*Bonuskapitel* 1

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Es war wieder ein Tag, der einfach viel zu heiß war. Sascha mochte diese warmen Temperaturen nicht, da bekam er schnell Kopfschmerzen. Obwohl sein Ventilator es etwas erträglicher machte, war ihm immer noch viel zu warm. Er seufzte müde auf und rieb sich die Stirn. Den ganzen Tag hatte er heute wieder im Bett verbracht. Constantin war mit Theo im Freibad, Lou besuchte ihre Mutter und Luis und Nick waren beide noch nicht aus dem Urlaub zurück gekommen. Constantin hatte Sascha heute Morgen gefragt, ob er Lust hätte, mit ins Schwimmbad zu kommen, aber um ehrlich zu sein wollte Sascha weder ihn noch Theo sehen.

Als er schließlich auf sein Handy guckte, um die Uhrzeit zu checken, war er verwundert, dass es bereits 18 Uhr war. Die Zeit ging im Moment so schnell um. Die Sommerferien waren fast vorbei und Sascha war sich noch nicht sicher, ob er sich auf die Schule freuen sollte oder nicht. Es war jetzt nur noch dieses eine Jahr, und dann würde er im kommenden Jahr (hoffentlich) sein Abitur machen. Herr Friedel hatte mit ihm ein bisschen gemeckert, wegen seiner schriftlichen Leistung in Physik. Aber jetzt wollte er wirklich nicht über diesen Lehrer, Schule und Noten nachdenken. Die letzten Ferientage wollte Sascha in aller Ruhe auskosten können.

Dann starrte er hoch zur Zimmerdecke.
Gott. Ihm war so verdammt langweilig. Wenn er weiter hier so rumliegen würde, dann würde er eingehen, so wie die Efeututen seiner Mum, und das war nur passiert, weil er vergessen hatte diese zu gießen.

Nach einer kleinen Überlegungszeit erhob Sascha sich vom Bett, bürstete sich kurz seine dunkelblonden Haare, dann schaltete er den Ventilator aus. Er griff zu seinem Rucksack, seiner OP-Maske, Desinfektionsmittel, Kopfhörer und Handy, Geldbeutel und Schlüssel.

Drei Minuten später war er Draußen, und es war noch heißer als in seinem Zimmer.
Er öffnete Spotify, dann lies er die Musik abspielen. Dann setzte er sich in Bewegung.

-

»Hi Sascha!«

Sascha grinste und winkte dem Mädchen, die hinter der Eistheke stand. Es war seine Nachbarin Emine. Sie war nur zwei Jahre älter als Sascha und arbeitete ab und zu in dem Laden. Ihren Eltern gehörte diese Eisdiele. Sascha war früher mit Emine auf die gleiche Grundschule gegangen. Sie war eine Klasse über ihm gewesen. Sie waren nicht wirklich befreundet, sie sahen sich nur ab und zu und manchmal redeten sie ein wenig miteinander. »Hi, na?« »Alles gut bei dir?«, fragte das Mädchen mit einem netten Lächeln. Sascha nickte zur Bestätigung. »Ja, alles gut. Bei dir?« »Es war anstrengend heute.«, erzählte sie, während sie einige Gläser abtrocknete. »Aber so langsam kehrt wieder Ruhe ein.« Sascha nickte gewiss. Er kaufte sich ein Erdbeereis, dann setzte er sich an einen kleinen Tisch in der Ecke.

Während er nach und nach in seinem Eis herumlöffelte, scrollte er bei Instagram herum. Als das kleine niedliche Glöckchen erklang, konnte Sascha fremde Stimmen wahrnehmen. Er hob seinen Kopf und sah in Richtung Tür.

Es waren zwei Personen in den Laden gekommen. Der eine war ein kleiner Junge mit einem hellgrünen T-Shirt, er hatte dunkle zerzauste Haare. Er unterhielt sich mit der zweiten Person. Sie waren offensichtlich Geschwister, weil sie so vertraut wirkten. Der Mensch hatte schwarz gelockte Haare, trug ein hübsches lila Oberteil und Ohrringe. Obwohl diese Person eine Maske trug, konnte Sascha in seinen Augen erkennen, dass er neugierig und irgendwie aufgeregt war. Vielleicht war er neu hier. Sascha hatte die beiden noch nie zuvor hier gesehen.

Sie kauften sich jeweils zwei Kugeln Eis, dann verließen sie die Eisdiele wieder. Draußen zogen sie sich beide ihre Masken ab und der Mensch mit dem lila T-Shirt hatte ein Lächeln im Gesicht.

Sascha bemerkte gar nicht, wie er diese Person anstarrte.

»Du guckst viel zu auffällig.«

Sein Herzschlag setzte kurz aus, als er die Stimme von Emine wahrnehmen konnte. Er wendete seinen Blick von dieser Person ab und guckte rüber zu seiner Nachbarin. Sie grinste den Jungen an und Sascha betete dafür, dass sie aus der Entfernung nicht sehen konnte, dass seine Wangen pink wurden.

»Tue ich nicht.«, sagte er verkrampft und löffelte schnell in seinem Eisbecher.

Emine rollte lächelnd mit den Augen, dann trocknete sie wieder einige Gläser ab. Sascha schielte wieder heimlich zum Fenster. Noch immer waren sie da. Die Person strich mit seiner Hand dem kleinen Jungen durch seine zerzausten Haare und er kicherte herzlich.

»Kann es sein, dass die neu hier sind?«, fragte er Emine, bevor er rechtzeitig bemerken konnte, dass seine Lüge jetzt aufgeflogen war. »Keine Ahnung, vielleicht. Vielleicht sind sie hergezogen.«

Nachdenklich starrte Sascha aus dem Fenster. Jetzt konnte er Draußen keinen mehr sehen.

»Deine große Liebe ist weg, hm?«

Was? Vor Verlegenheit lief Sascha knallrot an und Emine lachte herzlich. Sie kam mit einem Milchshake zu Sascha und stellte ihm diesen auf den Tisch.

Wenn Blicke töten könnten, wäre Emine wahrscheinlich längst im Grab.

»Ich glaube nicht, dass das meine große Liebe war.«, meinte Sascha missmutig und rührte mit dem Strohhalm in seinem Milchshake. »Und was, wenn doch?«, sagte Emine und grinste dämlich. »Emine, nicht alle treffen ihre große Liebe irgendwo zufällig in 'ner Eisdiele.« Sascha wusste, dass Emine und ihr Freund seit drei Jahren ein Paar waren. Er hatte ihn nur einmal getroffen. Er wirkte super nett. Die zwei hatten sich zufällig in dieser Eisdiele kennengelernt. »Hm. Wenn du das sagst.«, meinte Emine nur. Dann lies sie den Jungen wieder allein. Sie verschwand ein paar Minuten kurz hinten im Lagerraum.

Während Sascha so dasaß und nachdenklich seinen Milchshake schlürfte, kamen noch einige Kunden in die Eisdiele.

Sascha wusste nicht so Recht, ob er an sowas glauben konnte; an die "große" Liebe. Diese Hoffnung hatte er aufgegeben, nachdem sich seine Eltern dazu entschieden haben, sich scheiden zu lassen. Da war Sascha vierzehn Jahre alt gewesen. Seinen Vater sah er nicht häufig. Er war nach Hamburg gezogen und Sascha sah ihn höchstens mal am Wochenende.

Das letzte Mal, dass Sascha sowas wie ein Date hatte, war vor einem Jahr gewesen. Constantin und die anderen aus der Freundesgruppe hatten ihn zu einer Party gezwungen, obwohl sie wussten, dass Sascha kein Fan von Partys war. Ein Mädchen hat Sascha irgendwie süß gefunden. Ihr Name war Marleen gewesen. Er fand sie auch ganz nett. Sie hatten sich gut verstanden. Dann hatte Marleen ihn auf ein Date eingeladen. Sascha hatte zugestimmt und es war eigentlich gar nicht mal so schlimm gewesen. Er hatte es sich schlimmer vorgestellt. Sie hatten sich geküsst, aber irgendwie hatte Sascha nichts bei dem Kuss empfunden. Irgendwann hatten sie schließlich den Kontakt zueinander verloren.

Sascha hatte nicht viele Mädchen bisher geküsst. Die Küsse waren nicht wirklich das gewesen, von dem Sascha dachte, dass sie irgendwas bedeuten müssten.

Während seiner Schulzeit hatte Sascha dann ganz kurz eine kleine Schwärmerei gehabt - aber nicht für ein Mädchen. Sein Name war Sven gewesen. Sven war der erste Typ, den Sascha attraktiv gefunden hatte. Allerdings haben Sascha und Sven nicht viel miteinander geredet. Sascha konnte sich nicht einmal erklären, wieso er für Sven geschwärmt hatte. Vielleicht war es sein seltsamer Humor gewesen, vielleicht war es aber auch einfach seine Persönlichkeit gewesen, die Sascha so gemocht hat. Sven war super herzlich. Allerdings war er umgezogen, also hatte Sascha sowieso keine Gelegenheit bekommen, ihn kennenzulernen. Saschas Mutter hatte glücklicherweise sehr positiv auf sein Outing reagiert. Sie hatte ihm gesagt, dass es absolut egal wäre, wen er liebte; solange er glücklich war, war seine Mutter auch glücklich.

Aber das war's auch schon gewesen.

Seine Freunde wussten nichts von Saschas Bisexualität. Nur seine Mutter und Emine wussten davon. Constantin und Luis machten manchmal gerne blöde Witze über solche Sachen und Sascha hatte ehrlich gesagt auch gar nicht das Bedürfnis dazu, ihnen davon zu erzählen.

Also ja, Sascha wusste nicht so ganz, was er von "wahrer Liebe" halten sollte.













Ich hatte Lust einige Bonuskapitel zu schreiben, in dem man ein bisschen in Saschas Leben gucken kann.

Ich wünsche euch ein schönes Osterfest!

Be yourself. || 𝑬𝒊𝒏𝒆 𝑫𝒓𝒖𝒄𝒌-𝑭𝒂𝒏𝑭𝒊𝒌𝒕𝒊𝒐𝒏Where stories live. Discover now