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Nur sehr selten, aber durchaus ungern, gab Hizashi Yamada zu, dass er falsch lag. Für gewöhnlich hatte er schließlich immer recht, wieso sollte er dann jemals von etwas anderem ausgehen? Diesmal jedoch musste er es sich doch, wohl oder übel eingestehen. Klein-Eri, so oft sie doch die Feiertage verwechselte oder andere Brauchtümer, war doch so schlau und kam sofort hinter Shotas Geheimnis, während Hizashi einfach nur blind dafür gewesen war. All die Jahre hatte er angenommen, dass ihr neckendes hin und her nicht mehr als eine normale Freundschaft war. Niemals hätte er angenommen, dass Aizawa während ihrer Schultage in ihn verliebt gewesen sein könnte. Doch der Dunkelhaarige hatte sich ohnehin nur selten jemals anmerken lassen, was genau er von seinen Freunden hielt.

Nachdem Oboro getötet wurde, war es für Yamada jedoch eindeutig, dass der Dunkelhaarige in Trauer versank und ihren gemeinsamen Freund furchtbar vermisste. Er hatte oft geweint, wenn auch die meiste Zeit heimlich, weswegen Hizashi sich vorgenommen hatte, für sie beide stark zu sein. Ein großer Fehler, wie sich nun herausstellte, doch der Blonde konnte sich keine Tränen leisten. Bereits bei seiner Geburt hatte er durchs ein Weinen die Anwesenden fast taub werden lassen. Von Kindesbeinen an wurde ihm beigebracht, dass er nicht weinen, oder sich sonst irgendwelchen Emotionen hingeben durfte, die seine Stimmenmacke außer Kontrolle bringen konnte. Natürlich war ihm diese Erziehung zum Verhängnis geworden, auch wenn er stets Stolz darauf gewesen war, so stark zu sein.

Nun war er jedoch bereit dazu, auch Schwäche zuzulassen, Emotionen zu zeigen, obwohl ihn dieser Umstand unglaublich nervös machte. Dabei hatte Eri ihm ganz viel Glück gewünscht, nachdem er die selbstgemachte Schokolade und die Karte, die sie gebastelt hatte, von ihr erhalten hatte. Schließlich waren diese beiden Dingen hierfür bestimmt gewesen, also wollte Hizashi das auch tun. Gleich nach dem Gespräch mit Nemuri war er ein wenig in der Stadt umherspaziert, hatte nachgedacht, und war zu diesem Entschluss gelangt: Er wollte diese Schokolade und die Karte Aizawa überreichen.

Die Haare zu einem schlampigen Dutt zusammengebunden, und die Heldenuniform gegen eine bequemere Hose und ein Hemd ausgetauscht, stand er nun vor Shotas Tür. Kurz hatte er darüber nachgedacht, auch einen Strauß Blumen zu besorgen, doch das wäre zu viel des Guten und der Dunkelhaarige würde am Ende nur denken, er wollte ihn veralbern. Nein, Schokolade und die Karte würden vollkommen ausreichen.

Allen Mut zusammennehmend hob Yamada seinen Arm und klopfte an die Tür des Undergroundheros. Obwohl er den großen Drang verspürte, wie immer einfach einzutreten, wartete er ab, bis er eine Antwort hörte. Leises Grummeln war zu vernehmen. Hizashi deutete dies als Aufforderung einzutreten, also öffnete er die Tür.

Im Raum war es dunkel, nur die kleine Lampe auf seinem Schreibtisch war an, dennoch erkannte Aizawa sofort, dass jemand im Türrahmen stand, den er eigentlich nicht sehen wollte. „Verschwinde", war also sein Gruß. Da jemand geklopft und abgewartet hatte, war Shota dem Irrglauben aufgegessen, dass jemand der vernünftigeren Kollegen etwas von ihm wollte. Dass allerdings Yamada ihn so reinlegte, hätte er nicht erwartet.

Natürlich dachte Hizashi gar nicht dran. Stattdessen schloss er die Tür hinter sich, ehe er an das Bett herantrat, auf dem der Dunkelhaarige noch immer saß und sein Bein hochgelagert hatte. Während des Spaziergangs waren dem Voicehero so viele Idee in den Sinn gekommen, was sie heute unternehmen könnten, doch er hatte nicht mehr daran gedacht, dass Aizawa im Augenblick nicht in der Verfassung war, auch nur Spazieren zu gehen.

Den finsteren Blick ignorierend, den Shota ihm zuwarf, setzte sich der Blonde auf die Bettkante, um kurz tief Luft zu holen. „Mein Verhalten tut mir leid", entschuldigte sich Hizashi schließlich, „ich wollte dir nicht das Gefühl geben, dass ich es lächerlich fände, wenn du wirklich in mich verliebt wärst. Um ehrlich zu sein liege ich Kayama-Senpai seit Monaten in den Ohren, dass ich was für dich empfinde ... ich war wohl einfach ... nervös?" Und das er auch im Moment, weswegen er nach Luft schnappte, als wäre er kurzatmig. Es war ein Versuch sich zu erklären, und er hoffte, dass Shota es irgendwie akzeptierte und verstand, aber vor allem ihm verzieh. Langsam hob er die Schokolade hoch. „Eri hat sie zwar dafür gemacht, dass du sie mir schenkst, aber ... ich glaube umgekehrt, ist es angemessener. Du bedeutest mir viel Shota, und ich möchte nicht alles wegen meines dummen Verhaltens gestern aus dem Fenster werfen. Bitte verzeih mir!" Sein Herz pochte bis zum Hals, während er Mühe damit hatte, seinen Blick nicht sofort abzuwenden, als Shota ihn mit aufgerissenen Augen und roten Wangen ansah. Auch Yamada konnte fühlen, wie sein Gesicht glühte, während er darauf wartete, wie Aizawa reagierte.

Für einen kurzen Augenblick blieb der Dunkelhaarige still, abwartend, ob das alles nicht doch ein mieser Streich sein könnte. Doch da die Mundwinkel des Voiceheros keine dämliche Grimasse formten, wich die Anspannung etwas von seinen Schultern. Die gesamte Nacht über hatte er nachgedacht, wie es wohl sein würde, wenn der andere nicht so reagiert hätte. Wenn er Eris Angebot tatsächlich angenommen hätte. Es war ihm alles so unwirklich und unlogisch erschienen. Auch dieser Moment nun wirkte etwas surreal. Vor ihm saß schließlich nicht Present Mic, sondern Hizashi Yamada, der Junge, in den er sich verliebt hatte. Der offen und ehrlich, immer für seine Freunde da war. Present Mic hingegen war die Maske, hinter der der Blondschopf sich seit Oboros Tod versteckt hielt. Vielleicht sollte er ihm eine Chance geben. Mit diesem Gedanken griff er nach dem Geschenk und murmelte ein leises „Dankeschön".

Erleichtert darüber, legte sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen. Keine Grimasse oder ein typisches Present Mic-Lächeln. Es war ein einfaches Lächeln, auch Shotas Mundwinkel leicht nach oben wandern ließ, ehe er sich verlegen abwandte. Schweigen breitete sich aus, doch es war nicht unangenehm. Keiner der beiden wusste, was er sagen sollte. Erst als Shotas Magen leise grummelte, schien Hizashi wieder einzufallen, was er sagen könnte. „Was hältst du von ein paar Burgern und Fritten? Wir könnten uns etwas bestellen, damit du dein Bein weiter schonen kannst." Es fiel ihm unglaublich schwer, keinen blöden Witz darüber zu machen, dass es quasi ihr erstes Date sein könnte. Er wollt den Moment nicht zerstören und beweisen, dass er auch Reife zeigen konnte.

Umso überraschter war der Blonde daher über die Worte, die Shota im nächsten Moment aussprach. „Du gehst schnell zum ersten Date über ... du hast Glück, dass ich Fast Food liebe", scherzte der Undergroundhero und grinste schief, was auch Hizashis Mundwinkel weiter nach oben wandern ließ.

„Aber glaub ja nicht, dass ich dich nur zu so billigen Dates einladen werde! Du wirst noch lernen, andere Dinge zu lieben", stieg Yamada auf den Scherz mit ein und grinste ein bisschen breiter, als Shota schnaubte.

Und so hatte Eri am Ende doch recht: Was sich liebt, das neckt sich. Diese Aussage traf eindeutig auf Aizawa und Yamada zu.

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Ich wünsche euch allen einen
SCHÖNEN VALENTINSTAG <3
Danke fürs Lesen ^__^

Was sich liebt, das neckt sich.Where stories live. Discover now