Kapitel 33 ~ * in the forest*

32 2 1
                                    


In letzter Zeit übernachtete ich oft im Internat oder der Akademie. Sie war zu meinem Zuhause geworden. Am liebsten wäre ich ganz abgehauen aber ich brachte es noch nicht übers Herz, meine Mam hängen zu lassen. Sie sagte, es wäre meine letzte Chance und ich hatte nur noch sie. Früher oder Später, würde ich es vermutlich eh verbocken und sie ganz verlieren. An ihn, an dieses Monster auf ihrer Couch.
Nach der Party bei Davis, war ich so müde gewesen, doch zu viele Gedanken hielten mich wach. Ich stellte die Anlage an. Laut dröhnte Musik und ich tanzte, wie jede Nacht. Bis ich aufhörte über Dinge nachzudenken, die ich eh nicht unter Kontrolle hatte. Ein Fenster stand weit offen, sodass ich die frische Märzluft auf meiner erhitzten, verschwitzten Haut genießen konnte.
Fix und fertig schminkte ich mich dann bald ab, cremte mich ein, streifte die High Heels von den Füßen und stolperte in eine Jogginghose. Schnell in ein altes, warmes Sweatshirt geschlüpft murmelte ich mich ein. Mir ging so viel von den letzten Tagen durch den Kopf, dass ich die Anlage anließ, damit sie meine Gedanken übertönte. So etwas könnte ich daheim gar nicht machen.
Ich vermisste es mit meiner Mam zusammen zu sein aber sie stand vor einer wichtigen Forschungsarbeit. Meine Streitigkeiten mit Tom würden sie nur ablenken und sie hatte zu hart dafür gearbeitet. Mit Blick auf mein Handy, las ich ihre letzte Nachricht, in der sie fragte ob es mir gut ging und wann ich mich mal wieder Blicken ließ. Am Ende war ein kleines Herz. Irgendwie freute ich mich darüber. Träumend von Dingen, die ich ihr gern sagen würde aber nicht konnte, drehte ich mich von eine auf die andere Seite und wühlte durch meine Kopfkissen. Endlich schlafen, ich wollte nur ein paar Minuten Ruhe.

»Hey Kätzchen, aufstehen«, platzte jemand zur Tür rein. Ich war noch in meine Decke gehüllt und zog sie mir über den Kopf, als das Licht anging. War das Dimitris Stimme? Unmöglich. »Steh auf Babe!«
»Dimitri?«, brummte ich ungläubig in den dunklen, violetten Stoff meines Kissens. Jemand zog mir die Decke weg. Es war eindeutig Dimitris Stimme. Ich blinzelte von seinen Umrissen zur Uhr. »Was machst du hier?« Nicht mal fünf Uhr, und ich war grade erst eingeschlafen. Ich schob mir einige wirre Strähnen aus dem Gesicht und zog an meiner Decke, die er fest in der Hand hielt. Keine Chance sie wieder zu bekommen. »Lass los, du spinnst doch! Komm später wieder...« Er warf die Decke auf den Stuhl neben sich und hockte sich grinsend zu mir. Belustigt zupfte er an meiner Jogginghose.
»Nette Kätzchen... Trägst du darunter auch rosa Höschen?«
»Bist du hier um zu sehen, was ich für Unterwäsche trage? Ganz schön armselig« Was sollten die blöden Sprüche? Er zuckte mit der Augenbraue. Für so verrückt hielt ich ihn dann doch nicht. »Vielleicht trage ich ja gar keine...«, brummte ich ihn grantig an, einfach nur weil ich wusste, dass er darauf anspringen würde.
»Davon will ich mich selbst überzeugen.« Ich bewarf ihn mit einem Kissen, als er an dem Stoff zog, doch er wich aus.
»Was willst du hier...«, fragte ich ihn erneut und setzte mich widerwillig auf um seine Hand wegzuschlagen.
»Erinnerst du dich an deine Spielschulden?«
»Schon aber...«
»Raus aus den Federn. Wir müssen los.« Er riss einfach den Schrank neben sich auf und kramte in meinen Sachen. Mir fiel erst jetzt auf, dass er ganz in Schwarz war.
»Willst du in dem Aufzug eine Bank überfallen?« Er zog Leggings, Jogginghose, ein Shirt und ein Sweatshirt aus dem Regal und warf mir die Sachen zu. Ebenfalls alles gänzlich in Schwarz.
»Geld hab ich wohl genug. Du brauchst warme Socken und Schuhe, wir gehen Zelten.« Geistesabwesend starrte ich ihn an.
»Du willst Zelten?«, staunte ich und schaute zum Fenster.
»Probleme damit?«
»Sorry aber du siehst nicht so aus, als ob...« Er wartete auf das, was ich an das Satzende hängen würde. Wenn man seine Haltung und seine Hände betrachtete, war er ja nicht einer der reichen Schönlinge, die viel auf Kosmetik und Maniküre gaben aber auch kein Waldmensch. Er war schön aber rau. Wenn ich es aber länger überdachte. Seine militäre Art.

Welcher normale Mensch, fuhr denn Anfang März, morgens im Dunkeln raus zum Zelten außer Soldaten?
»Wieso sprichst du es nicht aus?«
»Weil ich das nicht beurteilen kann«, murmelte ich und ertappte mich dabei mir vorschnell eine Meinung über etwas und jemanden zu bilden.
»Schau an...« Was für eine seltsame Situation. Da lag ich in der Umkleide meines Trainingsraums und er fragte nicht mal warum.
»Lass mich wenigstens schnell duschen«, stöhnte ich widerwillig.
»Beeil dich! Sonst komme ich helfen«, drohte er. Verlegen verließ ich den Raum und hatte wohl noch nie so schnell geduscht.

Loyalty - heart virus (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt