Beautiful Crime (German Version)

If You Care

5 If You Care (Titel by Evan Barlow)

TW: Erwähnung von Gewalt, sexueller Gewalt und sexueller Belästigung 

***

20. Dezember 2020:

"Sag mal, sind das nicht Rianne und Jay da drüben?"

"Ich glaub schon..." antwortete Adam etwas abgelenkt, während er versuchte ihren gesamten Weihnachtseinkauf und den Kinderwagen durch einen ständigen Gegenverkehr an Fußgängern zu manövrieren, und dabei mit Kims Tempo mitzuhalten.

"Sehen ja schwer verliebt und kuschelig aus..."

Sie hatte die beiden bekannten Gesichter in der Nähe eines Weihnachtsbaumverkaufs gesichtet, scheinbar überlegten sie gerade welchen Baum sie erstehen sollten oder schauten sich einfach die verschiedenen Optionen an: Nordmanntannen, Douglasien, serbische und norwegische Fichten, Blau- und Nobilisfichten, Colorado-Tanne, Edeltanne... Kim waren sie alle bekannt. Ihre Sachkenntnis was dieses Thema anging, war für sie selbst etwas besorgniserregend.

Das andere Pärchen turtelte unbeschwert auf der anderen Straßenseite herum. Rianne versuchte gerade Jay dazu zu bringen einige Süßigkeiten zu probieren, die sie scheinbar auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Daley Plaza, ganz in der Nähe, erstanden haben musste. Sie hielt eine dieser speziellen Tüten in der Hand. Jay war nicht gerade dafür bekannt einen besonders süßen Zahn zu haben, meistens ernährte er sich eher ziemlich gesund, von daher schien er weniger angetan von Riannes Fütterungsversuchen. Kim hingegen fand es niedlich."Du hättest die beiden mal vor ein paar Tagen sehen sollen, als sie das ganze Büro mit ihren Streitereien unterhalten haben. Wie ein altes Ehepaar... Da war nichts mit 'schwer verliebt und kuschelig'!" Adam zuckte mit den Schultern und sortierte die Einkaufstüten neu. Das wusste Kim bereits, weil er ihr schon einmal davon erzählt hatte. So wie sie eigentlich alles wusste, was auf der Wache vor sich ging, auch wenn sie aktuell gar nicht dort arbeitete. Und sie war froh, dass es Adam nichts ausmachte, sie so ausführlich an seinem Arbeitsleben teilhaben zu lassen, denn es stellte eine willkommene Abwechslung zum alltäglichen Windelwechseln, Füttern, Trösten und Zubettbringen dar. Im Grunde genommen konnte Kim es kaum abwarten wieder zum 21. Revier zurückzukehren, auch wenn sie sich im Klaren darüber war, dass wenn der Tag tatsächlich käme, es ziemlich hart für sie werden würde Tommy in die Betreuung zu geben. Diese gemeinsame Zeit gerade war so kostbar, aber manchmal war sie einfach auch so unglaublich erschöpft, dass ihr Adams Alltag wie der Himmel auf Erden erschien.

"Na ja, sie sind immerhin auch ein Ehepaar," zwinkerte Kim nun Adam zu, was ihr ein Augenrollen einbrachte.

"Lass uns mal Hallo sagen gehen!"

Kurz überlegte Kim noch, ob es unhöflich war Rianne und Jays offensichtliche Pärchenzeit zu stören, aber Adam kam der Gedanke offensichtlich nicht. Er hatte bereits eine andere Richtung eingeschlagen, um näher an den Weihnachtsbaumverkauf heranzukommen, und sie sehnte sich aktuell wirklich viel zu sehr nach sozialen Interaktionen mit Erwachsenen, um diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen.

"Ich hätte Halstead ja niemals für jemanden gehalten, der einen richtigen Weihnachtsbaum kauft und in der Nähe des Weihnachtsmarkts abhängt," murmelte Adam, als sie fast auf der anderen Straßenseite und beim eingezäunten Verkaufsstand angekommen waren.

"Ich hab's dir ja gesagt! Dieses Jahr holt sich jeder außer uns einen richtigen Weihnachtsbaum!"

"Oh nein, nicht schon wieder...," stöhnte ihr Mann, denn diese Diskussion hatten sie schon mehrfach geführt."Ich mach ja nur Spaß!"Kim wollte sich neben all der Arbeit, die ihr Kind schon machte, nicht auch noch damit belasten das Apartment konstant von Tannennadeln freihalten zu müssen. Also musste sie sich dieses Jahr mit einem Plastikbaum begnügen, denn so musste sie sich zudem nicht darum sorgen, ob Tommy sich eventuell die Zweige in den Mund steckte. Trotzdem beneidete Kim die Halsteads irgendwie ein wenig um ihren Einkauf, was ihr der beinahe unmerkliche Herzschmerz, der sie beschlich, als sie sah wie Jay dem Lieferanten ein paar Scheine in die Hand drückte und Rianne aufgeregt auf und ab hüpfte, ehe sie ihrem Mann einen hingebungsvollen Kuss auf den lachenden Mund drückte, bestätigte. Rianne flüsterte Jay anschließend etwas zu, das ihn dazu veranlasste seine Hände von ihrem Gesicht zu ihrer Taille wandern zu lassen. Sein Blick ruhte auf ihrer Jacke. Kim wusste nicht, ob es damit zusammenhing, dass er plötzlich so viele Bäume auf einmal zu Gesicht bekam, oder ob er seine Patentante sogar erkannte, jedenfalls juchzte ihr Sohn im Kinderwagen in diesem Moment laut auf, was Rianne und Jays Aufmerksamkeit erregte, noch bevor Kim und Adam sich bemerkbar machen konnten. Wie aufs Stichwort fuhren sie herum und Kim meinte zu beobachten wie Jay etwas in der Seitentasche seiner Winterjacke verschwinden ließ, als Rianne die Neuankömmlinge begrüßte: