The City

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Das Erste, was mir auffällt, ist das Offensichtliche: Ich kann etwas sehen. Sowas sollte tief unter der Erde eigentlich nicht möglich sein.

Verwirrt blinzele ich in das Licht, das aus mehreren Löchern über uns hereinfällt und weiße Säulen in die Dunkelheit malt. Es scheint sich um Tageslicht zu handeln. Jedenfalls hat es diese warme Qualität, die nur echtem Sonnenlicht zu eigen ist.

Der mysteriöse Schein erhellt eine riesige, zum Teil natürlich entstandene und zum Teil scheinbar von Menschenhand erschaffene Gewölbekuppel. Ich bin nicht wirklich gut im Schätzen, aber ich vermute, dass sie mindestens dreihundert Fuß hoch sein muss. Wenn nicht gar noch höher. Dante und ich sind aus einem Schacht in der Seitenwand geplumpst. Davon gibt es mehrere. Vermutlich führen sie zu unterschiedlichen oberirdischen Eingängen.

Das alles ist schon ziemlich beeindruckend, aber noch gar das Beste an diesem Ort. 

Das Beste ist ganz eindeutig die Stadt, die uns umgibt. Sie ist schon ein bisschen verfallen, aber die Häuser, Straßen, Brücken und Paläste sind immer noch gut zu erkennen. Sie bestehen aus einem dunkelgrauen Stein, der von glitzernden Edelsteinadern durchzogen ist.

Die Mauern sind jedoch nicht einfach bloß grobe Steinklötze, wie bei vielen alten Gebäuden, sondern meisterhaft bearbeitete Werksstücke mit Fresken, Ornamenten und Arabesken. Soweit ich das erkennen kann, hauptsächlich florale Motive: Blüten, Farne und Klee.

Außerdem entdecke ich dazwischen so etwas wie steinerne Wurzeln oder Ranken, die von Haus zu Haus führen und alles organisch miteinander verbinden.

Zwischen den einzelnen Gebäuden ragen immer wieder auch besonders prächtige Bauwerke hervor, die mich an orientalische Tempelbauten erinnern. Sie bedecken den Hang eines Hügels im Zentrum der unterirdischen Halle und sind von einem ruhigen, schwarzen See umgeben.

»Ist das ...?«, hauche ich ehrfürchtig.

»Rabbiton«, vollendet Dante mit einem breiten Grinsen, klettert aus dem Strohhaufen und nähert sich dem Rand der kleinen, steinern Umfriedung, in der wir gelandet sind. Dort angekommen, dreht er sich langsam im Kreis. Sein Gesicht strahlt sogar im Halbdunkeln wie eine hundert Millionen Watt Glühbirne. »Sieh dir das an, Nick ...«

»Ich sehe«, antworte ich und versuche, es ihm nachzumachen, schaffe es aber nur ziemlich unelegant aus dem Strohhaufen. Vielleicht liegt meine Ungeschicklichkeit auch daran, dass mir meine Nacktheit tierisch unangenehm ist.

Dante scheint jedoch weder meine noch seine eigene Blöße zu bemerken. Sichtbar begeistert von unserer Entdeckung rauft er sich die Haare und zerzaust seine kleinen Kringellöckchen.

»Ich will dir wirklich nicht die Laune verderben, aber was machen wir jetzt?«, will ich wissen.

»Jetzt?« Dante sieht mich an, als würde ich Kauderwelsch brabbeln. Dann scheint es ihm wieder einzufallen. »Ach ja ... du hast Recht. Wir müssen diesen Schakal finden.«

»Und Clover«, gebe ich zu bedenken.

Dante zieht die Brauen zusammen. »Ja ... was das angeht ...«

»Hm?«, mache ich und kämpfe gegen den Impuls, mich irgendwie zu bedecken. Ich könnte mir eine Handvoll Stroh oder einen Stein vor die Genitalien halten. Aber damit hätte ich die ganze Situation vermutlich nur noch unangenehmer gemacht.

»Ich glaube nicht, dass Clover hier unten ist.«

Diese Offenbarung verblüfft mich. »Nicht? Aber ...«

»Ich weiß ...« Dante reibt sich mit einer Hand über das Kinn. »Die Wölfe haben uns damit beauftragt, sie zu finden, und nach unserem Gespräch mit Serafina hielt ich es auch kurz für möglich, dass die beiden zusammen durchgebrannt sein könnten, aber ...«

Dante & Nick: Down The Rabbit HoleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt