Day 6.3

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Irgendwie verging die Zeit draußen, wie im Flug. Ich machte mir die ganze Zeit Gedanken um die bevorstehende Beerdigung meines Bruders. Die Angst, die ich verspürte, konnte ich nicht einmal annähernd in Worte fassen. Meine Mutter nach so vielen Jahren wiederzusehen jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken.

Ich war froh, als ich endlich wieder Ezras Haustür öffnete. Nur hätte ich nie damit gerechnet, Aves und ihn an einem Tisch sitzen zu sehen, und lachend. „Ich schwöre und dann hat er-"

„Ich bin wieder da! Aves, was machst du denn hier?", rief ich überrascht aus und hoffte, dass die Überraschung so zur Geltung kam.

„Hab deine Sachen rumgebracht. Und wollt fragen, ob das alles war oder noch etwas fehlt. Ezra hat mir bloß die Wartezeit versüßt. Echt toller Fang, Cole. Auch wenn dus beim ersten Mal verbockt hast."

„Aves!"

„Gebot Nummer neun: Du sollst nicht lügen."

„War das nicht Gebot Nummer fünf?", fragte ich stirnrunzelnd.

„Man, man, man,... was hast du im Religionsunterricht nur gemacht, dass du selbst das nicht weißt." Kopfschüttelnd schaute sie mich an. Sie stellte mich gerade bloß und verharmloste es gleichzeitig mit ihrem charmanten Grinsen. Gott! Ich liebte diese Frau!

„Was hast du eigentlich mit Ezra bequatscht?"

„Ach dies und das. Du weißt schon."

„Nein weiß ich nicht", erwiderte ich.

„Ich hab ihn von unserem letzten Urlaub am Meer erzählt. Und ihm ein paar Tipps gegeben."

„Tipps?"

„Ja, Cole, Tipps", warf Ezra ein. „Aves hat mir Tipps gegeben, was ich versuchen könnte, wenn du jeden von dir stößt und verbal aggressiv wirst oder wenn du dich abkapselst."

„Ezra...", grummelte ich. Irgendetwas in mir schien jedoch meine Wut zu besänftigen. Auch wenn er es mit Aves anstatt mit mir geklärt hat, es zeigte dennoch, wie wichtig ich ihm war. Da konnte ich ihm einfach nicht böse sein, selbst wenn ich wollte. „Is okay...", fügte ich eilig hinzu und quetschte mich neben Ezra auf den Stuhl.

„Wie jetzt? Cole...?! Könntest du mal sagen, ob du wütend bist? Muss ich es wieder gutmachen?"

„Nein, es ist okay, Ezra. Ich bin dir halt nicht egal, deswegen tust du das. Ich muss mit dem Gedanken erst warm werden, aber dennoch..."

„Cole... genau das war auch damals der Grund... unglaublich, dass du es jetzt erst verstanden hast."

Ich schluckte, mein Blick huschte von Avery zu Ezra und wieder zurück. Dann stand ich auf. „Welche Kisten soll ich durchschauen?"

„Alle. Stehen im Schlafbereich. Ich liebe übrigens diese Wohnung! Ungaublich, dass du jetzt hier wohnst."

„Auf schräge Art ist das hier jetzt eine Friends-Corona- Boyfriend WG."

„Du hast Sex vergessen", warf Ezra ein. Ich schaute ihn fragend an. „Na so oft, wie wir hier drinnen schon gevögelt haben, müsste Sex in dem Namen erscheinen."

„Ezra!" Ich lachte auf und bekam genau in demselben Moment ein Kissen an meinem Kopf.

„Ihr beiden seid so süß! Echt! Ich geh mal. Cole schau die Kisten einfach in Ruhe durch und falls etwas fehlen sollte oder du einfach reden willst, meld dich. Das gilt für euch beide. Ich lasse mich nämlich als eure persönliche Paartherapeutin eintragen. Ihr gehört einfach zusammen, etwas anderes wird von mir nicht akzeptiert."

Everything hopeless [Everything 2]Where stories live. Discover now