinen Kopf in alle Richtungen zu drehen. Das war nicht Jackson.

„Ben." Nicht Jackson. Vor mir stand Ben. Meine Augen hatten mir einen Streich gespielt. Oder war ich so gefangen in einem Strudel aus immer schlechten Erwartungen, dass ich nicht anders gekonnt hatte, als mit dem Schlimmsten zu rechnen?

Ich grinste ihn an, während er verlegen seinen Hinterkopf kratzte. „Ich hoffe du glaubst nicht, dass ich dich stalke."

Ich konnte ihm nicht ganz folgen. Das fette Fragezeichen schien sich aber auf meinem Gesicht abzumalen, weshalb er weitersprach.

„Ich hab gehört, was du zu Mr Marzan gesagt hast." Er lächelte mich an und in seinen rehbraunen Augen blitzte der Schalk. „Mir war gar nicht klar gewesen, dass du einen Todeswunsch hast. Der Typ hasst dich doch so schon." Ich bildete mir ein, dass Anerkennung in seinen Worten mitschwang und nicht der Wunsch die Nummer der nächsten Nervenheilanstalt weiterzugeben. „Ich habe vor dem Sekretariat gewartet - so wie übrigens eine Menge anderer Schüler:innen auch. Dann bist rausgekommen, hast deine Augen weit aufgerissen, dann verdreht und schließlich geschlossen, als du zusammengeklappt bist."

Tosender Applaus für mich. Chance vertan. Ich hätte von meinen Mitschüler:innen für die Beleidigung des unbeliebtesten Lehrers der Schule gefeiert, bejubelt, ja verehrt werden können. Stattdessen würde man jetzt darüber reden, dass ich wie eine Mamsell im Stress ohnmächtig geworden bin. Bravo.

Ich spürte wie die Hitze in meinen Kopf schoss und war mit sehr sicher, dass ich einer reifen Tomate glich. Ben grinste. „Mach dir keine Sorgen, ich war nah genug dran um dich aufzufangen, bevor du Jackson vor die Füße fallen konntest."

An Alpha's BiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt