Kapitel 24 - Die Rebellen von Amarna

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Nachdem Theben aufgrund Ejes Antrag einen Belagerungszustand für Achetaton verhängt hatte, waren abertausende Soldaten der ägyptischen Streitmacht zur Hauptstadt marschiert, und täglich trafen weitere Kompanien ein. Zusätzlich ankerte eine komplette Kriegsflotte vor dem Hafen und kontrollierte die Handelsroute auf dem Nil. Die militärischen Einheiten errichteten um die Stadtmauern herum ihre Zeltlager, wobei sogar provisorische Straßen und Zisternen errichtet wurden. Die Hauptstadt Achetaton war nun von militärischen Dörfern umzingelt, eine unbemerkte Flucht aus der Stadt sowie ein Eindringen in die Region Amarna, waren geradezu unmöglich.

Manchmal wurden einige Zeltlager nachts aus dem Hinterhalt von Söldnertruppen überfallen, diese Angriffe wurden jedoch stets erfolgreich abgewehrt, bis die Rebellenallianzen vollständig zerschlagen wurden. Selbst Echnatons Königsgarde, die Atonkrieger, die eine eigenständige Armee war und nun dem Befehl von König Semenchkare unterstanden, leisteten zuerst nur geringen Widerstand gegen die übermächtige Streitkraft. Zwar hatte König Semenchkare befohlen, dass die Hauptstadt bis zum bitteren Ende gehalten werden sollte, aber trotzdem legten täglich hunderte Atonkrieger ihre Waffen nieder und schlossen sich der ägyptischen Streitmacht an.

Der Exodus von Achetaton wurde streng kontrolliert und hatte wochenlang angedauert. Die Menschen bepackten ihre Fuhrwägen und strömten in Scharen aus der Stadt hinaus. Nachdem alle Bürger die mittlerweile halbzerstörte Stadt verlassen hatte, war General Haremhab mit einigen Kompanien und seiner persönlichen Elitetruppe bis vor das Eisentor des Königspalastes vorgedrungen, um Per-Aton zusätzlich zu belagern und Semenchkare samt seinem Gefolge zu signalisieren, dass die Schlinge um ihre Hälse nun noch enger geknüpft wurde.

Unterdessen wurde im Königspalast jedoch arglos weitergefeiert. Immerhin waren die Palastsilos noch reichlich mit Getreide und Gerste gefüllt und Schweine sowie Rinder befanden sich genügend in ihren Ställen. Hühner und Wachteln standen ebenfalls auf dem Speiseplan und im Garten wuchsen Obst, Gemüse und ganz wichtig, die Schlafmohngewächse sowie Hanfpflanzen, diese eigentlich zur Medizin verarbeitet werden sollten. Bier zählte zur Ernährungsergänzung, davon lagerten im Kellergemach ebenso noch zahlreiche Fässer sowie Weinamphoren. Im Königspalast hielten sich aber samt Zofen und Sklaven über einhundertdreißig Mäuler auf, die immerhin verköstigt werden mussten, genauso wie das Vieh, und irgendwann wären auch die letzten Reserven erschöpft. Die Belagerung diente nicht nur dazu, dass die Höflinge samt dem König ausgehungert werden sollten, sondern sollte hauptsächlich einen psychologischen Affekt auslösen, um die Insassen des Königspalastet einzuschüchtern und sie endlich zum Aufgeben zu zwingen. König Semenchkare vertraute allerdings immer noch beharrlich darauf, dass das Komitee in Theben Eje bald auffordern würde, ihm Pharao Tutanchamun auszuliefern. Geschieht dies, wäre Semenchkare der Stellvertreter des Pharao und praktisch alleiniger Herrscher über ganz Ägypten. Dies würde nicht nur bedeuten, dass der Aton-Kult bestehen bliebe, sondern wäre zudem das Ende von Eje und Haremhab.

Nun war Pharao Echnaton aber längst in seiner Gruft nahe Achetaton bestattet worden und von Theben gab es bislang weder eine Bestätigung, dass der kleine Tutanchamun alsbald überliefert werden sollte, noch dass der Knabe überhaupt zum Pharao gekrönt wurde. Obwohl täglich dutzende Laufboten eintrafen und das Belagerungsgebiet wieder verließen, damit sie ihre Neuigkeiten im Land verbreiten konnten, gelang nicht eine einzige versiegelte Schriftrolle aus Theben in das Königshaus Per-Aton. Als nach weiteren Monaten alle Schlafmohn- und Hanfblüten abgeerntet waren, kursierte plötzlich eine merkwürdige Krankheit im Königspalast, von der so mancher befallen war. Die Symptome waren beinahe identisch. Ständige Übelkeit, andauernde Magenschmerzen, Schweißausbrüche, Halluzinationen, Angstzustände und Schüttelfrost sowie Schlaflosigkeit beklagten die Betroffenen. Prinzessin Iset schien besonders schwer von dieser geheimnisvollen Krankheit heimgesucht zu sein. Sie lag meist nur noch auf der Couch, atmete schwer und wirkte sichtlich verängstigt und war extrem schreckhaft. Manchmal weinte sie stundenlang und im nächsten Augenblick reagierte sie plötzlich aggressiv, schrie hysterisch herum und verprügelte grundlos ihre Sklaven. Der Schreiber Ramose war der einzige Gelehrte unter ihnen und verfügte außerdem über anatomische Kenntnisse, weil er bereits zahlreiche Mumifizierungen durchgeführt hatte. Er durfte sich demnach ein Stadtarzt nennen, aber ein Mediziner ohne Heilmittel vermochte nur gut gemeinte Ratschläge zu erteilen.

Imhotep - Der Junge aus HeliopolisWhere stories live. Discover now