11.

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~Rachel~

„Danke, das wäre wirklich nicht nötig gewesen."
„Du sollst dich doch nicht mehr bedanken", tadelte Xav. Ich weiß. Aber ich konnte nicht anders. Er hatte mich aufgenommen, war gastfreundlich gewesen und hatte mich sogar bis vor meine Haustür gefahren. Was konnte ich anderes tun, als mich bei ihm zu bedanken?
„Ich werde mich bei dir revanchieren." Er lachte.
„Das musst du wirklich nicht tun." Sein charmantes Lächeln, das er dabei aufsetzte, brachte mich für einen kurzen Moment aus dem Konzept.
„Nein, ich werde mich bei dir revanchieren", beharrte ich. Ich mochte vielleicht etwas trotzig klingen, doch das war wahrscheinlich der einzigste Weg ihn dazu zu bringen mein Angebot anzunehmen.
„Wenn du darauf bestehst.", Selbstbewusstsein, Charme und eine Prise Ironie vermischten sich mit seinem Grinsen. Verzweifelt versuchte ich diese Reaktion zu deuten, scheiterte aber kläglich.
Seine große Hand hielt mir sein entsperrtes Handy vor die Nase. Zu sehen war eine leere Kontaktanzeige. Verstehend nickte ich. Schnell tippte ich meine Nummer ein. Als ich jedoch meinen Namen eintippen wollte, hielt ich einen kurzen Moment inne. Der Name Adeera war bereits angegeben. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Schließlich gab ich Xav sein Handy wieder zurück.
„Ich ruf' dich mal an, damit du auch meine Nummer hast." Ich nickte. „Ich speicher' dich dann später ein. Mein Handy ist oben."

Nachdem ich mich von Xav verabschiedet hatte und ihm versicherte, dass ich es alleine nach oben schaffen würde, tuckerte er unwillig nach Hause. Er kam mir dabei fast wie ein sturer fünf-jähriger vor. Ich gluckste. Wahrscheinlich hatte er es auch schon früher nicht gemocht, wenn er seinen Willen nicht bekam.

Geschickt fischte ich meinen Ersatzschlüssel aus dem Briefkasten. Dabei stellte ich sicher, dass niemand mich beobachtete. Es war nicht das erste Mal, dass ich überstürzt vor Blake geflüchtet bin und meinen Schlüssel vergaß, weswegen ich die Angewohnheit hatte immer einen Ersatzschlüssel in meinem Briefkasten aufzubewahren. Schnell sperrte ich die große Tür auf bevor ich zu meiner Wohnungstür hochsprintete. Die Kälte der Fließen kroch durch die schwarzen Socken. Xav hatte darauf bestanden, dass ich sie anziehe, nachdem ich schon seine Schuhe abgelehnt hatte, aber mit den riesen Dingern wäre ich wahrscheinlich nur auf die Nase gefallen. Zum Glück musste ich nur zum Auto hin und jetzt die Treppen mit den Socken laufen, denn wer weiß in was ich alles getreten wäre.

Schnell steckte ich meinen Schlüssel in die Türe und drehte ihn wie gewohnt zwei mal herum. Das Schloss klackte genau zwei Mal und gab dann die Sicht auf meine Wohnung frei. Es war eine alte Gewohnheit. Ich fühlte mich sicherer vor ihm, wenn ich zwei Mal abschloss. Auch jetzt beruhigte mich diese Tatsache.

Ohne groß nachzudenken ging ich ins Bad und zerrte mir das rote Kleid vom Leib. Xav hatte mir angeboten Sachen von ihm anzuziehen, doch ich hatte abgelehnt. Er hatte schon so viel für mich getan. Dem roten Stoffballen am Boden schenkte ich keine Beachtung, während ich den letzten Hauch Kleidung ablegte und mich unter die Dusche begab.

Frisch angezogen machte ich mich auf den Weg zum Wohnzimmer. Mit zusammengekniffenen Augen scannte ich die Umgebung ab bis ich mein Zielobjekt fand. Sofort schnappte ich mir mein Handy, das auf dem Tisch lag, und ließ mich in das beige Sofa fallen. Zwei verpasste Anrufe. Ich tippte auf die Benachrichtigung und zog verwirrt meine Augenbrauen zusammen. Beide Anrufe waren von verschiedenen Nummern. Verwirrt drückte ich auf den Anruf, der gestern getätigt wurde. Nach einer gefühlten Ewigkeit nahm die Person ab.

„Scheiße!", wütend rannte ich zur Garderobe im Gang, warf mir meinen leichten Mantel über, zog irgendwelche Schuhe an, schloss die Tür hektisch ab und stampfte die Treppen hinunter. Mein Rennen stoppte erst, als ich die U-Bahn Station erblickte. Außer Atem erreichte ich die Treppen, die ich nun langsamer hinunter stieg. Meine U-Bahn würde in 3 Minuten kommen. Wie konnte ich Blake vergessen? Ein unfassbarer Groll erfüllte mich. Verzweifelt ballte ich meine Fäuste zusammen und drückte zu. Wie konnte ich nur so dumm sein? Meine Hände zitterten schon vor Zorn.

Als ein kleines Mädchen in mein Sichtfeld kam, lockerte ich meine Hände. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich stehen geblieben war. Ich lächelte ihr zu und setzte meinen Weg fort. Die Minuten, die ich auf meine U-Bahn warten musste, fühlten sich wie Stunden an. Tausend Vorwürfe und Schuldzuweisungen prasselten währenddessen auf mich ein. Aber am schlimmsten war der Gedanke daran, dass Blake vielleicht etwas erzählt hat. Was, wenn rauskommt, dass ich ihn erstochen habe? Doch statt einer Antwort war nur das quietschende Geräusch der abbremsenden U-Bahn hören. Fahrtwind peitschte mir ins Gesicht und brachte mich wieder in das Hier und Jetzt. Ich atmete tief ein bevor ich in die U Bahn einstieg. Endlich.

Egal was Blake sagen wird, ich werde es abstreiten. Und wenn er nichts sagt? Umso besser. Dann muss ich ihn nicht mehr zum schweigen bringen.

Rache ist süßerWhere stories live. Discover now