1. I met evil when I was only a child.

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I met evil when I was only a child.

Die Gestalt des Bösen war nie etwas Neues für mich, nie etwas Unbekanntes. Nie fühlte ich mich zu der Dunkelheit hingezogen, die in allen Ecken lauerte und mich aus ihrem kristallklaren Augen beobachtete. Ich war keiner dieser Menschen, die Faszination darin fanden, doch genauso wenig hatte ich Angst oder ich floh vor ihr. Nein, sie war mein steter Begleiter, ob in den Schatten der Nacht oder im strahlenden Sonnenlicht meiner Kindertage. Sie war mir schlichtweg treuer als jeder Mensch es hätte sein können. Nicht als hätte meine Familie da überhaupt jemals etwas entgegenzusetzen gehabt. Wie können einem Menschen treu sein, mit dem man nicht mal das Blut teilt? Nein, ich war nicht das Kind meiner Eltern. Kein Papier konnte mich Glauben machen, dass diese Kreaturen zu mir gehörten. Ich war ein Kind der Nacht und des Sturms. Und der Zerstörung. Das war etwas, was ich ihnen schnell klar machte.

Kühl und hart lag das Holz in meinem Rücken, als ich mich setzte.

Oft begegnete ich diesem Bösen von Angesicht zu Angesicht, auch wenn ich es nicht wirklich erkannte. Es verfolgte mich überall hin, ins Bad, in die Geschäfte, an den Badesee wo ich mit Freunden spielte. Es ließ mich nie einen Schritt gehen, ohne diesen vor seinen Augen zu rechtfertigen. Beinahe so als würde es mich erziehen wollen.
Eben weil ich es so gut kannte, glaubte ich nicht an die bösen Geister aus der Schattenwelt. Das Böse war immer schon eine Gestalt des Lichts. Nicht alles was hell und farbenfroh war, war auch gut. Ich hörte es im Lachen der Leute, im Gesang des Chors und in Säuseln des lauen Herbstwindes. Vor allem in der Schönheit von Menschen erkannte man das Böse.
Jeder noch so schöne, märchenhafte Moment war schnell vorbei, sobald ich mit dem Dunkel im Gepäck auftauchte, so war es eben. Es brachte die Kälte der Realität an jeden Ort und in jede Erinnerung meiner Kindheit.

Das Gemurmel um mich herum erreichte meine fast tauben Ohren nur schwach, doch auch mein Geist war nicht bereit, es aufzunehmen.

Das Böse war immer schon gierig zu mir gewesen. Es hatte mir alles nehmen wollen und jeden Keim von Glück erstickt, bis meine hellen, blauen Augen düster und stumpf waren.
Bis die bunten Shirts den grauen Pullovern gewichen waren.
Bis die Freunde verschwanden.
Bis mein Leben seines war.
Es tat das alles nicht aus einer bösen Absicht heraus, es lag einfach in seiner Natur. Es war eben das Böse, wer erwartete denn wirklich Güte im Krieg?

Schon wieder schrie jemand voller Tränen; wer schrie war im Unrecht, oder nicht?

Das Böse war etwas so gewöhnliches geworden, ich würde es nicht erkennen wenn es mir direkt entgegenblicken würde. Wahrscheinlich würde ich es stattdessen begrüßen, erfreut über die Tatsache, dass mich jemand bemerkt hatte. Denn diese Dunkelheit der Dinge ließ mich nie allein.
Sie behütete mich.
Und so fühlte sich ihre Anwesenheit wirklich nie fremd an. Stattdessen fand ich Wärme in der Kälte und Gemütlichkeit in der Panik.
Komische Gedanken für eine Achtjährige?
Ja, möglicherweise.

Der Saal lehrte sich in geschocktem Schweigen, das ihm besser stand, als das Gemurmel.

Und dann hatte es mir die Schuld gegeben. Immer und immer wieder hatte ich gefleht, hatte geweint und um mich geschlagen, doch das Böse war zu stark. Es lohnte sich nicht, gegen die Wahrheit zu kämpfen. Den einzigen Drang zu unterdrücken, den man nicht bezwingen konnte. Das Böse bekam immer, was es wollte. Und das eine Mal hatte ich es gelassen. Hatte nachgegeben - wenn auch nur für einen Augenblick. Ich hatte mich einfach nicht mehr wehren wollen.

Er kehrte wieder.

Danach hatte ich geschrien. Meine restliche Kindheit hatte ich geschrien. Innerhalb der hübschen Holzfassade, in der sterilen Praxis, in den weißen Wänden der Klinik - schließlich zwischen dem dunklen Stein. Er hallte meine Stimme so wunderschön wieder, leider durfte ich diese Erfahrung nicht schon früher machen. Nein, früher waren meine Schreie schrecklich gewesen. Unfassbar unförmig und unvollkommen. Sie waren wie der naive Versuch aus meinem neuen Leben zu fliehen, zurück in die alten Tage.

Alle standen auf, auch ich folgte der Bewegung wortlos.

Immer wieder hatten meine Worte die Lehre unterbrochen. Ich war es nicht gewesen. Es war nicht meine Schuld. Ich hatte nichts falsches getan. Ich war ein guter Mensch. Das Böse war schon immer schlecht zu Menschen wie mir. Es liebte die unschuldigen Seelen und reinen Herzen. Aber ich war nicht schuld.
Jedenfalls waren das die Worte, mit denen ich begann. Und ich war wirklich überzeugt davon.
Doch ich war nie ein standhaftes Kind.
Mein Lächeln sackte stattdessen nur immer weiter ab und glich eher der finsteren Grimasse, auf die alle gewartet hatten. Nun war ich es für sie. Das Böse, das in den Schatten lauerte. Die Impersonifikation von allem, das sie sich nicht erlauben konnten. Das unheimliche Dunkel in der Nacht. Die erstickende Schwere auf der Brust. Das Blut vom stumpfen Küchenmesser.
Nein, es war wenn überhaupt ihre Schuld. Sie hätten mir helfen können. Stattdessen verurteilten sie mich, doch sie hatten es nie gesehen. Das wahre Böse.

Meine Augen wanderten bereits wieder, als seine Worte mich erreichten.
"Frau Jelena Menwin, ich erkläre Sie hiermit schuldig des Mordes an Ihren Eltern."
Mein Blick hang weiterhin reaktionslose an der kalten Fratze, die mich aus der Fensterreflektion heraus anstarrte.
Am Bösen.
An mir.
Natürlich war ich schuldig.
Aber wo war dabei das Problem?


Wer war denn beunruhigt von dem bisschen Wahnsinn?
Noch konnten sie da ruhig alle sitzen mit ihren erschrockenen Mienen in den falschen Gesichtern, doch irgendwann würden auch die das Prinzip des Lebens verstehen. Und sie würden erkennen, was ihre beglückte Kindheit andere gekostet hatte.
Was es mich gekostet hatte.
War ich etwa nicht das Opfer?
Ich war doch erst 8.

Lautlos flüsterte ich die Worte in die stummen, weißen Wände.
"Herzlichen Glückwunsch, Jelena. Man wird nur ein Mal 16."
Das kindliche Lachen breitete sich in meiner Brust aus und verstummte wie immer auf dem Weg zu meinen Lippen.
Morgen war der Test. Das würde alles entscheiden.
Aber was sollte schon passieren?
Ich war doch gesund, oder nicht?

I met evil when I was only a child.


From a Quote To a Story (I)Where stories live. Discover now