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Die Ferien sind zu Ende und das neue Schuljahr steht in den Startlöchern. Der Sommer ist vollständig ins Land gezogen und nun ist es endlich wieder kühl genug, um die Körper in langen Pullovern zu verhüllen. "Muss das sein?", knurrt die kleine Frau, wobei sie versucht die tiefgezogene Kapuze ihres Sohnes von seinem Kopf zu zerren. "Es ist dein erster Tag, kannst du wenigstens versuchen einen guten Eindruck zu machen?" Obwohl sie bereits die Schuhe mit den Absätzen trägt, kommt sie kaum an den Schopf ihres Kindes heran. "Lass ihn doch", ertönt eine tiefe Stimme gefolgt von dem Geräusch dünnen Papiers. Sein Vater hatte offensichtlich gerade die Seite seiner Zeitung gewechselt und war zu dem Sportteil gelangt. Die Nase hat er tief in sie vergraben, neben ihm schon der dritte Kaffee. "Dann passt er wenigstens zu dem Gesindel", setzt er brummend fort. Als seine Frau sich aber gegen diese Worte wehren möchte, bekommt sie nur die kalte Schulter zu spüren. Sein Vater war nicht begeistert davon, dass er seinen Sohn von der Privatschule hatte nehmen müssen. Sein Ansehen litt unter der Tatsache, dass sein Kind nun auf eine Schule ging, die im schlechtesten Viertel Seouls erbaut wurde. Der Geschäftsmann hatte besseres verdient, sein Sohn tritt die Familienehre mit Füßen und das nimmt er ihm übel. Es war sicherlich schon der dritte, wenn nicht sogar vierte Schulwechsel. Yoongi selbst wusste es nicht mehr genau, denn seinen Kopf benutzte er in der Regel eher selten, wenn es um die Schule geht. Dabei ist der 19-jährige gar nicht dumm. Ganz im Gegenteil, seine Leistungen sind herausragend. Es war sein Benehmen, welches ihm immer den Freiflugschein gesichert hatte. Die Privatschulen mit strengen Uniformen waren nicht seine Welt gewesen, das Jungeninternat schon gar nicht. Seine Eltern hatten den Glauben nun aber aufgegeben und ihn voller Enttäuschung auf einer öffentlichen Schule angemeldet. Es war die letzte, die sich ihm hatte annehmen wollen. Die ganzen hohen Schulen mit Ansehen, hatten trotz der dicken Brieftasche seines Vaters mit dem Kopf geschüttelt. Aber darüber ist der Schüler gewiss nicht traurig. Er hatte sein Ziel erreicht und nun könnte er endlich zu den normalen gehören. So zumindest der Plan. Die Abneigung, die er dafür Zuhause zu spüren bekommt, war nichts Neues in dieser Familie; hier standen das Geld und ihr Ansehen an erster Stelle. Gott sei Dank war seine Mutter nicht ganz so extrem wie sein Vater. Es ist ihm also Recht, dass sie diejenige ist, die ihn heute zur Schule fährt. Das außergewöhnlich hochwertige Auto mit den hellen Ledersitzen bleibt vor dem Schulgelände nicht lange unentdeckt.
Die Blicke der Schüler und Schülerinnen kleben förmlich an den getönten Scheiben und als Yoongi dann den Wagen verlässt, geht das Geflüster rund um seine Person sofort los.
"Yoongi Schatz, jetzt zieh die Kapuze endlich ab!", die kleine Frau mit den knallroten Lippen stolpert ihrem Sohn über den unebenen Schulhof hinterher, sie hat große Mühe zu folgen, denn ihr enger Rock lässt sie die Beine nur für kleine Schritte öffnen. Die hohen Schuhe waren bei all den Kieselsteinen auch keine besonders große Hilfe. Widerwillig zieht der Dunkelhaarige sich den Stoff von dem Kopf, die unordentlichen Haare kommen hervor und die Mutter bereut ihre Bitte sofort. "Sag Mal hast du dich nicht zurecht gemacht?", Das schrille Klingeln der Schulglocke übertönt ihre Worte. Das war vermutlich auch besser so, denn Yoongis Antwort auf die Frage würde ihr nicht gefallen. Die ganzen Schüler und Schülerinnen strömen an ihnen vorbei in die verschiedenen Gebäude und suchen ihre Klassen im gemütlichen Tempo auf. Yoongi wusste noch gar nicht wo er hin muss, er hatte die Schule vorher nicht besichtigen können und nun stand er mitten in dem Gerangel und bekam etliche Blicke zugeworfen. "Lass uns das Sekretariat suchen!", schlägt seine Mutter vor. Und noch bevor Yoongi antworten kann, hat sie ihn schon an seinem Handgelenk gegriffen. Sie zieht den 19-jährigen durch den gesamten Flur, dabei wusste sie selbst noch gar nicht wo sie den Raum überhaupt finden können. "Mama", Yoongi verzieht sein Gesicht beschämt, "Schon gut ich komme klar!" Yoongi stemmt die Beine in den Boden und verhindert somit, dass seine Mutter ihn weiter hinter sich her schleifen kann. "Damit du vorher wieder umdrehen und dich drücken kannst? Vergiss es, Yoongi", das Theater hatten sie jetzt oft genug mit ihm in der Vergangenheit. "Dein Vater ist stinksauer", aber ab dem Punkt schaltet Yoongi seinen Kopf schon wieder aus. Was sein Vater denkt und will ist ihm schon lange egal. Yoongis Versuch sich von seiner Mutter abzukoppeln bleibt vergeblich. Manchmal fühlt es sich so an als würden sie noch immer durch die Nabelschnur verbunden sein. Sie finden das Sekretariat rein zufällig. Die Ausschilderung war mit jedem Schritt deutlicher geworden und somit findet sich der Problemschüler samt mütterlichen Begleitung vor der dicken Sekretärin wieder. Ihre Brille scheint viel zu groß für ihr Gesicht zu sein, die Augen wirken dadurch wie die eines Disney-Charakters. Die ganzen Formalitäten werden schleppend geklärt und das frisst einiges an Zeit. Er wird mitten in der Stunde dazu stoßen müssen. Besonders viel macht es ihm nicht aus, aber er hätte den Unterricht gerne gemeinsam gestartet und nicht als Nachzügler. Die anderen sitzen also schon lange an ihren Plätzen als es dann endlich klopft und Yoongi mit den Chanel Ohrringen von der rundlichen Sekretärin in den Raum begleitet wird. Yoongis Blick wandert augenblicklich über die vielen fremden Gesichter. Er bemerkt gar nicht, dass der Lehrer eine hitzige Diskussion mit der Dame aus der Verwaltung beginnt, weil ihm nicht mitgeteilt wurde, dass er einen neuen Schüler bekommt. Aber nun konnte er sich nicht mehr herauswinden, die Entscheidung kommt schließlich von ganz oben. "Stell dich den anderen doch einfach Mal vor!", sagt der Lehrer dann nach einem tiefen Räuspern. Die Frau verlässt den Raum ohne weitere Worte, doch sie schenkt Yoongi noch ein aufbauendes Lächeln. "Hm?", Yoongi wird aus den Gedanken gerissen. Es dauert wenige Sekunden, aber dann verneigt er sich höflich und stellt sich tatsächlich vor: "Min Yoongi, ich werde dieses Jahr in eurer Klasse sein und ich freue mich auf eine angenehme Zeit."
Man sieht Yoongi sofort an, dass er wohl aus einer deutlich besseren Gegend kam. Seine Kleidung und die Art sich zu artikulieren, haben ihn von der ersten Sekunde an verraten. So frisch nach den Ferien war es unruhig in der Klasse und der Lehrer hatte ohnehin schon Probleme die Plappermäuler im Schacht zu halten, da kam ihm der Reichling gerade ziemlich ungelegen.
Das Flüstern unter den Schülern begann; denn dieser Neue sah verdammt gut und wohlhabend aus. Zudem schien er hochnäsig und verschlossen, ein Idiot wie er im Buche steht.

Das Todesurteil für einen ganz bestimmten Jungen.

𝐓𝐎𝐍𝐆𝐔𝐄 𝐓𝐈𝐑𝐄𝐃 ; ◜𝑦𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛Where stories live. Discover now