8

117 7 1
                                    

Luciens Sicht

Aspen.

Das Mädchen mit den feurig roten Haaren, den matt grünen Augen und den Sommersprossen, die überall auf ihrem Gesicht Platz fanden.

Ich kannte dieses Mädchen bereits länger, als sie wusste.

Kurz vor dem Unfall von Aspen, waren wir in die Stadt gezogen. Die Zeit über versuchte ich sie zu finden, denn ich wusste irgendwo war das Mädchen, welches den Bund mit mir hatte.

Doch bevor ich sie finden und Kontakt aufbauen konnte, spürte ich den Schmerz, der mich fast zerriss. Sofort wusste ich, etwas Schlimmes war geschehen.

Das war es.
Aspen wusste es nicht, zumindest glaubte ich das, doch ich war derjenige der sie aus dem Wrack zog.
Das war das erste Mal, das ich sie sah und auch wenn sie nicht aussah, wie ich es mir vorgestellt, oder erhofft hatte, war sie zugegebener maßen wunderschön.

Ihre Haare leuchteten so feurig rot, wie ich es noch nicht zuvor bei jemanden gesehen hatte.
Die grünen Augen, die mich an einen der tiefgrünen Wälder erinnerte, hatten eine Intensität, die mir einen warmen Schauer über den Rücken laufen ließ.

Am schönsten waren ihre Sommersprossen und das kleine Grübchen auf ihrer linken Wange.

Nach dem Unfall wollte ich mit ihr sprechen, denn sie hatte mich gesehen und ich dachte, der Zeitpunkt wäre gekommen. Doch das war er nicht.

Sie schien sich nicht an mich zu erinnern, sondern war von Schmerzen über den Verlust der Mutter zerfressen. Jeden Tag weinte sie, wurde in der Nacht von Albträumen geplagt und baute den Kontakt zu ihren Freunden ab.

Das schlimmste war, dass ich ihr nicht helfen, sondern nur auf sie aufpassen konnte.

Irgendwann schien sie sich zu erholen, wobei ich nicht sicher war, ob sie all die Geschehnisse wirklich verarbeitet und nicht nur verdrängt hatte.

Dennoch konnte ich nicht länger warten. Ich musste mit ihr Kontakt aufbauen und ihr sagen, was sie erwarten und bevorstehen würde.
Aber bevor ich überhaupt die Chance hatte, spürte ich erneut, dass Aspen in Gefahr war.
Grade rechtzeitig konnte ich sie vor den Höllenhunden retten.

Und ich war froh, rechtzeitig zu sein. Doch als ich zu Aspen blickte, erkannte ich denselben Ausdruck in den Augen, wie an dem Tag ihres Unfalls. Angst, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Sie wollte nicht sterben.
Aber das würde ich auch nicht zulassen.

Soweit es möglich war, versuchte ich die Wunden selbst zu versorgen, bevor ich sie ins Krankenhaus brachte.

Ich war erleichtert, dass sie sich so gut erholt hatte, doch ich ahnte bereits, dass sie stärker war, als sie von außen wirkte.

Jedoch war es schwieriger als gedacht ihr alles von meiner Welt zu erzählen. Anfangs glaubte sie mir kein Wort. Erst bis ich meine Flügel zeigte, was ich sonst nie tat.
Meine Flügel auf der Erde zu nutzen kostete mich Unmengen an Kraft und lockte Dämonen an.

Erst ab dem Moment als Aspen sich entschied ihr Leben weiterleben zu wollen, spürte ich, dass sie doch schwächer war als ich dachte. Vor allem aber machte mich ihr Verhalten wütend. Von unserem Leben hing so viel ab. Nicht nur ihre Welt, nicht nur ihre Familie war bedroht. Auch meine. Meine Adoptiveltern, meine Schwester, aber auch meine leiblichen Eltern und die Gesamtheit der Götter, die meine ursprüngliche Heimat war.
Egal was kommen würde, ich würde meine Familie und die Menschen, die ich liebe, mit allem schützen, was mir zur Verfügung stand.

FallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt