S1E2 - Die Magie in Jedem

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Je näher Leja der Stadt kam, desto mehr Kleinigkeiten vielen ihr ins Auge. Zum einen schien es keinerlei Technologie zu geben. Es war ein ungewöhnlicher Anblick so viele Menschen zu sehen, die nicht die Augen auf ihre Handys geheftet hatten, sondern sich unterhielten miteinander. Zudem erkannte sie, dass es neben Menschen auch Wesen zu geben schien, die Zwergen und Elfen aus verschiedenen Filmen ähnlich sahen, mit ihrem Körperbau und den Merkmalen wie den spitzen Ohren. Aber auch Wesen mit buschigen Ohren und bunten Schwänzen, so wie Leja sie hatte, waren darunter, wenn auch deutlich weniger. Leja reckte plötzlich die Nase nach oben, als ihr ein leckerer Duft von frischem Brot und gebratenen Mandeln entgegenkam. Ihr Bauch begann sofort Geräusche von sich zu geben und erst jetzt merkte sie, welch großen Hunger sie doch hatte. Rechts und links am Wegesrand zur Stadt Arcadia waren viele verschiedene Stände aufgestellt, die alles Mögliche anboten, wie gebackene Kartoffeln, Bier, frisches Gemüse, verschiedene Backwaren und vieles mehr. Leja klopfte kurz die leeren Taschen ihrer Hose ab und schaute dann zu Kayn, der neben ihr lief und fragte: »Wie sieht es eigentlich mit Geld aus? Hast du welches gehabt?« Kayn griff in seine Tasche und holte ein paar silberfarbene Münzen heraus, auf denen ein Gesicht zu sehen war und hielt sie Leja hin.
»Nun, die hat mir der Bauer gegeben, nachdem ich ihm gesagt hatte, dass ich mein Gedächtnis verloren habe und nichts mehr wüsste oder besitze. Da meine Kleidung so abgetragen aussieht, hat er es mir sofort geglaubt. Das sind Eisenkreuzer, die kleinste aller Währungen. Es gibt noch bronzene Heller, silberne Taler und goldene Dukaten ... wobei wir lange warten werden, bis wir solche zu sehen bekommen. Mit einer Dukate soll ein Bauer mit seiner Familie über ein ganzes Jahr durchkommen.«
»Und wieweit kommen wir mit diesen Münzen?«
»Nun ...«, antwortete Kayn etwas peinlich verlegen: »... anscheinend können wir uns mit denen kaum mehr als ein paar Brote holen, ganz zu schweigen von einem Zimmer zum Übernachten. Zwangsläufig müssen wir wohl erst einmal im Freien schlafen.« Leja schüttelte es bei dem Gedanken, draußen mit den ganzen Insekten schlafen zu müssen. Überall dieses krabbeln und die Vorstellung, dass diese Viecher auf sie krabbeln könnten ... absolut schrecklich. Um allem noch eine Krone aufzusetzen, schien die Straße kurz vor dem Tor immer voller zu werden und Menschen drängten sich immer mehr an den beiden vorbei. Diese Enge ... so viele auf einmal ... Leja merkte, wie sich ihre Brust zuschnürte und ihre Hände ganz klamm wurden. Das Atmen fiel ihr immer schwerer und die Lautstärke um sie herum wurde gefühlt immer lauter.
»Ich weiß, du hasst so viele Menschen auf einem Haufen, aber wir sind gleich durch. Komm, noch ein paar Meter«, hörte sie vor sich Kayn zu ihr umgedreht sagen. Nach einer gefühlten Ewigkeit waren die beiden durch das Tor durch und die Menschenmasse verteilte sich auf die abgehenden Straßen tiefer in die Stadt hinein. Kayn wies sie an, erst einmal weiter an die Seite der Straße zu gehen, wo ein kleines schattiges Plätzchen unter dem Vordach eines Schuhladens war. Tief ein- und ausatmend kamen sie dort an und Leja ließ sich erst einmal auf einen Holzpflock nieder, um zur Ruhe zu kommen. Kayn hockte sich vor ihr hin und wartete geduldig.
»Atme wie ich. Kurz ein und dann laaaangsam wieder ausatmen. Und noch einmal. Kurz ein und dann ausatmen. «Er wiederholte das ein paar mal, bis sich Leja's Atmung an seine angepasst hatte.  »Geht's wieder?« Langsam nickte sie und schloss die Augen kurz, um noch ein letztes Mal tief Luft zu holen. »Ja, ich denke schon. Es war grade einfach recht viel für mich.«
»Versteh ich. Wenn du wieder kannst, lass uns weitergehen.« Weißt du überhaupt, wo diese Abenteurergilde ist?« Kayn machte bei dieser Frage große Augen. »Ich wusste, ich hatte etwas vergessen zu fragen!«
Er kratze sich peinlich, berührt am Hinterkopf und grinste verlegen.
»Du bist hier genauso verpeilt wie in der echten Welt! Was machen wir denn jetzt?«
Kayn grinste sie an: »Na das, was du über alles hasst ... fremde Leute ansprechen! «
Bevor Leja ihn aufhalten konnte, denn er hatte recht damit, dass sie es hasste einfach mit fremden Menschen zu reden oder von denen angesprochen zu werden, hatte er sich schon umgedreht und wollte zur erstbesten Person gehen, als vor den beiden ein blondes Mädchen ins Straucheln kam und mit einem großem Plums auf dem Boden flog. Einige Leute drehten sich dabei um und lachten, andere wiederum gingen kopfschüttelnd weiter. Kayn jedoch ging sofort zu dem Mädchen hin und hielt ihr eine Hand hin, um ihr aufzuhelfen. Leja kniff sofort die Augen zusammen und musterte die beiden argwöhnisch. Wieso hilft er einfach einem Mädchen da auf? Einem Mädchen! Er soll doch nur Augen für sie haben! Vielleicht findet er hier wirklich eine bessere in dieser Welt ... und dann verlässt er sie wirklich. Leja musterte das Mädchen von oben bis unten genau. Sie hatte definitiv bessere Kleidung als die beiden. Sie hatte braune kniehohe Stiefel, einen hellgrünen Rock und ein dunkelgraues Oberteil, über dem sie einen grünen Kaputzenumhang trug, welcher ihr bis knapp über dem Becken ging. Auf dem Rücken trug sie einen langen, dunklen Bogen mitsamt Köcher. Durch den Sturz war ihr die Kapuze allerdings heruntergerutscht und hervorgekommen waren ein paar spitze Ohren, wie Leja sie bei Elfen kannte. Oder waren es Elben? Sie sah ungefähr so alt aus, wie sie selbst, auch wenn Leja keinen Dunst hatte, ob man das bei diesen Wesen so einfach nach Gefühl sagen könnte. Keine Ahnung, aber viel schlimmer ist ganz klar ihre Oberweite! Sie schien nicht nur so etwas größer zu sein als sie selbst, was bei ihren 1.55 echt keine Herausforderung war, sondern hat auch noch obenrum mehr! Sie dachte schon immer, dass ihr B-Körbchen vielleicht zu klein ist. Da half es auch nicht, dass Jungs anscheinend immer gerne Riesenbrüste haben wollten. Kayn ist da hundertprozentig nicht anders! Sie muss verhindern, dass sich irgendeine an ihn ran schmeißt und ihn ihr wegnimmt. Aber wie sollte sie das tun? In den Gedanken vertieft bemerkte sie gar nicht, wie die beiden zu ihr gekommen waren und nun direkt vor ihr standen. »Bist du schon wieder am Tagträumen?«
Erst jetzt bemerkte sie die beiden und schreckte hoch, die Augen weit aufgerissen.
» Huh? Was? Oh ... Hallo ...«, sagte sie kühl. Sichtlich überfordert mit der Situation, plötzlich anscheinend mit jemand fremden reden zu müssen, kamen nicht mehr als einzelne Wörter aus ihrem Mund. Zu ihrem Erstaunen schien das Mädchen aber auch nicht besonders selbstbewusst zu sein. Von einem Bein aufs andere wippend und rot wie eine Glühbirne stand sie neben Kayn und traute sich kaum hochzuschauen.

Leben wider Willen - in welcher Welt bin ich denn jetzt gelandet? - Season 1Where stories live. Discover now